Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 werden in Deutschland private Kapitalerträge grundsätzlich aus der allgemeinen einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage ausgenommen und einem besonderen Proportionaltarif unterworfen. Verfahrenstechnisch flankiert wird diese Sonderbehandlung durch einen abgeltenden Quellensteuereinbehalt. Entgegen ursprünglich ambitionierteren Plänen war diese sog. "Abgeltungsteuer" vom Gesetzgeber nicht als systemkonformer Bestandteil einer grundlegenden Reform hin zu einer dualen Einkommensteuer konzipiert. Ihre Einführung war vielmehr wesentlich motiviert durch das Bestreben, der Hinterziehung von Einkommensteuer auf private Kapitalerträge in Gestalt der nicht deklarierten Auslandsanlage von Kapitalvermögen entgegenzuwirken. Joachim Englisch analysiert die verfassungsrechtliche Tragfähigkeit dieses und weiterer für die Abgeltungsteuer vorgebrachter Rechtfertigungsgründe. Er gelangt dabei zu der Erkenntnis, dass die Privilegierung der Kapitalerträge im Lichte der jüngeren, signifikanten Fortschritte beim internationalen Informationsaustausch zu privaten Finanzkonten nicht mehr haltbar ist.
Joachim Englisch Studium der Rechtswissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten in Saarbrücken, Salamanca (Spanien) und Köln; 1998 Erste juristische Staatsprüfung; zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter, danach wissenschaftlicher Assistent am Institut für Steuerrecht der Universität zu Köln; 2004 Promotion; 2007 Habilitation; 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Steuerrecht, Finanzrecht und Öffentliches Recht der Universität Augsburg; seit 2010 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Münster.