Der Mensch verwendet Tiere zu Versuchszwecken in der Forschung, darunter in der toxi-kologischen Sicherheitsprüfung. Ziel dieser Sicherheitsprüfung ist es, Stoffe auf ihre Un-bedenklichkeit für den Menschen, für Tiere und für die Umwelt zu prüfen. Dennoch sollen Tier-versuche in Deutschland auf das unerlässliche Maß beschränkt werden (§7 Tierschutzgesetz). Dieser Forderung kann durch den vermehrten Einsatz von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (Alternativmethoden) nachgekommen werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde daher mittels einer Literaturrecherche und qualitativer anonymisierter systematisierender leitfadengestützter Experteninterviews untersucht, welche Alternativmethoden zum Tierversuch in der regulatorischen toxikologischen Sicherheits-prüfung für Chemikalien, Human- und Tierarzneimittel sowie Kosmetika zur Verfügung stehen. Des Weiteren wurde ermittelt, wie der tatsächliche Einsatz dieser ist und welche Möglichkeiten es zur Steigerung der Implementierung gibt. Die für die Interviews ausgewählten Experten stammten aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, staatlichen Einrichtungen/Behörden und aus den Interessengemeinschaften.
Es zeigte sich, dass in fast allen Untersuchungsbereichen der toxikologischen Sicherheits-prüfung validierte Alternativmethoden zur Verfügung stehen, die den Tierversuch teilweise oder vollständig ersetzen können. Der Einsatz von Alternativmethoden wird von den Experten als wirtschaftlich und zeitsparend erachtet und daher ist das Bestreben groß, den Tierversuch, jedenfalls teilweise, zu ersetzen. Die öffentlich zugängliche Datenlage über den tatsächlichen Einsatz von Alternativmethoden ist jedoch sehr heterogen. So ist sie als zufriedenstellend im Bereich von Chemikalien zu bezeichnen, in den Bereichen Human- und Tierarzneimittel sowie Kosmetika liegen hingegen keine ausreichenden öffentlich zugänglichen Informationen vor.
Großes Entwicklungspotential zur Vermeidung von Tierversuchen wird in in silico Methoden und Strategien gesehen, die bestehende Daten von Tierversuchen mit in vitro, ex vivo und in silico Methoden kombinieren. Das Kernproblem ist die Übertragung der Ergebnisse der Alternativmethoden auf den Menschen. Es gibt verschiedee Ansätze, wie dem entgegen-gewirkt werden kann und so die Implementierung der Methoden gesteigert werden könnte. Sowohl die rechtliche Struktur als auch die Infrastruktur zur gesteigerten Implementierung sind in Deutschland vorhanden, sie müssten lediglich umfassender genutzt werden.
Einen bedeutenden Baustein hierbei repräsentiert das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R). Dieses hat verschiedene Aufgaben und Ziele, die zur Steigerung der Implementierung von Alternativmethoden beitragen können. Allerdings ergab sich unerwarteter Weise eine geringe Präsenz und ein geringes Wissen über dieses Zentrum bei den befragten Experten. Daher wäre eine zukünftige Stärkung des Bf3R im Bewusstsein aller beteiligten Akteure und die Integration eines nationalen Referenz-Validierungszentrums für Alternativmethoden in Deutschland wünschenswert. Nur durch vermehrtes Wissen über Alternativmethoden und die Erhöhung und Verbreitung validierter Alternativmethoden kann möglicherweise zukünftig ein Ausstiegsplan aus Tierversuchen in der regulatorischen toxikologischen Sicherheitsprüfung, ähnlich wie in den Niederlanden, entwickelt werden.
Die Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass die gegenwärtige Situation in vielen Bereichen noch nicht optimal und teilweise unbefriedigend ist. Allerdings werden vielfältige Lösungsansätze aufgezeigt, die es zukünftig umzusetzen gilt.
Reihe
Thesis
Dissertationsschrift
2021
Justus-Liebig-Universität Gießen
Sprache
Verlagsort
Produkt-Hinweis
Maße
Höhe: 21 cm
Breite: 14.8 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-8359-6954-4 (9783835969544)
Schweitzer Klassifikation