VORWORT
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 ÜBERBLICK ZUM ABLAUF EINES TYPISCHEN STEUERSTRAFVERFAHRENS
1.1 Strafrechtliche Seite
1.2 Abgabenrechtliche Seite
1.3 Drei weitere Aspekte
1.3.1 Aspekt 1
1.3.2 Aspekt 2
1.3.3 Aspekt 3
2 STRAFRECHTLICHE ABWEHR UND ABSCHWÄCHUNG VON VERKÜRZUNGSBETRÄGEN
2.1 Steuerhinterziehung (Vergehen)
2.1.1 Erläuterungen
2.1.2 Einzelaspekte
2.2 Steuerhinterziehung (Verbrechen)
2.3 Schädigung des Umsatzsteueraufkommens
3 ABGABENRECHTLICHE ABWEHR UND ABSCHWÄCHUNG VON VERKÜRZUNGSBETRÄGEN
3.1 Steueranspruch
3.1.1 Offener Fall
3.1.2 Bestandskräftiger Fall
3.2 Steuerbescheid
3.2.1 Einspruch
3.2.2 Vollziehung
3.3 Einstweilige Anordnung
3.3.1 Grundsätzliche Zusammenhänge
3.3.2 Anordnungsanspruch zur einstweiligen Anordnung
3.3.3 Anordnungsgrund zur einstweiligen Anordnung
3.4 Pfändungs und Einziehungsverfügungen
3.4.1 Grundsätzliche Zusammenhänge
3.4.2 Rechtsschutz gegen Pfändungs und Einziehungsverfügungen
3.4.3 Drittschuldnererklärung
3.5 Vollstreckungsaufschub
3.5.1 Unbilligkeit der Vollstreckung
3.5.2 Rechtsschutz zum Vollstreckungsaufschub
4 SCHÄTZUNGEN IM ABGABEN UND STRAFRECHT
4.1 Grundlagen
4.2 Besondere Mitwirkungspflichten
4.2.1 Ausländische Sachverhalte (§ 90 Abs. 2 AO)
4.2.2 Ausländische Zahlungsempfänger (§ 160 AO)
4.2.3 Ausländische Domizilgesellschaften (Briefkastenfirmen)
4.2.4 Aspekt 1
4.2.5 Aspekt 2
4.2.6 Aspekt 3
4.3 Steuerliche Verprobungs und Schätzungsmethoden
4.3.1 Vermögenszuwachs und Geldverkehrsrechnung
4.3.2 Richtsatzschätzung
4.3.3 Nachkalkulation
4.3.4 Kassenfehlbetragsrechnung
4.3.5 Grafischer Zeitreihenvergleich
4.3.6 Digitale Ziffernanalyse
4.4 Kontrolle der Kontrolleure
4.4.1 Checkliste zur Schätzungsabwehr
4.4.2 Erläuterungen zu den Kontrollfragen
5 ABGABENRECHTLICHER STEUERARREST
5.1 Zweck
5.2 Arrestanordnung
5.2.1 Arrestanspruch zum abgabenrechtlichen Steuerarrest
5.2.2 Arrestgrund zum abgabenrechtlichen Steuerarrest
5.2.3 Vollziehungsfrist zum abgabenrechtlichen Steuerarrest
5.3 Rechtsbehelfe
5.3.1 Arrestanordnung
5.3.2 Vollstreckung
5.4 Schadensersatz beim abgabenrechtlichen Steuerarrest
6 STRAFPROZESSUALER STEUERARREST
6.1 Zweck
6.2 Arrestanordnung
6.2.1 Arrestanspruch
6.2.2 Arrestgrund
6.3 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
6.4 Rechtsmittel
7 TATSÄCHLICHE VERSTÄNDIGUNG
7.1 Kennzeichnung
7.2 Voraussetzungen
7.3 Verfahren
STICHWORTVERZEICHNIS
Aus dem Kapitel 1: Überblick zum Ablauf eines typischen Steuerstrafverfahrens (S. 16-19)
1.1 STRAFRECHTLICHE SEITE
Zur (linken) strafrechtlichen Seite des grafischen Überblicks wird
die Verteidigung die unterschiedlichen Möglichkeiten einer mandantenorientierten
Verfahrensbeendigung im Auge behalten.
