Tokyo nannte ihn heute seinen Gast, vibrierte gelassen in seinen düsteren Börsennachrichten, bot ihm seine weiche vorprogrammierte Freundlichkeit und Glückseligkeit des Moments. Diese bewusste Gegen wart war es, die ihn in Tokyo betörte, die letzten Male, jetzt wieder. Er war Teil, ging mit gut beweglichen Knien, die heute nicht schmerzten, mit den vielen anderen wieder über einen der Zebrastreifen und war im Einklang mit sich wie schon lange nicht mehr. Der nasse Asphalt spielte mit den Menschen und ihren Schritten ein Spiel, die Pfützen lockten, das sanfte Klatschen, das er mit seinen Schritten verursachte, gehörte ganz ihm, für eine, zwei Sekunden, dann überließ er dies wieder dem nächsten hinter ihm. Das Nachtdunkel war die Bühne aller farbigen Werbung rundum, sanfte Berieselung, keine Aggression um ihn. Er war Gast. Auffälliger Gast, in Ruhe gelassen von Tokyo, in den Fängen von Tokyo.
Zum dritten Mal passierte er einen der Zebrastreifen der Kreuzung. Nun war er wieder an seinem Ausgangspunkt. Es war Magie, der er gern nachgab. Er lauschte den Wortfetzen, gedehnte japanische Silben und beistimmende Lautmalereien. Er bedauerte es nicht, nicht alles zu verstehen. Morgen oder übermorgen würde das Bedauern da sein. Aber nicht an diesem ersten Abend, der ihm allein gehörte. [...]
Nach etwa einer halben Stunde Shibuya nahm er ein Taxi und ließ sich in den Stadtteil Asakusa fahren. Der Rummelplatz mit den Bahnen und den Buden war geschlossen, der Duft der Süßigkeiten lag noch in der Nachtluft. Er ging den verlassenen verbarrikadierten Buden entlang und suchte die eine Straße mit den Werkstätten, die ihm vor zwei Jahren bei einem Abendspaziergang in diesem Quartier so gefallen hatte. Es war still, kaum Autos, immer wieder ein Fahrrad, das langsam an ihm vorbeifuhr.