INHALT
A EINLEITUNG UND ÜBERBLICK
1 EINFÜHRUNG
2 ZIELE DER REFORM
3 GESETZGEBUNGSVERFAHREN
4 WICHTIGE ÄNDERUNGEN DER REFORM IM ÜBERBLICK
4.1 Schnellüberblick
4.2 Beratung und Information der Versicherungsnehmer
4.2.1 Beratungspflichten des Versicherers
4.2.2 Informationspflichten des Versicherers
4.3 Einführung eines einheitlichen Widerrufsrechts
4.4 Aufgabe des Alles-oder-nichts-Prinzips
4.5 Änderungen bei vorvertraglichen Anzeigepflichten
4.6 Änderungen bei Form, Laufzeit und Prämie
4.6.1 Textform
4.6.2 Laufzeit und Sonderkündigungsrecht
4.6.3 Wegfall der Unteilbarkeit der Prämie
4.7 Verjährung; Wegfall der Klagefrist
4.7.1 Verjährung
4.7.2 Wegfall der Klagefrist
4.8 Direktanspruch in der Pflichtversicherung
4.9 Modernisierung der Lebensversicherung
4.9.1 Überschussbeteiligung
4.9.2 Modellrechnung
4.9.3 Rückkaufswert
4.9.3.1 Deckungskapital statt Zeitwert
4.9.3.2 Frühstorno
4.9.4 Transparenz bei Abschluss- und Vertriebskosten
4.9.4.1 In die Prämie einkalkulierte Kosten
4.9.4.2 Sonstige mögliche Kosten
4.9.4.3 Übergangsregelung
4.9.4.4 Betriebliche Altersversorgung
4.10 Inkrafttreten
B VORSCHRIFTEN FÜR ALLE VERSICHERUNGSZWEIGE
1 ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN
1.1 Vertragsinhalte
1.2 Zustandekommen des Versicherungsvertrages
1.3 Beratungspflichten
1.3.1 Anlassbezogene Befragungs- und Beratungspflicht § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F.
1.3.2 Anlassbezogene Befragungs- und Beratungspflicht nach Abschluss des Vertrages
1.3.3 Dokumentationspflicht § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 VVG n. F.
1.3.4 Verzicht
1.3.5 Schadensersatzpflicht
1.3.6 Ausnahmen
1.4 Informationspflichten
1.4.1 Inhalt der Information
1.4.2 Textform
1.4.3 Rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers
1.4.4 Verzicht
1.4.5 Rechtsfolgen der Verletzung der Informationspflicht
1.5 Umsetzung der Informationspflichten, Vertragsschlussmodelle
1.5.1 Antragsmodell nach altem Recht
1.5.2 Antragsmodell nach neuem Recht
1.5.3 Antragsmodell nach neuem Recht im Geschäftsverkehr mit Versicherungsmaklern
1.5.4 Policenmodell nach altem Recht
1.5.5 Verzichtslösung
1.5.6 Faktisches Policenmodell
1.5.7 Bedingtes Antragsmodell
1.5.8 Invitatiomodell
1.5.8.1 Ausdrückliche Annahme
1.5.8.2 Konkludente Annahme durch Überweisung oder Lastschrift
1.5.8.3 Annahmefiktion
1.5.8.4 Beginn des Widerrufsrechts
1.5.8.5 Abweichender Versicherungsschein
1.5.8.6 Vorvertragliche Anzeigepflicht
1.5.8.7 Resümee
1.6 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers
1.6.1 Frist und Form
1.6.2 Ausnahmen
1.6.3 Rechtsfolgen des Widerrufs (§ 9VVG n. F.)
1.7 Form
1.8 Vertragsbeginn und -ende
1.9 Verjährung
2 VORVERTRAGLICHE ANZEIGEPFLICHT
2.1 Inhalt der Anzeigepflicht
2.2 Rücktritt
2.2.1 Voraussetzungen
2.2.2 Ausschluss des Rücktrittsrechts
2.2.3 Ausübung und Rechtsfolgen des Rücktritts
2.2.4 Beweislast
2.2.5 Erlöschen des Rücktrittsrechts
2.3 Kündigung
2.3.1 Voraussetzungen
2.3.2 Ausschluss des Kündigungsrechts
2.3.3 Ausübung und Rechtsfolgen der Kündigung
2.3.4 Beweislast
2.3.5 Erlöschen des Kündigungsrechts
