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Töpferin Maike kämpft um ihre Existenz und ihr Elternhaus in Timmendorfer Strand
Maike liebt ihr kleines, von Rosen umranktes Elternhaus in Timmendorfer Strand. Und obwohl es komisch klingt, fühlt sie, dass auch das Haus sie liebt. Seit ihrer Trennung lebt sie dort allein in einer idyllischen Sackgasse. Nicht ganz allein, denn mit ihren Nachbarn bildet sie eine verschworene Gemeinschaft. Bis ein Immobilienmakler ein Auge auf ihr Häuschen wirft - ihm ist jedes Mittel recht, um sein Ziel zu erreichen. Und er scheint zu wissen, dass Maike als Töpferin kaum Einnahmen hat.
Wie aus einem vermeintlichen Unglück Glück entstehen kann, erzählt niemand besser als Gaby Hauptmann!
Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Die Liebe zum Wasser trieb sie auch immer wieder an die deutschen Küsten, nicht zuletzt nach Timmendorf, in das sie sich schon vor langer Zeit verliebte. Ihr neuer Roman "Das Glück braucht ein Zuhause" erzählt sie davon, wie ein altes Haus das Glück einer Familie bewahren kann.
Sorgfältig verpackt legte Maike ihre drei Teller am nächsten Morgen in den Einkaufskorb ihres Fahrrads. Seit ihrer Trennung von Christian hatte sie kein Auto mehr, aber es hatte ihr in den fünf Jahren seither auch nie gefehlt. Hier in der Gegend ließ sich viel mit dem Fahrrad erledigen, und zudem gab es ja Bus und Bahn. Und wenn es wirklich mal klemmte, sprang Jupp ein, Regines Mann. Oder sonst ein Nachbar. Das war das Gute hier in der Straße, man war nie wirklich allein.
Und da der Himmel heute nicht so richtig wusste, was er eigentlich wollte, legte sie noch eine Regenjacke in den Korb. Und auf dem Rückweg würde sie sich leckere Croissants für ein spätes Frühstück kaufen, alles andere würde man sehen. Den Gedanken an Christian verbot sie sich. Sie freute sich nun einfach auf das nächste Wochenende, basta!
Etwa zwei Kilometer waren es bis zu Anja, und sie genoss die Fahrt, die Körperlichkeit, wenn sich ihre Beinmuskeln anspannten, das Gefühl, ewig weiterradeln zu können, ohne jemals zu ermüden. Mit ihren 47 Jahren fand sie sich ziemlich gut trainiert. Und eigentlich auch hübsch, wenngleich Christian das wohl nicht mehr so empfand. »Such dir halt einen anderen«, hatte ihre Nachbarin Frauke gleich gesagt. Aber ging das so einfach? Und wollte sie das überhaupt? Eigentlich, fand sie, hatte sie von Männern die Nase voll. Waren sie nicht alle gleich? Stieg ihr Hormonpegel, wurde der Blick getrübt.
Aber bei uns doch auch, hatte Frauke grinsend eingeworfen.
Gut, Frauke lebte schon ewig allein. Wahrscheinlich nahm sie sich, was sie wollte, wenn keiner hinsah. Aber das konnte ihr egal sein. Frauke war ein Pfundskerl, ein weiblicher Pfundskerl, für den Begriff gab es wohl gendermäßig noch kein Pendant . Darüber musste sie lächeln und war durch ihre Gedankenspiele schneller auf der Kurpromenade als gedacht. Und es war auch weniger los als gedacht. Nicht gut. Am liebsten war ihr, wenn hier alles überfüllt war und die Touristen von Geschäft zu Geschäft bummelten und ordentlich Geld liegen ließen. Und zwar am liebsten in Anjas Laden, natürlich.
Aber die paar Leute . und einige bereits mit Regenschirm unter dem Arm, die würden sich bald in ein Restaurant verkriechen oder vielleicht ins Sealife, dort wurden nur die vielen Fische um einen herum nass.
Auch Anjas Laden war leer, sie war in dem rückwärtigen, kleinen Büro und kochte sich gerade einen Tee. Maike passte das gut, dann war sie relaxed.
»Moin«, Anja schenkte ihr ein Lächeln, »magst du auch einen Tee? Neue Entdeckung, griechischer Bergtee - von ganz weit oben, handgepflückt. Soll sich positiv auf die Gehirnwindungen auswirken.«
»Ja, gern«, Maike stellte das Papppaket auf den kleinen Holztisch, »magst du mal sehen? Neue Kreation.«
»Ja, klar, immer.«
Anja war die typische Großstädterin, die sich ihren Traum vom Landleben erfüllt hatte. Nachdem ihre beiden Kinder ausgezogen waren, hatte sie ihren Mann vor die Wahl gestellt - entweder beide ans Meer oder Fernbeziehung. Er war kein Selbstversorger und ohnehin, da zwanzig Jahre älter, Rentner, und willigte ein. So hatten sie vor drei Jahren eine Wohnung in Hemmelsdorf gefunden und Anja durch den Tipp ihres neuen Vermieters auch noch den kleinen Laden, bevor die Neuvermietung groß in der Zeitung gestanden oder bei einem Makler entsprechend mehr Geld gekostet hätte. Ein Glücksfall, hatte sie damals Maike verraten, die schon die Vorbesitzerin beliefert hatte. Und Maike freute sich genauso, denn es hätte ja auch ein Schuhgeschäft daraus werden können, oder sonst etwas. So aber blieb der Laden, was er immer schon gewesen war, nur dass an der Tür der Name der Inhaberin ausgewechselt wurde.
