Der Ich-Erzähler, ein in Deutschland lebender alter Berber, den es in seiner Jugend vom Hohen Atlas in die Niederungen Badens verschlagen hatte, hat sich endlich nach so vielen Jahren dazu durchgerungen, einen Einbürgerungsantrag zu stellen.
Im Augenblick dieses schmerzlich empfundenen Identitätstransfers verwebt er sich in ein Netz von Gedanken und Erinnerungen an die verlorene Heimat, an die Studienzeit in Heidelberg und an seinen Werdegang in Deutschland im Schatten von Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus und mörderischen Anschlägen, aber auch im Licht der Studentenbewegung, der Willkommenskultur, der Lichterketten und der Solidarität vieler Menschen.
Somit entwirft er:
Ein recht persönliches west-östliches Panorama der Geschichte Deutschlands in der Nacht, angefangen mit dem Heidelberger Manifest und Solingen bis zu den Anschlägen von Halle und Hanau, das er ständig mit dem Land der Dichter und Denker als mit dem Anderen Deutschland konfrontiert.
Rezensionen / Stimmen
Von der ersten bis zur letzen Seite faszinierend - eine Meisterleistung der Ironie!
- Reinhard Knodt, Schriftsteller und Philosoph
Wenn ein aus Marokko stammender Germanist seinen Roman "Mein Westöstlicher Divan" betitelt, kündigt sich schon ein programmatisches Bekenntnis zu Brückenschlägen zwischen abend- und morgenländischer Kultur in der Nachfolge Goethes an.
Die Erlebnisse des jungen Ich-Erzählers in einem berberisch-arabisch-französischen Milieu sind der Auftakt für die Lehrjahre in einem multikulturellen Umfeld, in dem der Protagonist immer das Verbindende sucht und oft leidvoll das Gegenteil erfährt, die Unversöhnlichkeit, mit der die einen die anderen ausgrenzen. Das Erlernen fremder Sprachen wird für den Protagonisten zum Schlüssel für die Überwindung der kulturellen Grenzen. In Goethe, Hölderlin und Canetti entdeckt er bei seinem Heidelberger Studium Geistesverwandte. Umso größer ist die Enttäuschung in einer späteren Phase seines Lebens angesichts der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Traumatisiert von dem Mordanschlag auf eine türkische Familie in Solingen vollzieht sich eine allmähliche Abwendung von Deutschland.
Geschickt werden Rückblenden eines idyllischen Deutschlandbildes und romantische Erlebnisse in die Erzählung des durch Heidelberg flanierenden Erzählers eingebaut und mit den ernüchternden Beobachtungen der Gegenwart konfrontiert. Zunehmend verwischen die Grenzen zwischen Imagination und Wirklichkeit, Tagträume mit starken Bildern und einer selbständigen Dynamik ergreifen durch ihre mitreißende Intensität. Man ist versucht an Canettis "Blendung" zu denken. Hölderlins Hyperion bietet sich als Identifikationsfigur an und vor allem Goethe, der Weltbürger, der im "westöstlichen Divan" seine Nähe zum Orient offenbart. Er wird schließlich zum Rettungsanker. Aber auch Zitate aus dem Koran geben Orientierung.
Am Schluss ist es nicht verwunderlich, dass der nunmehr Geläuterte Deutschland den Rücken kehrt und den nächsten Flug nach Marokko nimmt.
- Johannes Balve
Sprache
Verlagsort
Produkt-Hinweis
Maße
Höhe: 21 cm
Breite: 12.5 cm
ISBN-13
978-3-96258-114-5 (9783962581145)
Schweitzer Klassifikation