2.4 Vertragsanpassung § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG n. F.
2.4.1 Voraussetzungen
2.4.2 Ausschluss des Anpassungsrechts
2.4.3 Ausübung des Anpassungsrechts
2.4.4 Beweislast
2.4.5 Erlöschen des Anpassungsrechts
2.5 Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung
2.6 Übersicht: Rechtsfolgen bei Verletzung im Überblick
3 GEFAHRERHÖHUNG
3.1 Kündigung wegen Gefahrerhöhung
3.2 Prämienerhöhung wegen Gefahrerhöhung
3.3 Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung
4 VERTRAGLICHE OBLIEGENHEITEN
4.1 Kündigungsrecht des Versicherers
4.2 Leistungsfreiheit des Versicherers
5 PRÄMIE
5.1 Wegfall der Unteilbarkeit der Prämie
5.2 Fälligkeit der Prämie
5.3 Zahlungsverzug bei Erstprämie
5.4 Zahlungsverzug bei Folgeprämie
5.5 Prämienanpassung
6 FREMDE RECHNUNG
7 VORLÄUFIGE DECKUNG
7.1 Eigenständiger Versicherungsvertrag
7.2 Informationspflichten
7.3 AVB
7.4 Prämie
7.5 Beendigung der vorläufigen Deckung
8 LAUFENDE VERSICHERUNG
9 VERSICHERUNGSVERMITTLER
9.1 Versicherungsvermittler im VVG
9.2 Beratungsgrundlage des Versicherungsvermittlers und Mitteilungspflicht
9.2.1 Beratungsgrundlage des Versicherungsmaklers
9.2.2 Beratungsgrundlage des Versicherungsvertreters
9.3 Mitteilungspflicht zur Beratungsgrundlage
9.3.1 Inhalt der Mitteilungspflicht zur Beratungsgrundlage
9.3.2 Zeitpunkt der Mitteilungspflicht
9.3.3 Form der Mitteilung
9.3.4 Verzicht
9.3.5 Praktische Umsetzung
9.4 Vertragsspezifische Beratungs- und Dokumentationspflichten
9.4.1 Wünsche und Bedürfnisse des Kunden
9.4.2 Die anlassbezogene Fragepflicht
9.4.3 Die anlassbezogene Beratungspflicht
9.4.4 Notwendige Risikoanalyse
9.4.5 Umfassende Risikoanalysen
9.4.6 Rat und Begründung
9.4.7 Beratungsverzicht
9.4.8 Ausnahmefall Unternehmererklärung
9.4.9 Beratung am Telefon oder im Internet
9.4.10 Dokumentationspflichten
9.4.11 Struktur der Dokumentation
9.4.12 Form der Dokumentation
9.4.13 Zeitpunkt der Übermittlung der Dokumentation
9.4.14 Dokumentationsverzicht
9.5 Schadenersatzpflicht
9.5.1 Versicherungsmakler
9.5.2 Scheinmakler
9.5.3 Ausschließlichkeitsvertreter
9.5.4 Mehrfachvertreter
9.6 Ausnahmen
9.7 Vertretungsmacht
C VORSCHRIFTEN FÜR DIE SCHADENSVERSICHERUNG
1 ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN
1.1 Über- und Unterversicherung
1.2 Mehrfachversicherung
1.3 Fehlendes versichertes Interesse
1.4 Herbeiführung des Versicherungsfalls
1.5 Schadenabwehr- und Minderungspflicht
1.6 Aufwendungsersatz und Schadenermittlungskosten
1.7 Übergang von Ersatzansprüchen
2 SACHVERSICHERUNG
2.1 Versicherungswert
2.2 Versicherung für Inbegriff von Sachen
2.3 Erweiterter Aufwendungsersatz
2.4 Verzinsung der Entschädigung
2.5 Kündigung nach Versicherungsfall
2.6 Wiederherstellung und -beschaffung
2.7 Veräußerung der versicherten Sache
2.8 Zwangsversteigerung, Erwerb eines Nutzungsrechts
D EINZELNE VERSICHERUNGSZWEIGE
1 HAFTPFLICHTVERSICHERUNG, §§ 100 - 124 VVG N. F.
1.1 Allgemeine Vorschriften
1.1.1 Allgemeine Leistungspflichten des Haftpflichtversicherers
1.1.2 Betriebshaftpflichtversicherung
1.1.3 Rentenanspruch.
1.1.4 Fälligkeit
1.1.5 Mehrere Geschädigte
1.1.6 Insolvenz des VN
