Der Eigenwert des Verfassungsrechts

Das Verfassungsrecht sieht sich gegenwaertig mit einer doppelten Entwicklung konfrontiert, die seine traditionelle Form herausfordert: Einerseits provoziert der Vorgang der Globalisierung die Frage, ob die Verfassung nicht ein auf den Nationalstaat fixiertes Konzept darstellt, das sich unter den Bedingungen der entstehenden Weltgesellschaft nicht mehr halten laesst. Andererseits wird die tradierte Funktion des Verfassungsmodells als Garant politischer Einheit auf der nationalen Ebene prekaer. Als Reaktion auf eine weiterhin zunehmende Ausdifferenzierung und Verselbstaendigung gesellschaftlicher Teilbereiche formieren sich "Teilverfassungen", die fuer ihre jeweiligen Sektoren einen vergleichbaren Regelungsanspruch erheben wie das klassische Verfassungsmodell fuer die Ebene des Gesamtstaats. Vor diesem Hintergrund antworten die Beitraege des vorliegenden Bandes sowohl in grundsaetzlicher Perspektive wie in sektorspezifischen Analysen auf die Frage, worin angesichts dieser doppelten Herausforderung noch der aktuelle "Eigenwert" des Verfassungsrechts gesehen werden kann und welche Modifikationen des klassischen Verstaendnisses unter den veraenderten Bedingungen der gegenwaertigen Gesellschaft moeglicherweise erforderlich sind.