Dazu ist in einem Steuerstrafverfahren im Grundsatz entweder die
Verfahrenseinstellung wegen des fehlenden hinreichenden Tatverdachts
zu verfügen (§ 170 Abs. 2 StPO) oder aber Anklage zu erheben
(§ 170 Abs. 1 StPO). Dabei wird in der Praxis von den Strafverfolgungsbehörden
eine Verfahrenseinstellung wegen des fehlenden
hinreichenden Tatverdachts prinzipiell abgelehnt. Die demgegenüber
mit einer Anklageerhebung verbundene Hauptverhandlung ist
indes eine aufwändige Angelegenheit. In Anbetracht dieser grundsätzlichen
Ausgangslage ist es aus Praktikabilitätsgründen naheliegend,
andere mögliche Verfahrensbeendigungen anzustreben (Opportunitätsprinzip).
Die Verteidigung wird deshalb versuchen, eine Einstellung des Verfahrens
vor allem wegen nicht entgegenstehender Schwere der
Schuld zu erreichen (§ 153a StPO - SCHULD IM MITTLEREN BEREICH).
Hierzu ergeben sich auf der Grundlage des gesetzlich definierten
Tatbestands der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) durchaus geeignete
Ansatzpunkte; insbesondere im Hinblick auf die vielfach berechtigte
Fragestellung, ob eine Unkenntnis der Finanzbehörden über steuerlich
erhebliche Tatsachen hinsichtlich des beschuldigten Steuerbürgers
wirklich im Umfang des Schuldvorwurfs gegeben war (dazu
Kapitel 2 Strafrechtliche Abwehr und Abschwächung von Verkürzungsbeträgen).
Der Vorteil dieser Verfahrensbeendigung besteht
darin, dass die Unschuldsvermutung des Steuerbürgers erhalten
bleibt; und zwar auch in den Steuerfestsetzungsverfahren.
Lässt sich diese Art der Verfahrensbeendigung nicht bewerkstelligen,
so wird stattdessen - als zweitbeste Lösung - versucht werden, das
Verfahren über einen STRAFBEFEHLzu beenden (§ 407 StPO). Das
Strafbefehlsverfahren hat den Vorteil, dass ein anwaltlich vertretener
Steuerbürger nicht unbedingt persönlich erscheinen muss und dass
er sich bei einer Verurteilung bis zu 90 Tagessätzen als nicht vorbestraft
bezeichnen darf. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass das
Verfahren außerhalb der Öffentlichkeit abläuft (keine Presse). Die
Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung über einen Strafbefehl hat
daher in der Praxis eine hohe Akzeptanz.
Ist auch dies nicht möglich, so muss sich die Verteidigung auf die
Erhebung der öffentlichen Anklage einrichten.
1.2 ABGABENRECHTLICHE SEITE
Zur (rechten) abgabenrechtlichen Seite der grafischen Darstellung
geht es um die Abwehr und Abschwächung angeblich eingetretener
Verkürzungsbeträge materiell-rechtlicher Art.
Dazu steht naturgemäß die Streitfrage im Mittelpunkt, ob ein STEUERANSPRUCH
zweifelsfrei entstanden war; nämlich: In welcher Höhe
soll der Steueranspruch entstanden, von welcher Person soll er zu
versteuern, welchem Jahr soll er zuzuordnen und in welchem Land
soll er realisiert worden sein. Hierzu kann sich herausstellen - vielfach
erst unter Inanspruchnahme finanzgerichtlicher Hilfe zur VOLLZIEHUNGSAUSSETZUNG
-, dass die bisherigen Vorwürfe so nicht zutreffen.
Kommen drohende, durchgeführte oder erneut zu erwartende Vollstreckungsmaßnahmen
hinzu - vor allem in der Form der PFÄNDUNGS- UND EINZIEHUNGSVERFÜGUNGEN-, so muss auch dieser Abwehrbereich organisiert und insbesondere über einen Antrag auf
ERLASS EINER EINSTWEILIGEN ANORDNUNGoder einen ANTRAG AUF VOLLSTRECKUNGSAUFSCHUB
als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes vorbereitet sein (dazu Kapitel 3 Abgabenrechtliche Abwehr und Abschwächung von Verkürzungsbeträgen).