1.1.7 Verfügungen über den Freistellungsanspruch
1.2 Ausschluss und Obliegenheiten
1.3 Kündigungsrecht
1.4 Halbzwingendes Recht
1.5 Pflichtversicherung
1.5.1 Generelle Anforderungen an den Versicherungsschutz
1.5.2 Direktanspruch
1.5.3 Innenverhältnis der Gesamtschuldner
1.5.4 Außenverhältnis zum Dritten
1.5.5 Aufteilung der Versicherungssumme bei mehreren Anspruchsberechtigten
1.5.6 Obliegenheiten des Dritten
1.5.7 Rückgriff bei mehreren Versicherten
1.5.8 Rechtskrafterstreckung
1.5.9 Sonstiges
2 RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG, §§ 126 - 130 VVG N. F.
2.1 Gegenstand der Leistungspflicht des Versicherers
2.1.1 Leistung des Versicherers
2.1.2 Rechtsschutzbaustein und Schadenabwicklungsunternehmen
2.1.3 Freie Anwaltswahl
2.2 Gutachterverfahren
2.3 Halbzwingendes Recht
3 TRANSPORTVERSICHERUNG, §§ 130 - 141 VVG N. F.
3.1 Umfang der Versicherung
3.2 Obliegenheiten, Gefahränderung, Ausschlüsse
3.3 Aufwendungsersatz
3.4 Versicherungswert
3.5 Ausschlüsse
3.6 Veräußerung
3.7 Befreiung durch Zahlung der Versicherungssumme
4 GEBÄUDEFEUERVERSICHERUNG, §§ 142 - 149 VVG N. F.
4.1 Anzeige- und Informationspflichten des Versicherers
4.2 Kündigung durch VN
4.3 Übergang der Hypothek
4.4 Bestätigungs- und Auskunftspflicht des Versicherers
4.5 Änderung von Anschrift und Name des Hypotheken-gläubigers
4.6 Andere Grundpfandrechte/Eigentümergrundpfandrechte
5 LEBENSVERSICHERUNG, §§ 150 - 171 VVG N. F.
5.1 Grundlagen
5.2 Widerruf
5.3 Überschussbeteiligung
5.4 Kenntnis und Verhalten der versicherten Person
5.5 Altersangabe und Gefahränderung
5.6 Bezugsberechtigung
5.7 Selbsttötung und Tötung durch Leistungsberechtigte
5.8 Prämien- und Leistungsänderung, Bedingungsanpassung, prämienfreie Versicherung
5.9 Kündigung
5.10 Rückkaufswert
5.11 Sonstiges
6 BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG, §§ 172 - 177 VVG N. F.
6.1 Leistung des Versicherers
6.2 Anerkenntnis
6.3 Nachprüfung
6.4 Sonstiges
7 UNFALLVERSICHERUNG, §§ 178 - 191 VVG N. F.
7.1 Leistung des Versicherers
7.2 Leistungspflicht des Versicherers für den Fall der Invalidität
7.3 Anerkenntnis
7.4 Neubemessung der Invalidität
7.5 Sachverständigenverfahren, Schadensermittlungskosten
7.6 Pflichtversicherung
7.7 Sonstiges
8 KRANKENVERSICHERUNG, §§ 192 - 208 VVG N. F.
8.1 Vertragstypische Leistungen
8.2 Versicherte Person
8.3 Sonstige anzuwendende Vorschriften
8.4 Versicherungsdauer
8.5 Wartezeiten
8.6 Kindernachversicherung
8.7 Beihilfeempfänger
8.8 Bereicherungsverbot
8.9 Herbeiführung des Versicherungsfalls
8.10 Auskunftspflichten des Versicherers/ Schadensermittlungskosten
8.11 Prämien/Bedingungsanpassung und Tarifwechsel
8.12 Kündigung
8.13 Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses
8.14 Sonstiges
8.15 Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
8.15.1 Versicherungspflicht
8.15.2 Tarifwechsel
8.15.3 Kündigung durch Versicherungsnehmer
8.15.4 Kündigung durch Versicherer
9 SCHLUSSVORSCHRIFTEN
9.1 Rückversicherung/Seeversicherung
9.2 Großrisiken/laufende Versicherung
9.3 Pensionskassen, kleinere Versicherungsvereine, Versicherungen mit kleinen Beträgen
