INHALT
EINFÜHRUNG
WAS MUSS ICH ÜBER DIE PATIENTENVERFÜGUNG WISSEN?
Wie weit reicht mein Einfluss als Patient?
Voraussetzung: Vollbesitz der geistigen Kräfte
Der Wille des Patienten
Soll ich zusätzlich eine Betreuungs- bzw. Vertrauensperson einsetzen?
Muster zur Erstellung einer Patientenverfügung
Wo soll ich die Patientenverfügung aufbewahren?
Rechtliche Hintergründe zur ärztlichen Behandlung am Lebensende
WAS MUSS ICH BEI DER VORSORGEVOLLMACHT BZW. BETREUUNGSVERFÜGUNG BEACHTEN?
Zum Wirkungsbereich der Vorsorgevollmacht
Vollmachtsmuster und Formerfordernisse
Wann wird eine Notarvollmacht erforderlich?
Einsetzung eines Bevollmächtigten bzw. einer Vertrauensperson
Wie kann ich eine erteilte Vollmacht widerrufen?
Was geschieht beim Tod des Vollmachtgebers?
Welchen Umfang soll die Vollmacht haben?
Registrierung beim Vorsorgeregister?
Wie wirkt sich das neue Betreuungsrecht aus?
Zur Betreuungsverfügung und ihrer Bedeutung
IHRE PERSÖNLICHE BESTANDSAUFNAHME
Was wird aus meinem Vermögen?
Schenken statt vererben?
Wie Sie bei Ihren Bankgeschäften vorsorgen
Was weiß das Finanzamt?
Die Vorsorge für den Todesfall
Die Vorsorge durch ein Testament
ZUM TODESFALL: MAßNAHMEN UND HINWEISE
Wer muss die Abwicklung des Todesfalls in die Hand nehmen?
Das persönliche Gespräch nach dem Todesfall
Die ersten Maßnahmen
Haben Sie den finanziellen Überblick?
Der Todesfall: Checkliste für Hinterbliebene und Bevollmächtigte
VORSORGE- UND ERBFALL-ABC (LEXIKONTEIL)
Auflage
Ausschlagung der Erbschaft
Bestattung
Enterbung
Erbauseinandersetzung
Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer
Erbschein
Erbunwürdigkeit
Erbvertrag
Gesetzliche Erbfolge
Haftung des Erben
Hinterbliebenenrente
Immobilienbewertung
Körperspende
Krankenversicherung
Lebensversicherungen
Mietverhältnisse
Mittelbare Grundstücksschenkung
Nachlassinsolvenz
Nachlassverwaltung
Nachlassverzeichnis
Nichteheliche Lebensgemeinschaften/Lebenspartnerschaften
Nießbrauch
Notar/Anwalt
Organspende
Pflegeverträge/Heimverträge/Pflegekosten
Pflichtteil
Scheidung
Testament
Testamentsvollstrecker
Testamentswiderruf
Vermächtnis
Vermögensübertragung/Übergabevertrag
Vorerbschaft/Nacherbschaft
STICHWORTVERZEICHNIS
LESEPROBE AUS DEM KAPITEL "WAS MUSS ICH ÜBER DIE PATIENTENVERFÜGUNG WISSEN? (S. 11-15)
WAS MUSS ICH ÜBER DIE PATIENTENVERFÜGUNG WISSEN?
Was geschieht mit mir, wenn ich wegen eines medizinischen Notfalls
nicht mehr selbst entscheiden kann? Vielleicht lassen sich nur unter
Einfluss stärkster Medikamente die erheblichen Schmerzen etwas abmildern.
Vielleicht werde ich aber auch im Zustand der Bewusstlosigkeit
nur noch mit künstlicher Ernährung am Leben erhalten? Will ich
eine Abhängigkeit von der "Apparatemedizin" langfristig akzeptieren?
Mit welchen Nebenwirkungen oder Spätfolgen ist bei langer Behandlungsdauer
zu rechnen? Welche Schmerzzustände bei bestimmten
Krankheiten und Behandlungsversuchen kommen eventuell auf mich
zu? Welche Linderungsmöglichkeiten bietet die Medizin heute?
