Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
»Und? Kann man vom Gehalt eines Fotografen leben?«, fragte Lukas. Er stand neben seinem Kumpel Max, der vor einer Weile im Fotostudio angefangen hatte zu arbeiten.
Max presste die Lippen zusammen. »Schwer, aber man kann sich natürlich noch nebenher etwas verdienen.«
»Das heißt, du hast noch einen anderen Job?«
»Nee, manchmal nehme ich neben den Aufträgen, die mir mein Chef vermittelt, noch weitere an.«
»Und damit lässt sich gut verdienen?«
»Ja. Von den Extra-Aufträgen erfährt er nämlich gar nicht. Ich erhalte das Geld meistens in bar.«
»Nicht schlecht.«
»Hättest du da auch Interesse dran?«
»Klar. Geld stinkt nicht. Und irgendwie muss ich ja mein Studium finanzieren.«
»Also einen Auftrag habe ich gerade laufen. Die Fotos müssen aber bis heute Abend gemacht sein. Hast du Lust?«
»Klar. Was gibt es zu verdienen?«
»300 Euro.«
»Was? 300? Wow, um was geht es denn?«
»Fotos von Babys und kleinen Kindern.«
»Und weshalb machst du die nicht selbst?«
»Weil meine Mutter heute Nachmittag Geburtstag feiert und ich noch ein Geschenk kaufen muss. Und morgen fliege ich schon in den Urlaub nach Laos. Du kannst mir glauben, dass ich die Kohle im Augenblick selbst gut gebrauchen könnte.«
»Soll ich zu dem Kunden nach Hause oder kommt der für die Fotos heimlich ins Studio?«
»Nee, viel besser«, grinste Max. »Du musst nur ein paar Kinder fotografieren und mir heute Abend den Chip mit den Fotos geben.«
»Kinder?«
»Ja, Babys und Kleinkinder.«
»Und wie viele Babys soll ich fotografieren?«
»Vereinbart sind zehn Kinder: fünf im Alter unter einem Jahr, fünf im Alter zwischen zwei und drei Jahren.«
»Und wo soll ich die fotografieren? «
»Lass dir was einfallen. Am einfachsten wird es im Krankenhaus und auf Spielplätzen sein.«
»Und was will der Kunde damit?«
Max zuckte kurz mit den Schultern. »Ich glaube, er arbeitet in der Werbebranche und will Werbung für Babynahrung und Kinderjoghurts machen.«
»Und weshalb macht er kein Casting?«
»Weil er will, dass die Kinder auf den Fotos natürlich wirken. Und offenbar hat er keinen Bock auf nervige Eltern, die ihre Kinder unbedingt in der Werbeindustrie beschäftigen wollen.«
»Aber was ist mit den Kontaktdaten der Leute oder will er die Fotos ohne Zustimmung der Eltern nutzen?«
»Nein, natürlich nicht, das ist dann dein Job. Du musst die Anschriften herausfinden und auf eine Liste schreiben. Für 300 Euro bar auf die Kralle muss man schon was tun.«
Lukas runzelte die Stirn. »Ganz seriös erscheint mir das nicht.«
»Ich denke, dass die Fotos für den natürlichen Ausdruck zwar heimlich gemacht werden sollen, die Eltern dann aber im Nachhinein mit diesen Fotos überzeugt werden sollen, ihre Einwilligung zu geben.
Daher benötigt er noch die Adressen der Kinder.«
»Ein bisschen merkwürdig ist das aber schon.«
»Findest du? Ich fand es eher merkwürdig, dass er mir seinen Namen nicht nennen wollte.«
»Stimmt. Das ist echt eigenartig. Vielleicht hat er Angst, dass wir zur Konkurrenz gehen und dort sein Vorhaben verraten.«
Max nickte. »Klar, das ist natürlich möglich. Übernimmst du?«
Lukas überlegte kurz. »Interesse habe ich schon. Und Zeit hätte ich auch. Das Geld kann ich gut gebrauchen.«
»Es ist egal, ob du blonde oder dunkelhaarige Kinder fotografierst, aber möglichst solche, die keine auffälligen Merkmale haben, also keine Narben oder große Nasen oder.«
Lukas nickte. »In der Werbung gibt es leider immer nur hübsche Menschen.«
Max nickte. »Dann hast du das Prinzip ja verstanden. Du solltest dich bloß nicht beim Fotografieren erwischen lassen, sonst schmeißen die dich im Krankenhaus raus.«
»Na, du bist gut. Und was soll ich sagen, was ich da mache?«
»Du willst doch mal ein erfolgreicher Fotograf werden. Und für 300 Euro kann man sich schon mal was einfallen lassen.«
»Mmh.«
»Gute Fotos kannst du auch auf Spielplätzen machen. Du brauchst den Kindern später nur hinterher zu gehen und gucken, wo die wohnen. Wenn die Kinder bei einer Tagesmutter sind, reicht deren Adresse auch. Falls du angesprochen wirst, pass nur auf, dass du unter keinen Umständen den Namen unseres Fotostudios nennst.