9.4 Fortsetzung der Lebensversicherung nach der Elternzeit
9.5 Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten bei Dritten
9.6 Schlichtungsstelle
9.7 Gerichtsstand
10 GELTUNGSBEREICH, INKRAFTTRETEN, ÜBERGANGSREGELUNGEN
10.1 Fortgeltung der bisherigen Vorschriften über den 1.1.2009 hinaus
10.2 Geltung des neuen VVG bereits ab dem 1.1.2008
10.3 Keine Geltung des neuen VVG
E AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS
1 VERSICHERUNGSMAKLER
1.1 Auswirkungen der VVG-Reform für die Beratungspraxis
1.2 Auswirkungen der VVG-Reform für die Vergütung
1.2.1 Relation der Kostensysteme
1.2.2 Erläuterung der Kostenpositionen in den Abschlusskosten
1.2.3 Kommunikation der eigenen Dienstleistung
1.3 Auswirkung der VVG-Reform für die Haftung
1.4 Fazit und Perspektive der Vermittlerart
2 VERTRETER (AUCH MEHRFACHVERTRETER)
2.1 Auswirkungen der VVG-Reform für die Beratungspraxis
2.2 Auswirkung der VVG-Reform für die Vergütung
2.2.1 Relation der Kostensysteme
2.2.2 Erläuterung der Kostenpositionen in den Abschlusskosten
2.2.3 Kommunikation der eigenen Dienstleistung
2.3 Auswirkungen der VVG-Reform auf die Haftung
2.4 Fazit und Perspektive
3 VERTRIEBE
4 BANKEN
5 VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN
6 VERBUNDSYSTEME
F ÄNDERUNGEN DES EGVVG
1 GRUNDSATZ
2 VOLLMACHT DES VERSICHERUNGSVERTRETERS/KRANKENVERSICHERUNG
3 VERJÄHRUNG
4 LEBENSVERSICHERUNG/BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG
5 RECHTE DER GLÄUBIGER VON GRUNDPFANDRECHTEN
6 VERSICHERUNGSVERHÄLTNISSE NACH § 190 VVG
G WEITERE ÄNDERUNGEN
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
1 DAS ÄNDERT SICH DURCH DAS NEUE VVG (AUSZÜGE)
2 VVG N. F.
3 VERORDNUNG ÜBER INFORMATIONSPFLICHTEN BEI VERSICHERUNGSVERTRÄGEN (VVGINFORMATIONSPFLICHTENVERORDNUNG - VVG-INFOV)
STICHWORTVERZEICHNIS
LESEPROBE AUS DEM KAPITEL B "VORSCHRIFTEN FÜR ALLE VERSICHERUNGSZWEIGE" (S. 34-36)
B VORSCHRIFTEN FÜR ALLE VERSICHERUNGSZWEIGE
1 ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN
1.2 ZUSTANDEKOMMEN DES VERSICHERUNGSVERTRAGES
Mit einem Versicherungsvertrag verpflichtet sich der Versicherer, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat (§ 1 Satz 1 VVG n. F.). Demgegenüber ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten (§ 1 Satz 2 VVG n. F.). Damit sind die wechselseitigen Hauptleistungspflichten in einem Versicherungsvertrag abschließend beschrieben.
Der Versicherer übernimmt demnach negative wirtschaftliche Folgen ungewisser Ereignisse im ursprünglichen Risikobereich des Versicherungsnehmers gegen Bezahlung einer fest vereinbarten Prämie (Risikotransfer gegen Entgelt). Die bisherige Unterscheidung zwischen Schadenversicherung und Personenversicherung wird dabei aufgegeben.
Wie bisher unterscheidet auch das VVG n. F. bei den Pflichten des Versicherungsnehmers zwischen echten Rechtspflichten (Prämienzahlung!) und vertraglichen und gesetzlichen Obliegenheiten (§§ 19 ff. VVG n. F.). Obliegenheiten sind im Unterschied zu echten Rechtspflichten nicht einklagbar; ihre Verletzung durch den Versicherungsnehmer führt daher nur zu Rücktritts-, Kündigungs- oder Anpassungsrechten.
