Historische Ausstellungen und Museen erfreuen sich großer Beliebtheit und ihr Professionalisierungsniveau ist so hoch wie noch nie. Den Museumsfachleuten genügt es heute nicht mehr, über die Ausstellungsthemen und -inhalte Bescheid zu wissen; sie reflektieren auch, wie sie mit Geschichte umgehen und welche Geschichtsbilder ihre Ausstellungen vermitteln. Hierzu bietet das Konzept der Geschichtskultur einen fruchtbaren Ansatz. Fragt es doch nach den zugrunde liegenden Geschichtsbildern und vorherrschenden Formen historischer Sinnbildung in ästhetischer, politischer und wissenschaftlicher Hinsicht. Welche geschichtskulturellen Vorstellungen und Selbstverständnisse bei der musealen Präsentation und Rezeption von Geschichte in Museen und Ausstellungen leitend waren und sind, darüber handeln die Beiträge dieses Buches.
Rezensionen / Stimmen
Historische Ausstellungen tragen dazu bei, materielle und mentale Geschichtsbilder zu formen. Der Band fragt nach den geschichtskulturellen Vorstellungen, die bei musealen Präsentationen maßgeblich sind. Nach grundsätzlichen Überlegungen zum Konzept der Geschichtskultur folgen drei Blöcke mit den Leitkategorien Ästhetik, Politik und Wissenschaft. Dabei wird Rüsens Konzept kritisch befragt und weiterentwickelt. Die Autoren plädieren für Präsentationen, die kein geschlossenes Geschichtsbild entwerfen, sondern semantische Offenheit bieten und produktive Irritationen bewirken. Für die Museumspraxis bedeutet dies, dass kompetente Ausstellungsmacher und -kritiker wichtig sind, die Ausstellungsbilder nicht nur entwerfen, sondern deren mögliche Wirkungen mitreflektieren.Brigitte Kaiser, in: H-Soz-u-Kult, 15.10.2006
Fritz Backhaus, M.A., geb. 1957, Historiker, wissenschaftlicher Kurator am Jüdischen Museum und des Museums Judengasse/Börnegalerie in Frankfurt a.M.
Bodo von Borries, Dr. phil., geb. 1943, Professor für Didaktik der Geographie, Geschichte, Politik und des Sachunterrichts an der Universität Hamburg.
Uwe Danker, Dr. phil., geb. 1956, Professor und Direktor am Institut für Geschichte und ihre Didaktik an der Universität Flensburg sowie Direktor am Institut für Zeit- und Regionalgeschichte in Schleswig.
Olaf Hartung, M.A., Dipl.-Päd., geb. 1966, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Wolfgang Hasberg, Dr. phil., geb. 1961, Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der Universität zu Köln.
Bernd Holtwick, Dr. phil., geb. 1968, Historiker und Wissenschaftlicher Kurator am Haus der Geschichte Baden-Württembergs, Stuttgart.
Annemarie Hürlimann, geb. 1949, Ausstellungskuratorin und Kunsthistorikerin, Hürlimann + Lepp Ausstellungen Berlin.
Ulrike Jureit, Dr. phil., geb. 1964, Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Sprecherin im Team der Ausstellung 'Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944' des Instituts für Sozialforschung, Hamburg.
Simone Lässig, Dr. phil., geb. 1964, Historikerin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Historischen Institut in Washington DC, USA und Privatdozentin für Neuere und Neueste Geschichte und Geschichtsdidaktik an der Technischen Universität Dresden.
Karl Heinrich Pohl, Dr. phil., geb. 1943, Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Joachim Rohlfes, Dr. phil., em., geb. 1929, Professor für Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte an der Universität Bielefeld.
Bernd Schönemann, Dr. phil., geb. 1954, Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Manfred Treml, Dr. phil., geb. 1943, Professor für öffentliche Geschichtskultur an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Direktor des Museums-Pädagogischen Zentrums (MPZ), München.
Gisela Weiß, Dr. phil., geb. 1963, Historikerin, Kuratorin am Rheinischen Schützenmuseum Neuss und Mitarbeiterin am Westfälischen Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Münster.
Vorwort 7
Joachim Rohlfes: Eine bilanzierende Einführung. Zu den Beiträgen in diesem Buch 11
Geschichtskultur. Zum Konzept
Bernd Schönemann: Museum als Institution der Geschichtskultur 21
Wolfgang Hasberg: Erinnerungs- oder Geschichtskultur? Überlegungen zu zwei (un-)vereinbaren Konzeptionen zum Umgang mit Gedächtnis und Geschichte 32
Ästhetik
Annemarie Hürlimann: Zum Umgang mit Dingwelten in der aktuellen Ausstellungspraxis. Ein Plädoyer für die Schaulust, den geduldigen Blick und die Phantasie 60
Bodo von Borries: Geschichtslernen an Kunstwerken? Zur geschichtsdidaktischen Erschließung von Kunstmuseen 72
Manfred Treml: Museen moderner Kunst zwischen Kunstautonomie und Historizität. Überlegungen zum Quellenwert der deutschen Malerei nach 1945 für den Historiker 102
Politik
Bernd Holtwick: Nagelprobe 'Frieden'. Die Auseinandersetzungen um den NATO-Doppelbeschluss als Thema des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg 139
Ulrike Jureit: Generationenprojekte? Die beiden Ausstellungen über die Verbrechen der Wehrmacht 160
Fritz Backhaus: Deutsch-jüdische Geschichte im Museum. Ein 'geschichtspolitisches Happy-End'? 172
Simone Lässig: Vom historischen Fluchtpunkt zur transnationalen Metapher. Holocaust-Erinnerung in Museen zwischen Geschichte und Moral 184
Uwe Danker: Aufklärung, Identifikation oder Repräsentation? Politische Motive zur Errichtung von Museen zur deutschen Landes- und Nationalgeschichte - und wie weit man ihnen folgen darf 211
Wissenschaft
Gisela Weiß: 'Wir wollen nicht mehr den Standpunkt des Historikers'. Zum spannungsvollen Verhältnis zwischen Museumsdisziplin und Geschichtswissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert 233
Olaf Hartung: Museumskonzeptionen und Geschichtskultur im 19. Jahrhundert. Formen museal repräsentierten Geschichtsbewusstseins in Deutschland 260
Karl Heinrich Pohl: Wann ist ein Museum 'historisch korrekt'? 'Offenes Geschichtsbild', Kontroversität, Multiperspektivität und 'Überwältigungsverbot' als Grundprinzipien musealer Geschichtspräsentation 273
Auswahlbibliografie 287
Autorinnen und Autoren 301