Sonst kannst du dein Praktikum bei uns vergessen.«
»Klar. Bin ja nicht blöd«, sagte Lukas. »Mir ist die Sache aber nicht geheuer. Das ist alles zu merkwürdig.«
»Du mit deinem ständigen Misstrauen. Aber das braucht man wohl als Detektiv.«
»Wir haben bei unseren bisherigen als Göttinger Sieben geklärten 13 Fällen schon so manche unangenehme Erfahrung gemacht.«
»Du musst die Fotos ja nicht machen. Für 300 Euro finde ich schon noch jemanden.«
»Also ich weiß nicht.«
»Ich dachte, du kannst das Geld gebrauchen.« Max verzog genervt den Mund und machte eine Schnute. »Ich kann den Kunden ja verstehen. Er will die Fotos von unbeschwert spielenden Kindern, die bisher keine Erfahrung in der Werbebranche gemacht haben. Die sollen ja für natürliche Produkte Werbung machen.«
Lukas kratzte sich nachdenklich am Kinn: »Hast du noch einen anderen Auftrag?«
»Nee. Im Augenblick nicht. Und? Was ist jetzt?«
»Das ist dann wohl eher ein Job für einen echten Detektiv.«
»Was soll das denn schon wieder heißen?«
»Machst du es nun oder nicht?«
Lukas biss sich leicht auf die Unterlippe und presste sie gegen die Oberlippe. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass er ernsthaft überlegte und ziemlich unschlüssig war. »300 Euro an einem Tag für ein paar Fotos ist schon echt viel Zaster!«
»Ja, also machst du es?«
»Okay, für 300 Euro mache ich es.«
»Na dann los«, sagte Max erleichtert. »Fang mit den Babys im Uniklinikum an.«
»Was soll ich genau machen?«
»Einfach alle heimlich fotografieren, ohne dass es die Mütter und die Krankenschwestern merken.«
»Okay. Ich probiere es.«
»An den kleinen Bettchen der Kinder stehen deren Namen. Außerdem haben die Säuglinge ein Band um dem Arm. Dort steht ebenfalls ihr Name drauf. Versuch anschließend irgendwie deren Adresse herauszufinden. Dir fällt schon was ein.«
»Gut, das mache ich.«
»Okay. Dann bis später. Ich melde mich.«
Drei Stunden später lungerte Lukas ungeduldig auf einer Bank auf den Schillerwiesen herum, einem der Göttinger Stadtparks. Er war froh, dass er auf der Säuglingsstation der Klinik ungeschoren davongekommen war. Er hatte sich als junger Verwandter ausgegeben und gesagt, dass er seinen gerade geborenen Neffen besuchen wolle.
Schnell war er auf die Station gegangen, hatte sich einen Mundschutz umgelegt und seine Kamera gezückt. Auf der einen Seite wollte er die neugeborenen Babys nicht mit Viren anstecken, auf der anderen Seite fühlte er sich vor den Blicken der Hebammen und Krankenschwestern so etwas stärker geschützt. Acht Minuten später war er wieder draußen gewesen. Nun beobachtete er einen Spielplatz. Genauer gesagt beobachtete er die Kinder, die darauf spielten. Einige Fotos hatte er bereits gemacht. Anschließend war er den Kindern mit ihren Eltern oder Tagesmüttern unauffällig gefolgt, um deren Adressen aufzuschreiben. Dann war er auf den Spielplatz zurückgekehrt. Das alles war nicht ganz so einfach gewesen, denn er ahnte, dass die meisten Eltern nicht wollten, dass ein Fremder ihre Kinder fotografierte. Die Alternative, sich als Kunststudent auszugeben und um Erlaubnis zu fragen, Fotos machen zu dürfen, schloss er nach dem Gespräch mit Max aus. Da er aber möglichst viele Fotos machen wollte, um anschließend die besten aussuchen zu können, entschied er sich dafür, aus der Deckung zu agieren.
Nach zwei Stunden hatte er genug. Er hätte sich etwas zu Essen mitbringen sollen, dachte er. Zumindest eine Flasche Wasser. Er hatte permanent das Gefühl, dass einige Eltern auf ihn aufmerksam geworden waren, obwohl er sich regelmäßig das Handy ans Ohr hielt und so tat, als würde er telefonieren. Außerdem legte er sich eine Ausrede zurecht, sollte ihn jemand beim unerlaubten Fotografieren erwischen. Immer wieder nahm er seine Kamera hoch und tat so, als ob er sich Fotos anschauen würde. In der Zeit knipste er heimlich und besah sich anschließend die Bilder auf dem Display. Nach einer Weile begann es ihm Spaß zu machen, denn er hielt es für eine...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.