Textprobe:
Kapitel 2.2.4, Nachteilsausgleich:
Lässt der Arbeitgeber den Versuch eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat aus oder weicht er von einem bereits vereinbarten Interessenausgleich ohne zwingende Gründe ab, löst die Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer den Anspruch auf Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG aus. Der Interessenausgleich ist laut Entscheidung des BAG dann gescheitert, wenn auch dieses Gremium keinen Konsens herstellen konnte. Nach Meinung des BAG muss der Unternehmer die Einigungsstelle dazu selbst anrufen. Es entschied, dass der Unternehmer erst dann einen Interessenausgleich hinreichend versucht hat, wenn nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten der Interessenausgleich letztlich vor der Einigungsstelle gescheitert ist.
Gem. § 113 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 10 KSchG erhalten betroffene Arbeitnehmer bei Entlassung bis zu 18 Monatsverdienste. Damit sind sowohl betriebsverfassungswidrige als auch sozialwidrige Kündigungen gleichgestellt. Bei anderen wirtschaftlichen Nachteilen gilt entsprechend § 113 Abs. 2 BetrVG. Es ist zudem für die Anwendung des § 113 BetrVG unerheblich, ob Kündigungen bzw. Versetzungen der Arbeitnehmer individualrechtlich rechtmäßig sind.
2.3, Der Inhalt des Sozialplans:
2.3.1, Der Sozialplanumfang:
Die Rechte des Betriebsrats, auch bei gescheitertem Interessenausgleich den Sozialplan bis auf wenige Ausnahmen zu erzwingen, bleiben davon unberührt. Im § 112 BetrVG werden keine besonderen Grenzen für den Umfang und den Inhalt eines Sozialplans genannt. Die Betriebsparteien haben nach der ständigen Rechtsprechung des BAG bei der Aufstellung eines Sozialplans einen weiten Ermessensspielraum. Sie können grundsätzlich frei über den Umfang sowie die Art und Weise des Nachteilsausgleichs entscheiden oder auch gänzlich von Ausgleichzahlungen absehen.
Das Sozialplanvolumen muss einerseits so bemessen sein, dass für die betroffenen Arbeitnehmer eine tatsächliche Milderung der wirtschaftlichen Nachteile erfolgen kann, andererseits darf das Unternehmen nicht unvertretbar hoch belastet werden.
Wird der Sozialplan durch den Spruch der Einigungsstelle erzwungen, muss sie die Ermessengrenzen des § 112 Abs. 5 BetrVG einhalten. Außerdem sollen gem. § 112 Abs. 5 Nr. 2a BetrVG die Fördermöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit nach dem SGB III beachtet werden.
2.3.2, Regelungsinhalte und erfasster Personenkreis:
Im Vordergrund des Sozialplans stehen Regelungen über die meist einmalige, finanzielle Abfindung der betroffenen Mitarbeiter. Diese Abfindung kann zudem mit Leistungen aus der Arbeitslosen- bzw. Rentenversicherung kombiniert werden. Verbreitet sind weiterhin Dauerregelungen, wie z.B. die Weitergewährung von betrieblichen Sozialleistungen in Form von Rabatten, vermögenswirksame Leistungen, Jubiläumszuwendungen, die Rückzahlung erhaltener Arbeitgeber-Darlehen oder die fortgesetzte Nutzung von Werkswohnungen. Bleibt grundsätzlich die wirtschaftliche Vertretbarkeit des Sozialplans für das Unternehmen gewahrt und werden zudem keine betriebsverfassungsrechtlichen Gleichheits- oder spezifische Diskriminierungsverbote verletzt, können die Betriebsparteien, ggf. unter Einbeziehung der Einigungsstelle, die Höhe und Struktur der Abfindung nach gemeinsamen Vorstellungen bestimmen.
Der Sozialplan erfasst alle Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1 BetrVG, die durch die Betriebsänderung Nachteile erleiden. Vom Sozialplan ausgenommen sind gem. § 5 Abs. 2 BetrVG Mitglieder von Organen juristischer Personen, Gesellschafter einer OHG sowie zur Geschäftsführung befugte Personen und leitende Angestellte. Sie können auch nicht aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen Anspruch auf eine Sozialplanabfindung ableiten. Jedoch ist es zulässig, dass mit diesem Personenkreis in Anlehnung an den Sozialplan Einzelvereinbarungen abgeschlossen werden.
2.4, Spezielle Sozialpläne:
2.4.1, Der Sozialplan in der Insolvenz:
Auch im Fall der Insolvenz eines Unternehmens gelten die allgemeinen Regelungen über Betriebsänderung, Interessenausgleich sowie Sozialplan. §§ 123, 124 InsO enthalten die weiteren gesetzlichen Vorschriften zum Sozialplan im Insolvenzfall. Maßgeblich für den Sozialplan in der Insolvenz ist der Zeitpunkt seiner Aufstellung, genauer, ob dieser vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen wird. Allgemein gibt es im Fall der Insolvenz keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten, da hier kein Zeitdruck besteht, welcher z.B. beim Interessenausgleich vorliegt.