All diese Fragen münden in die Überlegung: Was kann ich tun, um
nach meinen ganz persönlichen Vorstellungen ein würdevolles Lebensende
durchzusetzen? Was ist zu veranlassen, damit meine Wünsche
und Vorgaben beachtet werden, wenn ich später einmal als Patient
nicht mehr in der Lage bin, meinen Willen selbst zu erklären?
Was muss ich tun, damit lebensverlängernde Maßnahmen abgebrochen
werden, um mir weiteres Leiden im Endstadium einer tödlich
verlaufenden Krankheit und in der Sterbephase zu ersparen?
Vergleichbare Fragen stellen sich viele besorgte Menschen häufig
gerade dann, wenn sie im familiären Umfeld bzw. im engeren Bekanntenkreis
mit schweren Erkrankungen konfrontiert werden - wenn
sich der geliebte Mensch in die Sterbephase befindet und sich sein
Leidenszustand trotz aller medizinischer Betreuung nicht bessert. Solche
Patienten befinden sich häufig im Koma und haben keinerlei
Möglichkeiten mehr zur persönlichen Willensäußerung.
Rund drei Viertel aller Menschen in Deutschland sterben in Krankenhäusern
oder Heimen und eben nicht zu Hause in ihrer gewohnten
Umgebung. Nicht unterschätzen darf man in diesem Zusammenhang
auch die hohe Anzahl von Pflegebedürftigen. Die im April 2005 veröffentlichte
Bundes-Pflegestatistik 2003 zeigt auf, dass 2,08 Millionen
Menschen pflegedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes
waren. Auch hier ist der Anteil der häuslichen Pflege stark rückläufig.
Über 640.000 Pflegebedürftige wurden 2003 in Pflegeheimen betreut,
der Anteil der Schwerstpflegebedürftigen betrug 21 Prozent.
Dies sind sicher nur statistische Angaben, aber einhergehend mit einer
demografischen Veränderung der Gesellschaft sowie der Reform der
Pflegeversicherung wird die Bedeutung des Themas "Krankheits- und
Pflegeabsicherung" für jeden leicht erkennbar.
Ob Unfallfolgen oder Krebserkrankung - die Befürchtung, dass mit
Schmerzzuständen zu rechnen ist oder dass der Krankheitsverlauf zum
Verlust der geistigen Kräfte führt, ist oft der Beweggrund, auch zu
einer Leidensverkürzung gewisse Vorgaben zu machen.
WIE WEIT REICHT MEIN EINFLUSS ALS PATIENT?
Zunächst einmal gilt der unumstößliche Grundsatz, dass jeder ärztliche
Eingriff, also auch jede lebensverlängernde bzw. -erhaltende
Maßnahme, der Einwilligung eines einwilligungsfähigen Patienten
bedarf. Fast tagtäglich werden Fortschritte in Medizin und Technik bei
der Lebenserhaltung und Lebensverlängerung verkündet. Die medizinischen
Erfolge können in unzähligen Fällen das Leben verlängern,
aber oft stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob dies auch
eine Leidensverlängerung bedeuten kann. Häufig steht die bange Frage im Raum, ob man zu Beginn der Sterbephase "Maschinen" ausgeliefert ist und ob der eigene Wille von medizinischer Seite und von
den Angehörigen respektiert wird.
Schnell trifft man hier auf das Problem, wie sich ein würdevolles Sterben
ohne zusätzliches Leiden mit dem geltenden Verfassungsrecht und
dem hippokratischen Eid der Ärzteschaft - bei einem Behandlungsverzicht
in der Sterbephase - vereinbaren lässt. Um es vorwegzunehmen:
Es geht beim Thema "Patientenverfügung" nicht um aktive Sterbehilfe,
sondern darum, was geschehen soll, wenn die Ärzte den Eintritt
des Todes nicht mehr verhindern können. Welche Grundsatzentscheidung
kann jetzt schon vorbeugend getroffen werden? Wird anstelle
lebensverlängernder Maßnahmen eine sachgerechte Schmerzlinderung
und würdevolle Sterbegleitung gewünscht?