In Anbetracht dieser Bandbreite an möglichen Streitpunkten wird
der nützliche - wenngleich etwas provokative - Ratschlag gegeben:
Effektiver als das reumütige Eingeständnis, sich geirrt und damit
nicht vorsätzlich Steuern hinterzogen zu haben, kann sich die
Problematisierung erweisen, das Anführen von Literaturbelegen,
die ideevoll-extensive Auslegung beinahe-einschlägiger BFHUrteile
oder Verwaltungsanweisungen.
Dazu ist allerdings die Vorstellung zu dämpfen, im Rahmen eines
Steuerstrafverfahrens sei nur der Steuerbetrag nachzuzahlen, der
sich bei einer rechtzeitigen und vollständigen Angabe der zutreffenden
Besteuerungsgrundlagen ergeben hätte. Denn der steuerliche
Strafverfolgungsapparat ist darauf angelegt, ein darüber hinausgehendes
Mehrergebnis zu erzielen. Dies geschieht regelmäßig über
ZUSCHÄTZUNGEN. Die Aufgabe einer erfolgreichen Verteidigung besteht
daher insoweit in einer wirksamen Begrenzung des Mehrbetrags
einschließlich damit verbundener Zinsen. Dies betrifft insbesondere
die aus Verteidigersicht gegebenen Negativ- und Strafschätzungen
der Finanzbehörden (dazu Kapitel 4 Schätzungen im Abgaben-
und Strafrecht mit der ausführlichen Checkliste zur Schätzungsabwehr).
Des Weiteren ist das finanziell elementare Streitfeld der STEUERARRESTE
zu sehen. Über diese soll aus Praktikersicht die Verteidigungsfähigkeit
des beschuldigten Steuerbürgers durch die Blockade dessen
liquider Mittel stark beeinträchtigt oder sogar unmöglich gemacht
werden. Die Arrestanordnung wird daher auch als "Haftbefehl" in
das Vermögen des Betroffenen bezeichnet (dazu Kapitel 5 und 6
Abgabenrechtlicher und Strafprozessualer Steuerarrest).
Schließlich wird trotz aller (heftigen) Auseinandersetzungen eine
sich bietende Möglichkeit der VERSTÄNDIGUNGstets beachtet bleiben.
Dabei geht es aus der Sicht der Praxis nicht um den an sich unnützen
Steuerstreit; sinnvoller ist vielmehr eine "kaufmännische" Erledigungsstrategie.
Dazu ist aber im Vorfeld eine wache aktive Verteidigung erforderlich; dies unter Einbeziehungeiner realitätsnahen Einschätzung der Verteidigungsmöglichkeiten und der zu erwartenden
Verfahrensbeendigung. Das hierbei verfolgte Ziel besteht in
einer kombinierten Verständigung zum steuerrechtlichen und
zugleich zum strafrechtlichen Bereich (dazu Kapitel 7 Tatsächliche
Verständigung). Lässt sich demgegenüber auch nach Jahren keine
Einigung herbeiführen, so mag der "Dreißigjährige Krieg" seinen
Verlauf nehmen.
Ergänzung: Zu den beiden Verfahrenssträngen ist fallweise deren
RECHTLICHE VERKNÜPFUNGzu berücksichtigen. Danach kann ein
Strafverfahren bis zum Abschluss des Besteuerungsverfahrens ausgesetzt
werden, wenn es um die Vorfrage geht, ob überhaupt ein Steueranspruch
besteht und ob bejahendenfalls eine Steuerverkürzung
bewirkt wurde (§ 396 AO). Ebenso kann umgekehrt ein finanzgerichtliches
Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt
werden, wenn die Tatumstände der Steuerverkürzung im finanzgerichtlichen
Verfahren Bedeutung erlangen können (§ 74 FGO).
Im Falle anhängiger Finanzgerichtsverfahren hat der Bundesgerichtshof
ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Aussetzung des
Strafverfahrens hingewiesen.
PRAXISHINWEIS
Wurde die strafrechtliche Aussetzung (§ 396 AO) nicht mit steuerrecht
lichen Zweifelsfragen begründet, sondern beruhte sie auf Zweifeln zu
tatsächlichen Tatumständen, so ist die Strafverfolgungsverjährung wei
ter gelaufen.4 Sie kann daher zu einem späteren Verhandlungszeitpunkt
eingetreten sein.