Der Schriftsteller, Fernseh- und Hörfunkautor Christian Geissler gehörte von Anfang an zu jenen Intellektuellen der jungen Bundesrepublik, die ihr künstlerisches Schaffen untrennbar verbunden sahen mit ihrem politischem Engagement. Öffentliche Auftritte, Reden und Manifeste gehören genauso zu seinem Werk wie die Romane, Gedichte, Hörspiele und Fernsehfilme.
Von 1962 bis 1968 war er Mitglied des Kuratoriums der Kampagne für Abrüstung und Ostermarsch und trat bei zahlreichen Ostermarsch- und Antikriegstagskundgebungen, von Bremen über Hamburg bis Bochum und Frankfurt, als prominenter Redner auf. Zwei seiner Antikriegsreden dokumentieren wir in dieser Jahresgabe - aus den Jahren 1961 und 1965. Sie zeigen nicht nur die Rigorosität seiner Haltung, sondern machen auch die politische Entwicklung Geisslers deutlich. In der Rede von 1961 diskutiert er noch die Ver-rücktheit moralischer Zwickmühlen und fordert angesichts der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki an »die Möglichkeit wirksamen, eingreifenden Entsetzens«. In der Rede zum Antikriegstag 1965 ist er in der Gegenwart des Vietnamkriegs angekommen:
»Denn wenn uns die in Nürnberg vor zwanzig Jahren verhandelten Plätze >Oradour< und >Lidice< etwas angehen, dann soll das auch Folgen haben. [.] Dann soll bekannt gemacht werden: Oradour und Lidice, das sind heute Städte in Vietnam.« Zugleich verfügt Geissler mittlerweile über eine marxistische Gesellschaftsanalyse und stellt fest: »Nein, 1945 endgültig den Krieg aburteilen und abschaffen zu wollen, das hätte verlangt, die Machtverhältnisse, also die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln,·die ökonomische Basis der gesamten westlichen Welt, abzuurteilen und von Grund auf zu ändern.«
Reihe
Sprache
Verlagsort
Maße
Höhe: 20 cm
Breite: 13.5 cm
ISBN-13
978-3-911409-01-8 (9783911409018)
Schweitzer Klassifikation
Christian Geissler (1928 - 2008) arbeitete ab 1956 als freier Schriftsteller. Er war Autor von Romanen, Hörspielen, Fernsehspielen und Gedichten. Als politischer Aktivist und Redner beteiligte er sich an den Ostermärschen und der Bewegung gegen die Notstandsgesetze und solidarisierte sich mit den politischen Häftlingen der Rota Armee Fraktion. Bis 1965 war er Autor und zeitweise Redakteur der Werkhefte katholischer Laien, 1965 bis 1968 Mitherausgeber der linken Literaturzeitschrift Kürbiskern, in den 1970er Jahren Dokumentarfilmer und Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre war er zeitweise Mitglied der KPD.
Im Verbrecher Verlag erscheint seit 2013 eine Ausgabe seiner literarischen Werke, u.a. "Anfrage" (2023), "Kalte Zeiten / Schlachtvieh" (2014), "Das Brot mit der Feile" (2016), "Wird Zeit, dass wir leben" (2013) und "kamalatta" (2018). Die Bände mit den Vorträgen der von der Christian-Geissler-Gesellschaft veranstalteten Tagungen zum Werk Geisslers erscheinen ebenfalls dort.