Dies setzt natürlich voraus, dass der Patient die medizinische Tragweite
und den Umfang geplanter Maßnahmen versteht und noch einwilligungsfähig
ist. Verlangt wird also eine "natürliche Einsichts-,
Urteils- und Steuerungsfähigkeit", auch bei betreuten Personen und
Minderjährigen.
Davon ausgehend kann jeder die Verlängerung oder den Abbruch der
lebenserhaltenden oder -verlängernden Maßnahmen ablehnen, selbst
wenn von ärztlicher Seite anderes empfohlen wird - gerade dann,
wenn eine schwere Erkrankung bereits einen tödlichen Verlauf genommen
hat. Zudem kann der grundsätzlich (noch) einwilligungsfähige
Patient natürlich jederzeit bereits früher getroffene Festlegungen
und Verfügungen, egal ob mündlich oder schriftlich, widerrufen.
Ohne an dieser Stelle zu konkret in die medizinischen Behandlungsabläufe
einzugehen, deren Erläuterung verständlicherweise einem Arztgespräch
vorbehalten bleiben muss: Es ist rechtlich und ethisch zulässig,
bei Beachtung des Patientenwillens
- lebenserhaltende Maßnahmen zu unterlassen bzw. abzubrechen (sog. passive Sterbehilfe) oder aber
- durch eine medizinisch fachgerechte Schmerz- oder Symptombehandlung eine Lebensverkürzung des Patienten in Kauf zu nehmen (indirekte Sterbehilfe).
In diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, sich in einem Gespräch
mit dem Arzt über die palliativmedizinische, also schmerzlindernde,
Versorgung zu informieren.
- Eine fortgesetzte künstliche Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, maschinelle Beatmung, Dialyse oder zusätzliche Eingriffe beiEntzündungszuständen sind lebenserhaltende bzw. -verlängernde Maßnahmen. Sie können durch entsprechende, dokumentierte Willensäußerungen abgelehnt werden.
- Erst danach folgt im Regelfall das palliative ärztliche und pflegerische Versorgungsangebot, angefangen bei der fachgerechten
Pflege über menschenwürdige Unterbringung, Hilfe bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme bis hin zur Linderung von
Schmerzen und sonstiger belastender Symptome und schließlich ab Beginn der erkennbaren Sterbephase eine Hospiz- bzw. seelsorgerische Betreuung.
Auch eingesetzte Betreuungs- oder Vertrauenspersonen und amtlich
bestellte Betreuer sollten sich in dieser Hinsicht fundiert informieren.
Denn im Ernstfall, wenn also der Patient nicht mehr selbst dazu in der
Lage ist, treffen sie die geforderten Entscheidungen.
Patientenverfügungen haben also folgende wesentliche Ziele:
- die individuelle frühzeitige Festlegung medizinischer und begleitender Maßnahmen für den Fall der fehlenden Einwilligungsfähigkeit, Berücksichtigung von Wertvorstellungen, vor allem aber von
Hinweisen zur Einleitung, zum Umfang oder zur Beendigung bzw.
Ablehnung von Maßnahmen - auch durch entsprechend getroffene
Festlegungen gegenüber dem Behandlungsteam,
- die Möglichkeit, bestimmte Vorgaben für verschiedene persönliche Situationen zu machen, also für die Sterbephase oder den Fall einer unheilbaren Erkrankung,
- den Ausschluss schwerwiegender ärztlicher Eingriffe wie etwa künstlicher Beatmung, künstlicher Ernährung, Organtransplantation oder Dialyse,
- einen vertrauenswürdigen Ansprechpartner zu bestimmen, der durch entsprechende Bevollmächtigung im Einzelfall anstelle des
Patienten für die Behandlungsvorgänge sowie für die Auslegung von Patientenverfügungen zur Verfügung steht, ggf. notwendige
zusätzliche Einwilligungen erteilt oder den Behandlungsabbruch ergänzend befürworten kann. Durch die Bevollmächtigung besitzt die Vertrauensperson dann auch einen uneingeschränkten Auskunftsanspruch
gegenüber dem Arzt bzw. Pflegepersonal.