Während Anja eine zweite Tasse hinstellte und langsam heißes Wasser durch das Teesieb in die bauchige Teekanne goss, wickelte Maike ihre Teller aus und hielt unwillkürlich den Atem an, als sie sie sorgsam nebeneinander auf den Tisch stellte, genau unter das kleine Fenster, damit das hereinfallende Tageslicht die Pastelltöne richtig zur Geltung bringen konnte. Und ja, fand Maike, sie sahen einfach großartig aus.
Anja hantierte noch immer mit dem Tee, reichte Maike schließlich eine der Tassen und umfasste ihre eigene mit beiden Händen. Dann stellte sie sich neben Maike und sah auf die Teller.
»Hübsch!«, sagte sie. »Ja, sie sind wirklich schön, Maike.«
Maike spürte ihr Herz freudig höherschlagen, doch Anja redete weiter. »Nur schade, dass bei mir so etwas nicht läuft. Die Leute wollen kein vollständiges Service kaufen und auch keine einzelnen Teller, sie haben die Schränke voll. Sie wollen ein kleines Erinnerungsstück oder ihren Freunden einfach zeigen, wo sie waren, und das machen sie mit einem kleinen Mitbringsel.« Sie nahm einen Schluck und sah Maike an. »Du weißt schon, Maike, deine Tassen mit den Wellen oder den Möwen, dem Leuchtturm oder dem Strandkorb und dem Satz Gruß aus Timmendorfer Strand. Das zeigt, wo man war, das ist nicht allzu teuer und trotzdem ein Unikat.« Sie zuckte die Achseln. »Gestern habe ich zehn deiner Tassen verkauft. Aber keine einzige von deinen schönen Vasen, die ganze Woche nicht. Vielleicht solltest du auf die auch einen Timmendorfer-Strand-Gruß schreiben, aber ja, ich weiß, das verschandelt sie. Wäre aber verkaufsfördernd.«
Maike holte tief Luft. Tassen. Es war einfach frustrierend. Sie konnte so viel mehr, als nur Tassen töpfern. Immer nur Tassen. Aber was nützte es, wenn ihre Kunst kein Geld einbrachte? Gar nichts.
»Schade«, sagte sie nur und packte ihre Teller wieder ein.
»Sei nicht traurig!« Anja legte ihre Hand auf Maikes Arm. »Hier ist halt kein Markt für kleine Kunstwerke. Vielleicht in einem anderen Geschäft . oder irgendwo in einer Galerie .« Sie ließ den Satz in der Luft hängen, weil beide wussten, dass es schwierig war. »Möbelhäuser haben auch oft besondere Accessoires neben ihren Ausstellungsstücken stehen«, fügte sie noch ohne echte Überzeugung hinzu.
Maike nickte. Draußen klingelte die Eingangstür, und sie fühlten sich beide erlöst. Anja ging voraus, Maike packte ihre Teller sorgfältig ein und überwand sich dazu, fröhlich durch den Verkaufsraum zu gehen.
»Da kommt gerade die Künstlerin«, hörte sie Anjas Stimme, und tatsächlich, ein älteres Ehepaar drehte sich nach ihr um, beide hielten eine ihrer Tassen in der Hand.
»Oh, wie schön«, sagte die weißhaarige Frau und lächelte ihr zu. »Ich habe gerade zu meinem Mann gesagt, bei fünf Enkeln nehmen wir natürlich fünf Tassen.« Sie zwinkerte. »Das gibt dann doch bestimmt Mengenrabatt?«
»Nein, leider«, sagte Maike, bevor Anja reagieren konnte, »ich bin Witwe und habe drei Kinder zu ernähren, wir sind von dem Verkauf abhängig.«
»Oh!« Der Mund der Frau blieb offen. »Aber wenn das so ist, Werner, dann nehmen wir doch noch zwei mehr. Unter Frauen muss man solidarisch sein.«
»Ich bin keine Frau«, murrte Werner.
Maike wartete nicht ab, sondern verabschiedete sich mit einer schnellen Geste, sah von draußen aber dann doch durch die Fensterscheibe, wie Anja sieben Tassen auf den Ladentisch stellte und Werner seinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche zog.
Trotz ihrer Traurigkeit im Herzen brachte sie das zum Lächeln. Sieben und zehn Tassen hatte Anja verkauft, fünfzehn Euro die Tasse, 3 Euro für Anja, 12 für sie, das machte dann doch immerhin 204 Euro. Damit ließ sich etwas anfangen. Vor allem, wenn Lilly nächstes Wochenende kam, könnte sie schön auftischen und Lilly sogar zum Essen einladen. Der Gedanke brachte Zuversicht und gute Laune. Sie radelte zu den beiden anderen Geschäften, aber auch da wurden ihre Teller zwar bewundert, aber nicht genommen. »Und nur mal so, als Ausstellungsstück?«, fragte sie, aber alle hatten wenig Platz, und im Endeffekt wiederholten die Verkäufer, was schon Anja gesagt hatte. Erfreulich war, dass weitere zehn Tassen verkauft worden waren. Das machte noch einmal 120 Euro, was definitiv super war. Die würde Maike zur Seite legen, denn Rechnungen kamen ja ständig. Und die Steuer irgendwann auch.
Wie fast immer traf sie beim Nachhausefahren einen der Nachbarn auf ihrer Straße, weitere kamen dazu, und wie immer schlug Maike vor, doch einen Stehtisch aufzustellen, dann hätte man es beim Nachbarschafts-Talk bequemer. Neuigkeiten wurden...
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