"Der religiöse Sozialismus Eckert'scher Prägung" hat in einer Kirche "reformatorischen keinen Platz. So hieß es apodiktisch im Vorfeld des Deutschen Evangelisches Kirchentages 1930 in Nürnberg und Augsburg über den Mannheimer Stadtpfarrer Erwin Eckert (1893-1972) und Bundesvorsitzenden der Religiösen Sozialisten Deutschlands (1926-1931). Pfarrer Eckert sei nichts anderes als eine "schlechte Neuauflage" der "sozialistisch-kommunistischen Bewegung des 16. Jahrhunderts." Die im Bauernkrieg hochgekommene "religiöse Schwarmgeisterei Müntzerischer und münsterischer Art" beruft sich zwar auf das Evangelium, ist aber "von der Reformation jeder Richtung ausgeschieden" worden. Die "durch und durch pseudochristliche und pseudoevangelische Bewegung" mit ihren "tollen Propheten" Eckert und Kappes ist "ausdrücklich aus der Kirche des Evangeliums verwiesen" worden. Bei Eckert handelt es sich um "Schwarmgeisterei gefährlichster Art". Die Badische Kirche wird aufgefordert, sich dieses "Advokaten des Teufels" zu entledigen. Nach einer Reihe zahlreicher dienstrechtlicher Maßregelungen war es dann soweit. Unter dem Vorwand, Mitglied der Kommunistischen Partei zu sein, wurde Eckert am 11. Dezember 1931 Eckert fristlos und unehrenhaft dienstentlassen.
Gegen diesen Bannstrahl der Ketzerei steht das Diktum des Philosophen Hans Heinz Holz: "Der gläubige Christ verletzt seinen Glauben nicht in der Gemeinschaft mit den Gottlosen, er bewährt ihn vielmehr. Das leuchtet ein und darum hat keine kirchliche Institution aus religiösen und theologischen Gründen das Recht, einen gläubigen Menschen, der sich auf solche Bewährung einlässt, aus sich auszuschließen. Als Eckert von seiner Kirche gemaßregelt und aus dem Amt gejagt wurde, hat diese die Grundlagen verleugnet, auf denen sie beruht und in denen allein ihr institutionelles Dasein verankert ist. Die Kirche war nicht mehr die des reformatorischen Bekenntnisses, und Eckert musste sie in Konsequenz seines Glaubens verlassen. Denn weil die Kirche in seinem Verständnis 'nicht Selbstzweck', sondern 'Instrument des heilbringenden göttlichen Veränderungs willens' (Gert Wendelborn) und 'kein Verein wie tausend andere' war, hat sie sich aufgegeben, sobald sie 'Aufgaben und Spannungen des wirklichen Lebens verständnislos' (Erwin Eckert) gegenübersteht." Diese anlässlich von Eckerts 100. Geburtstag im Jahre 1993 aus marxistischer Sicht formulierten und leider zu Eckerts Lebzeiten nicht öffentlich ausgesprochenen Einsichten haben nichts von ihrer Überzeugungskraft verloren.
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Zielgruppe
Für Interessenten am Leben eines Evangelischen Pfarrers, der als engagierter Antifaschist und Kommunist wirkte, und dafür von seiner Kirche mit Berufsverbot belegt wurde
Maße
Höhe: 19 cm
Breite: 13 cm
Dicke: 0.8 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-86465-202-8 (9783864652028)
Schweitzer Klassifikation
Inhalt
Einleitung 7
Thomas Müntzer in der Geschichtsschreibung 10
Revolutionärer Glaube im Vergleich - Müntzer und Eckert 15
Martin Luther und Thomas Müntzer 17
Religiöse Sozialisten in bewusster Nachfolge von Thomas Müntzer 27
Erwin Eckert - Theologe der Revolution des 20. Jahrhunderts 44
Müntzer und Eckert - Advokaten des eingreifenden Denkens 63
Ankläger und Reformer ihrer Zeit 69
Die egalitäre Botschaft des christlichen Glaubens 70
Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun 79
Eckert im Urteil seiner Mitstreiter 80
Eckert auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 1930 in Nürnberg 83
Der Antifaschismus Erwin Eckerts 95
Erwin Eckert - ein Fall des deutschen Protestantismus 96
Zuspitzung der Klassengegensätze und der Bund der Religiösen Sozialisten 98
Warum Eckert am 3. Oktober 1931 in die KPD eintrat 105
Eckert lässt sich nicht unterkriegen 116
Einsatz für den Frieden 125
Epilog 128
Ein weiter Weg 131
Anhang: Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann 133
Personenregister 135
Über den Autor 141