PV-Anlagen: Einspeisekabel und Leitungen,
Dimensionierungsfehler und Belastungsgrad.
Fehler bei der Dimensionierung von Kabeln und Leitungen führen oftmals zu langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Auftraggebern und Errichtern sowie im Anschluss zu kostspieligen Nacharbeiten.
Bei der Sachverständigenprüfung von PV-Anlagen sind seit langer Zeit immer wieder fehlerhaft dimensionierte Einspeisekabel auffällig. Die typischen Fehler und insbesondere die korrekte Berücksichtigung
des Belastungsgrades sollen im Folgenden aufgezeigt und erläutert werden.
Praxisbeispiel:
Zum Anschluss einer PV-Anlage Baujahr 2012 auf einem Rinderstall wurden zwei Einspeisekabel zur Trafostation als NAYY-J 4 x 150 SE (Erdkabel mit sektorförmigem Aluminiumleiter) teilweise in Erdverlegung
geplant und verlegt. Von der Erdeinführung aus werden die Kabel in direkter Erdverlegung
(Verlegetiefe ca. 1,0 m) zur Trafostation (Bild 1) geführt. Diese wurde im Abstand von ca. 3 m neben dem Gebäude aufgestellt.
Die angeschlossene PV-Generatorleistung beträgt 314 kWp und die rechnerische Strombelastung je Ader (bei gleichmäßiger Stromaufteilung) 227 A.
Es wurde bei der Planung ein Belastungsgrad von 0,7 (EVU-Last) zugrunde gelegt.
Damit beträgt die zulässige Strombelastbarkeit gemäß VDE 0276-603 "Starkstromkabel - Teil 603: Energieverteilungskabel mit Nennspannung 0,6/1 kV" nach Tabelle 14 275 A.
Bei Anwendung der VDE 0298-4 "Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen - Teil 4: Empfohlene Werte für die Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen für feste
Verlegung in und an Gebäuden und von flexiblen Leitungen" nach Tabelle 4 in der Verlegeart "D" für Erdkabelverlegung beträgt die zulässige Strombelastbarkeit des Kabels jedoch 185 A. Hierbei wurde
eine direkte Verlegung im Sandbett mit dem Faktor 1,17 und ein Belastungsgrad von 1,0 zugrunde gelegt.
Die Kabel sind somit für die rechnerische Strombelastung zu gering dimensioniert.
Da es sich jedoch um ein Dach mit Ost-West-Ausrichtung handelt und die Module in einem flachen Winkel auf dem Dach installiert sind, kann die tatsächliche Strombelastung geringer sein. Die Leistungswerte
wurden daher über einen Zeitraum von 2 Jahren beobachtet.
Es konnte festgestellt werden, dass die tatsächlich auftretende Strombelastung im Beobachtungszeitraum nie über 171 A lag (Stundenmittelwert). Damit liegt die tatsächliche Belastung des Kabels im
zulässigen Bereich.
Kabeldimensionierung
Bei der Auswahl und Dimensionierung von Kabeln und Leitungen sind eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. So wird die fachgerechte Auswahl von Kabeln und Leitungen in der VDE 0100-520 "Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 5-52: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Kabelund
Leitungsanlagen" beschrieben. Hier ist u. a. festgelegt, dass sichergestellt sein muss, dass die zulässigen Temperaturen des Kabels im bestimmungsgemäßen Gebrauch und die Grenztemperatur im
Fehlerfall nicht überschritten werden.