5 Schutz gegen thermische Stromwirkungen
5.1 Stromwirkungen
Der elektrische Strom wirkt immer auf seine Umgebung ein. Einige Stromwirkungen
treten häufig auf, andere seltener. Häufig sind
Wärmewirkung in jeder Strombahn, z. B. in der Installationsleitung,
magnetische Wirkung um jede Strombahn, z. B. um jede Freileitung,
chemische Wirkung in jeder durch einen Elektrolyten führenden
Strombahn.
Seltener sind
elektromagnetische Strahlungswirkung, z. B. Lichtwirkung in Leuchtstofflampen,
LEDs oder Lichtbögen,
physiologische Wirkung in jeder Strombahn, die durch ein Lebewesen
führt, z. B. einen Menschen oder ein Nutztier.
Am häufigsten, weil bei jedem elektrischen Strom unvermeidbar, ist die
thermische Stromwirkung (von griech. thermos = warm). Bei ihr wird die
Energie des elektrischen Stromes in Wärme (Wärmeenergie) umgesetzt.
Diese Wärme kann nützlich sein, aber auch zu Bränden führen.
5.2 Ausbreitung der Wärme
Die Wärme breitet sich vom Ort ihres Entstehens aus durch
Wärmeleitung, z. B. im kupfernen Lötkolben von der Heizpatrone zum
Kolbenschaft,
Konvektion (Wärmeströmung durch mittels Wärmeausdehnung bewegte
Materie, z. B. Luft ab Lötkolben nach oben strömend) und
Wärmestrahlung durch elektromagnetische Wellen (Infrarot), z. B. vom
Lötkolbenschaft nach allen Seiten (Bild 5.1).
Diese Arten der Wärmeausbreitung können nützlich sein, aber auch zu Schäden
führen, z. B. zu Bränden.
häberle_elektro_7.a_kap05 19.05.2014 10:11 Uhr Seite 87
5.3 Thermischer Schutz in elektrischen Anlagen
Der thermische Schutz von elektrischen Anlagen war bei Entstehen der
Energietechnik die erste Schutzmaßnahme. Die Festlegungen der Strombelastbarkeit
von Leitungen und die Zuordnung der Überstrom-Schutzeinrichtungen
zu den Leiterquerschnitten (Kapitel 7) wurden wegen des thermischen
Schutzes ebenso vorgenommen wie die Unterscheidung der Isolierstoffe
nach ihrer Wärmebeständigkeit.
Ursprünglich verließ man sich für den thermischen Schutz auf die Überstrom-
Schutzeinrichtungen (Abschnitt 7.2). Nun müssen diese wegen der
Einschaltströme von Antrieben und auch Beleuchtungsanlagen so gebaut
sein, dass sie beim Nennstrom erst einige Zeit nach dem Einschalten der Anlage
abschalten. Der Typ B der Leitungsschutzschalter 16 A schaltet nur bei
einem vollständigem Kurzschluss (widerstandslose Verbindung von gegeneinander
Spannung führenden Teilen) innerhalb von Millisekunden ab, bei
einem unvollständigem Kurzschluss mit etwa 5 x 16 A = 80 A innerhalb einer
Sekunde (Bild 7.6) und mit 3 x 16 A erst innerhalb einer Minute. Während
dieser Ansprechzeit können bei einem unvollständigen Kurzschluss am
230-V-Netz P = 230V x 80 A ~ 18400W = 18,4 kW Wärmeleistung an einer
schadhaften Stelle anstehen, was weit ausreichend zum Entzünden von
brennbaren Stoffen ist.
Überstrom-Schutzeinrichtungen bieten bei feuergefährdeten Anlagen
nur einen geringen Schutz gegen einen Brand