Wem geschieht - normativ betrachtet - eigentlich Kriminalunrecht? Nach vorherrschender Auffassung in der Strafrechtswissenschaft ist es nicht das faktisch verletzte Opfer, sondern die staatlich verfasste Rechtsgemeinschaft. Das Opfer ist so bloß die »Leinwand«, auf der sich das Unrecht zwischen Täter und Staat abspielt. Die Arbeit argumentiert demgegenüber für einen strafrechtlichen Paradigmenwechsel, um Verbrechen als Verletzung individueller Rechte und zugleich der Rechtsgemeinschaft zu begreifen. Mit einem interdisziplinären Zugang weist es anhand des geltenden Strafrechts die Verletzung subjektiver Rechte von Verbrechensopfern als Wesenselement des Kriminalunrechts aus. Diese neue Theorie des Verbrechens liefert nicht nur ein neues Fundament für eine normativ eigenständige, emanzipierte Stellung der Opfer im Strafrecht, sondern bietet auch einen strafrechtsimmanenten, kritischen Maßstab für die Betrachtung des materiellen Strafrechts, der Straftheorie sowie des Strafverfahrens.
Rezensionen / Stimmen
»Die hier dargestellte Problematik steht im Kontext eines jedenfalls ehrenwerten Beitrags zur Straftheorie. Erst durch Hirschs außerordentlich präzise argumentierende Dissertation wird jene begriffliche Mehrdimensionalität des Kriminalunrechts erfolgreich ans Licht gebracht, die einer umfassenden rechtsphilosophischen Untersuchung anstelle der eintönigen Wiederholung des Dogmas bedarf, jedoch im Schrifttum bisher kaum ernst genommen wurde. Als eine bahnbrechende Vorstudie, die das zentrale Problem der Verbrechenslehre freilegt, es aber noch nicht völlig befriedigend löst, verdient Hirschs Dissertation zweifelsohne Anerkennung.« Cheng Xu, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Bd. 111, 2/2025
»Die von Hirsch vorgelegte Monographie ruht auf einem breiten, interdisziplinären Fundament und ist zudem mit großer systematischer Gestaltungskraft geschrieben, die es überzeugend ermöglicht, aus dem erarbeiteten Verbrechensbegriff auch weitreichende Folgerungen für das Straf- und Strafprozessrecht zu ziehen. Eine Großtat stellt dabei der Nachweis dar, dass alle Unrechtslehren nicht ohne den Aspekt der Verletzung subjektiver Rechte auskommen, liest man sie mit den allgemein geteilten Prinzipien der Einwilligungsdogmatik zusammen. Hervorzuheben ist ferner, dass die Arbeit mit großer methodologischer Sensibilität verfasst worden ist. [...] Doch stellen diese Bedenken Quisquilien dar, die den hohen wissenschaftlichen Rang des vorgelegten Werkes in keiner Weise verdunkeln.«
Prof. Dr. Diethelm Klesczewski, in: Goltdammer´s Archiv für Strafrecht, 1/2024
Ausgezeichnet mit »Juristische Bücher des Jahres - Eine Leseempfehlung«
»Die Sorgfalt und Umsicht, mit der Hirsch seine Position argumentativ absichert, heben die Diskussion jedoch auf eine neue Ebene. Das subtile Geflecht rechtstheoretischer, rechtsphilosophischer und strafrechtsdogmatischer Begründungsstränge, das Hirsch in prägnanter, stets gut lesbarer Form auf vergleichsweise knappem Raum entfaltet, macht die Lektüre seiner Schrift zu einem Vergnügen.» Prof. Dr. Reinhard Zimmermann, in: JuristenZeitung, Bd. 77, 19/2022
Reihe
Thesis
Dissertationsschrift
2020
Universität Göttingen
Sprache
Verlagsort
Produkt-Hinweis
Fadenheftung
Gewebe-Einband
Illustrationen
2
3 s/w Abbildungen, 2 s/w Tabellen
2 Tab., 3 Abb.; 387 S., 3 schw.-w. Abb., 2 schw.-w. Tab.
Maße
Höhe: 23.3 cm
Breite: 15.7 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-428-18172-8 (9783428181728)
Schweitzer Klassifikation
Philipp-Alexander Hirsch studied law and philosophy in Göttingen, Vienna and Toronto. He received a doctorate in philosophy in 2017 for his thesis »Freedom and Statehood in Kant« (»Freiheit und Staatlichkeit bei Kant«) and a doctorate in Law in 2020 for his thesis »The Wrongfulness of Crimes« (»Das Verbrechen als Rechtsverletzung«). Since 2018 he has been a post-doctoral researcher at the Institute of Criminal Law and Justice as well as a lecturer at the Department of Philosophy at the University of Göttingen. His research focuses on criminal law, history of criminal law and legal philosophy.
A. Einleitung: Wem geschieht Kriminalunrecht? Oder: Wen berechtigt das Strafrecht? - Methodischer Ansatz - Gang der Untersuchung
B. Das Verbrechen als Rechtsverletzung: Subjektive Rechte - Materielle Unrechtslehren und die Bedeutung subjektiver Rechte - Kriminalunrecht als Verletzung subjektiver Rechte, oder: Einwilligung und die Kontrolle von Verhaltenspflichten
C. Das Verbrechen als Statusverletzung, oder: Verletzung subjektiv-rechtlich vermittelter Anerkennung: »Rights are especially sturdy objects to >stand upon<.« - Anerkennung und subjektive Rechte - Statusverletzung und die Unterscheidung zwischen Zivil- und Kriminalunrecht - Wessen Autorität? - Zum überindividuellen Gehalt von Kriminalunrecht - Allgemeinrechtsgüter und Verletzung rechtlicher Anerkennung
D. Konsequenzen für das materielle Strafrecht, die Straftheorie und das Strafverfahren: Warum eine immanente Kritik des Strafrechts? - Rechts- und Statusverletzung als kritischer Maßstab im materiellen Strafrecht - Strafe und Respekt - Ein Plädoyer für eine zweitpersonale expressive Straftheorie - Subjektive Rechte und Anerkennung im Strafverfahren
E. Resümee und Schlussbetrachtung: Das Verbrechen als Rechtsverletzung: Kapitel B - Das Verbrechen als Statusverletzung: Kapitel C - Subjektive Rechte und Anerkennung im materiellen Strafrecht, in der Straftheorie und im Strafverfahren: Kapitel D - Schlussbetrachtung
Literatur- und Sachwortverzeichnis