INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
1. Kapitel - ANATOLIEN & SYRIEN
Ich glaubte, in der Welt sei mir kein Freund geblieben
Die Schutzheiligen von Istanbul
Gott durchdringt die ganze Welt
Dichten auf Yunusisch
Der letzte Ahi
Sieh, das ist die Liebe
In Rumis Heimat
Rumi und das Gute in der Welt
Der Drehmoment des Derwischs
Erinnerung und Ekstase
Die Antwort, die du nicht erwartetest, wird dir gegeben
2. KAPITEL - PERSIEN
Der verborgene Schatz der Seele
Picknick bei Herrn Hafis
Steh' auf, wir wollen das Ordenskleid zur Schenke tragen
Eine Liebesbeziehung zu Gott
Hochzeit von Pir Schaliyar
Licht über Licht
Wer sucht ist das Gesuchte
Einsamkeit in der Menge
Vielgötterei
3. KAPITEL - SÜDASIEN
Warum suchst du, was du nicht weißt?
Die Leiter zum Paradies
Mit Krishna und Ali in die Ekstase
Gott in der Liebe erfahren - Vier Gedichte von Bullhe Shah
Pilgerfahrt nach Ajmer
Du bist ein verblüffendes Rätsel
Mystik im Tal der Unruhe
Friedensgebet
4. KAPITEL - AL-ANDALUS & MAROKKO
Höre, mein Geliebter!
Stätte des immerwährenden Gebets
Wie frische Luft und reiner Regen
Wanderung zu Al-Barnusi
Die Stadt der sieben Sufis
Ibn Arabi und der Geist von Al-Andalus
Und es gibt keinen Sieger außer Gott
SCHLUSSWORT
Über Selbsterkenntnis
TEXTNACHWEISE
QUELLENVERZEICHNIS
Die Fähre von Besiktas nach Üsküdar nimmt den kürzesten Weg über den Bosporus. Nach nur zehn Minuten betritt der Passagier asiatischen Boden. Der Ruf zum Nachmittagsgebet ertönt, zunächst aus der Mihrimah-Moschee - entworfen von Mimar Sinan, dem »Michelangelo der Osmanen« - und dann aus der Valide-Sultan-Moschee gut zweihundert Meter gegenüber. »Auf zum Gebet, auf zur Seligkeit!« - im wechselnden Ruf-und-Antwort-Spiel singen sich die Muezzine der zwei Prachtmoscheen die liturgischen Zeilen zu. Für ein paar Minuten legt sich der melodische Singsang des Ezan über das Verkehrsbrummen an der Uferpromenade. Dann stoßen die Gebetsrufer der kleineren Moscheen hinzu. Es sind vielleicht ein Dutzend Stimmen, aber so genau ist das nicht auszumachen. Der Ezan entfaltet sich in Üsküdar zu einer gewaltigen Kakophonie, eine Art sakrales Dolby-Surround-System. Auch wenn die Muezzine in der Regel nicht sichtbar sind, wird unter dem Eindruck ihrer virtuosen Stimmen in Istanbul tagein tagaus gearbeitet, eingekauft und Tee getrunken. Über die praktische Einteilung des Tages hinaus fungiert der Gebetsruf als Werkzeug der Erinnerung an Gott. Sufis pflegten in der Vergangenheit beim Ertönen des Ezan zu schweigen und ihre schweifenden Gedanken auf das Wesentliche zurückzuholen. Der Ruf holt das Spirituelle immer wieder hinein in den Moment und soll Bewusstsein in das bewusstlose eilige Treiben bringen, dem wir Menschen so schnell verfallen. Ein schön und hingebungsvoll vorgetragener Ezan bereitet den Gläubigen auf die Begegnung mit Gott vor, als welche das fünffache Ritualgebet des Tages gedacht ist. Fromme Muslime lassen dafür ihre Arbeit stehen und liegen, vollziehen die Waschung vor dem Gebet und kramen ihre Gebetsteppiche hervor. Üsküdars Teehäuser, der quirlige Basar und die vielen Moscheentürme verleihen dem Stadtteil ein Flair, das ganz anders wirkt als das Treiben im europäischen Besiktas. An der Hauptstraße bietet ein älterer Herr auf einem Wägelchen diverse Sorten Milchpudding feil. Daneben hocken Schuhputzer auf blechernen Kästen, in denen Bürsten, Creme und Schnürsenkel auf ihren Einsatz warten. So manch ein moderner Türke rümpft heute die Nase über diesen Bezirk im Herzen der asiatischen Stadtseite - er sei zAu konservativ und in der Vergangenheit stecken geblieben - doch wer sich auf die Suche nach den Überbleibseln des alten Istanbuls begeben will, der ist in Üsküdar genau richtig.