1.3 BERATUNGSPFLICHTEN
In der bisherigen Fassung des VVG gab es keine Vorschriften, die den Versicherer selbst verpflichteten, den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages zu beraten. Allerdings hat die Rechtsprechung bisher schon eine Beratungspflicht des Versicherers nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen dann angenommen, wenn das Beratungsbedürfnis des Versicherungsnehmers für den Versicherer evident und die Beratung durch den Versicherer möglich und zumutbar war. Für Versicherungsvermittler gelten demgegenüber bereits seit dem 22. Mai 2007 umfassende eigenständige Beratungspflichten.
1.3.1 ANLASSBEZOGENE BEFRAGUNGS- UND BERATUNGSPFLICHT § 6 ABS. 1 SATZ 1 VVG N. F.
Mit dem VVG n. F. werden nun auch Versicherer zur anlassbezogenen Beratung der Versicherungsnehmer und zur Dokumentation verpflichtet:
Gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F. ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer - soweit aufgrund der konkreten Umstände für den Versicherer ein erkennbarer Anlass dazu besteht - nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, ihn zu beraten und die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben.
Bei der Erfassung der Wünsche und Bedürfnisse des Kunden geht es darum, die meist laienhafte Vorstellungswelt des Kunden zu einer am tatsächlichen Versicherungsbedarf des Kunden ausgerichteten und möglichen Versicherungsschutzlösung in Beziehung zu setzen. Die Wünsche des Kunden sind seine subjektiven Vorstellungen, die er in das Beratungsgespräch mitbringt. Sie können je nach Vorkenntnissen und intellektueller Struktur des Kunden laienhaft und sehr allgemein gehalten sein und sich noch gar nicht oder erst wenig auf den Abschluss eines bestimmten Versicherungsvertrages konkretisiert haben. Die Befragung des Kunden nach seinen Wünschen bildet den Einstieg in den Beratungsprozess. Im Ergebnis kommt es darauf an, die vom Kunden laienhaft geäußerten Wünsche in eine bedarfsgerechte Versicherungsschutzlösung zu überführen.
Der Versicherer schuldet keine umfassende Befragung (Haushaltsanalyse). Vielmehr bestimmen sich Art, Umfang und Intensität der Befragungspflicht nach dem vom Kunden gesetzten Anlass.
BEISPIEL
Kunde wendet sich an den Versicherer mit der Bitte um ein Angebot für eine private Haftpflichtversicherung. Verbraucherschützer haben im Gesetzgebungsverfahren gefordert, in solchen Fällen müsse der Versicherer bei Verbrauchern eine komplette Haushaltsanalyse durchführen. Das hat der Gesetzgeber zu Recht nicht aufgegriffen.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob und ggfs. in welchem Umfang Anlass für eine Befragung besteht, sind die
- Komplexität des Produkts (Schwierigkeit, die angebotenen Versicherung zu beurteilen)
- die Person
- die Situation des Versicherungsnehmers (Risikoumfeld).
Der Versicherer soll in die Lage versetzt werden, sich die für eine bedarfsgerechte Beratung notwendigen Auskünfte zu erschaffen. Insbesondere wenn der Kunde keine hinreichenden Angaben zu seinen Wünschen und zu seinem Bedarf macht, ist der Versicherer gefordert nachzufragen.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F. enthält neben der Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, auch die Verpflichtung, den Versicherungsnehmer zu beraten. Auch Inhalt und Umfang der Beratungspflicht richten sich nach dem vom Kunden gesetzten Anlass. Im Unterschied zur Befragung kann aber bei der Bemessung von Art und Umfang der Beratung ein "angemessenes Verhältnis zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie" berücksichtigt werden. Dahinter steht die Überlegung, dass eine geringe Prämienhöhe in der Regel ein wenig komplexes Standardprodukt indiziert, das keine umfängliche Beratung erfordert. Da die sonstigen Kriterien "Komplexität" und "Risikoumfeld" durch das Kriterium der "Angemessenheit" aber nicht eingeschränkt werden, kann es dennoch sein, dass bei Versicherungen mit niedrigen Prämien zum Beispiel wegen der Komplexität des Produktes ein erhöhter Beratungsaufwand erforderlich wird.
HINWEIS
In der Praxis wird unter Beratungsanlass häufig nur eine spartenbezogene Beratung im Unterschied zur Rundumberatung (Haushaltsanalyse, Gewerbeanalyse) verstanden. Das ist zu kurz gegriffen, da auch bei der spartenbezogenen Beratung (z. B. Hausratversicherung) je nach Person oder Situation des Kunden oder Schwierigkeit der Versicherung die Befragung und Beratung den jeweiligen konkreten Umständen anzupassen ist.