Die »Frau ohne Begräbnis«, das ist Zoulikha, die einst Wand an Wand mit Assia Djebars Familie wohnte. In aller Stille knüpfte sie unter den Frauen der Stadt ein Netz des Widerstands gegen die französische Herrschaft, floh 1957 in die Berge, wurde von der Kolonialarmee gefasst und verschwand spurlos.
Diese außergewöhnliche, freimütige, lebenslustige und gebildete Frau ist in ihrer sprühenden Lebenskraft gegenwärtig geblieben bei allen, die um sie waren. Ihre beiden Töchter, Madame Lionne, die Wahrsagerin, Nachbarinnen und Weggefährten lassen sie mit ihren Stimmen wieder aufleben, gewinnen dadurch selbst neue Kraft und treten aus dem Schatten. Und die Erzählerin selbst - sie findet endlich den Mut, sich dieser Gestalt zu nähern und den Raum ihrer Kindheit wieder zu entdecken.
Rezensionen / Stimmen
»Der Roman ist eine Empfehlung für alle, die sich auf einen Dialog mit Zoulikha einlassen wollen - mit einer starken Frau und einer Zeit, die viel von den Menschen verlangt hat - auf einen Dialog, der nahe geht.«
»Leicht, fast schwebend kommen die Worte daher, denen sich die algerische Schriftstellerin und Historikerin Assia Djebar bedient, um diese Geschichte zu erzählen - um so bestaunenswerter, als dass es sich um ein solch gewichtiges Thema handelt.«
»Assia Djebar bestätigt auch mit diesem Buch ihre Ausnahmestellung und ihr großes literarisches Können.«
»Ein Buch auf der Grenze zwischen Roman und Dokumentation, das eine hierzulande unbekannte Zeit näher bringt.«
»Die abenteuerliche Geschichte Zoulikhas verschmilzt mit der Kindheit ihrer Töchter, verbindet sich mit den Erinnerungen einer Wahrsagerin und Mitkämpferin, die mit Stolz über die gefährlichen Aktivitäten eines von Zoulikha ins Leben gerufenen geheimen Frauennetzwerkes erzählt. Dieses eindrucksvolle Tonstück schwebt über den historischen und politischen Ereignissen in Algerien. Wie in ihren anderen Büchern bettet die unbestechliche Chronistin ihres Landes individuelle Schicksale in die kollektive Geschichte ein, verflicht berichtende Überlieferungen mit Eindrücken aktuellen Geschehens.«
»Dies polyphone Werk ist nicht nur eine Hommage an Zoulikha, deren Schicksal exemplarisch für das vieler anderer vergessener Heldinnen des algerischen Befreiungskrieges steht, es erinnert auch an jene, die ihr selbstlos halfen und dadurch sich und ihre Angehörigen in Gefahr brachten. Imaginäre Gespräche oder fiktive Monologe mindern nicht den authentischen Charakter dieser Rettung verpflichtender Traditionen, lassen vielmehr die Figur Zoulikha hervortreten >als eine zentrale Gestalt eines breit angelegten Gemäldes von Frauen - nach dem Vorbild der antiken Mosaiken von Caesarea<.«
»Assia Djebar webt ein poetisches Netz aus den Wahrnehmungen von vier Frauen, die sich teils überlappen und widersprechen. Der Roman ist keineswegs bloße Nacherzählung der Tatsachen, sondern höchst komplex gebaut. Die wechselnden Zeuginnen kommunizieren - miteinander. Orientalische Erzählfreude mischt sich mit moderner Psychologie, Realismus mit Fantastik. Der Roman wurde von Beate Thill sehr einfühlsam aus dem Französischen übersetzt.«
»Ein atmosphärisch dichtes, intensives Buch zum Thema Befreiung der Frauen, Widerstand und Zivilcourage.«
»Voll Poesie und Rhythmus, eindringlich und kraftvoll, doch nicht zum schnellen Weglesen - ein intensives literarisches Werk.«
»Dieses verflochtene, mehrstimmige und nahezu distanzlose Erzählen nimmt den Schilderungen das Heldenhafte. >Frau ohne Begräbnis< ist ein Buch über Trauer. Und über Erinnerung. Abstand zum Heldenroman schafft Djebar auch mit einem Erzählen, das viel mehr nach innen schaut, als die äußere Welt realistisch abzubilden.«
Sprache
Verlagsort
Maße
Höhe: 19.5 cm
Breite: 12.5 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-293-00308-8 (9783293003088)
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Assia Djebar, geboren 1936 in Algerien, Schriftstellerin, Historikerin, Filmemacherin, ist die bedeutendste und international erfolgreichste Autorin des Maghreb; ihre Bücher sind in über fünfzehn Sprachen übersetzt. 2000 wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. Seit 2005 ist sie Mitglied der Académie française. Assia Djebar lebte in Paris und New York. Sie starb am 7.2.2015 in Paris.
Übersetzung
Beate Thill, geboren 1952, wuchs zweisprachig deutsch-französisch auf. Seit 1983 ist sie als freischaffende literarische Übersetzerin und Dolmetscherin bei Filmfestivals, Funk und Fernsehen tätig.