Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Anton war gerade dabei, sich auf den Weg zur Straßenbahn zu machen, als er das Gefühl verspürte, beobachtet zu werden. Er drehte sich um in Richtung der Büsche und der dicken Kastanienbäume. Doch dort war niemand zu sehen. Auch mit zusammengekniffenen Augen konnte er niemanden erkennen.
Sein Blick fiel auf einen der größeren Büsche an dem große, rote Beeren wuchsen. Dann sah er etwas. Doch konnte das sein? Dort, im Gebüsch, flimmerte eine goldene, schimmernde Kugel, etwa faustgroß, die nur aus warmen, gelblichen Licht zu bestehen schien. Anton hatte so etwas noch nie zuvor gesehen.
Er ging näher und plötzlich kam aus dem Nichts eine zweite Lichtkugel dazu. Es schien, als würden diese wunderschönen, anmutig wirkenden Lichter miteinander kommunizieren und spielen. Sie strahlten etwas Beruhigendes aus und auf eigenartige Weise auch etwas Glückliches.
Sie schwebten nun vorsichtig aus dem Gebüsch hervor, direkt auf Anton zu und plötzlich war da noch eine Lichtkugel. Eine Dritte. Blitzschnell schoss sie durch das dichte, graue Wolkenbett vom Himmel herab.
Anton sah sich verwirrt um.
»Bin ich denn der Einzige hier, der das sieht? Ich glaub' jetzt spinn' ich komplett«, dachte er sich. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, um nachzusehen, ob er beobachtet wurde. Doch da war niemand. Herr Lenz hatte sich auch nicht mehr blicken lassen.
Er versuchte eine dieser seltsamen Lichter zu fangen, oder sie zumindest zu berühren. Doch er hatte keine Chance. Immer wenn er seine Hand nach vorne schnellen ließ, schwirrte die Lichtkugel blitzartig davon und wich seiner Hand aus. Anton hatte kurzzeitig das Gefühl, dass die Lichter jedes Mal, wenn sie ihm entwischten, hämisch lachten. Er konnte definitiv ein ganz leises Lachen, fast schon ein Zirpen hören.
Die drei Kugeln begannen immer wilder um ihn herum zu tanzen und plötzlich flogen zwei der drei Lichter wieder durch die Wolken gen Himmel davon. Eines jedoch blieb zurück und schwebte ein paar Meter vor Anton in der Luft. Es schien als würden sich er und die Lichtkugel einen kurzen Moment anstarren und zueinander eine unsichtbare Verbindung aufbauen. Zumindest machte sich in Anton das Gefühl breit, das man verspürt, wenn man jemandem tief in die Augen schaut, den man liebt. Kurz bevor ein Adrenalinstoß den gesamten Körper flutet und man sich selbst ganz zu verlieren scheint.
Und plötzlich, ganz ohne Vorwarnung, schoss die Lichtkugel in Antons Brustkorb hinein und verschwand dort. Ehe er sich versah, riss ihn etwas aus dieser Welt.
Ein wunderschönes Land lag vor ihm, es wirkte friedlich und ruhig. Vor ihm erstreckten sich Täler, durch denen wilde Bäche schnitten. Er konnte die Bäche rauschen hören, Wasserfälle, die in die Täler stürzten, den Wind der durch die Baumkronen zog und Vögel zwitschern hören, die im nächsten Moment um ihn herumflatterten und vor seinen Augen herumtollten. Ein Fuchs querte mit seinem Jungen den Weg. Eichkätzchen kletterten Baumstämme hinauf. Eine Eule starrte ihm tief in die Augen und blickte ihm in die Seele. Vor ihm lag ein riesiger See. Anton fühlte sich frei, voller Harmonie und voller Glücksgefühlen.
Plötzlich brach das Bild ab und veränderte sich.
Für einen Moment flimmerte vor ihm ein Bild eines gigantischen Steinbruchs. Dann riss das Bild erneut ab. Plötzlich stand Anton inmitten einer felsigen Höhle durch die ein schmaler Lichtkegel fiel. Ein goldenes, schimmerndes Nugget ragte direkt neben ihm aus der Höhlenwand heraus. Am feuchten Höhlenboden erkannte er eine Skulptur, die aus kleinen Steinen bestand, die übereinander gestapelt waren, wie zu einem kleinen Turm. Plötzlich begann sich etwas hinter dieser Skulptur zu bewegen und noch größere Steine, begannen sich langsam, wie von Zauberhand, übereinander zu stapeln, und je mehr Zeit verging, desto mehr ähnelte diese steinerne Formation einem menschlichen Körper. Das goldene Nugget klaffte inmitten des Gebildes und bewegte sich. Und da erkannte es Anton. Da stand etwas. Ein Ding. Ein Wesen. Mit dem Rücken zu Anton gewandt. Langsam drehte sich der steinerne Kopf dieses Dings in seine Richtung und starrte mit seinen weißen, kühlen und weit aufgerissenen Augen direkt und tief in die Augen des Jungen.
Plötzlich riss ihn etwas aus dieser Welt wieder zurück. Anton erkannte, dass er erneut auf dem Boden lag. Wahrscheinlich war er vor lauter Schreck darüber, dass diese seltsame Lichtkugel in ihn hinein geschwebt ist, nach hinten gestürzt.
Ihm kamen sofort wieder diese eigenartigen Lichter in den Sinn und er griff sich panisch an seinen Brustkorb. Er tastete sich selbst überall ab, doch er konnte nichts ungewöhnliches erkennen oder fühlen. Doch durch seinen gesamten Körper strömte Wärme.
»Hat mir denn dieser blöde Daniel so fest auf den Kopf geschlagen, dass ich nun halluziniere? Hab' ich mir das alles eingebildet? Aber irgendwie fühlte es sich so echt an, so gut und so wunderschön. Intensiver als einer meiner sonstigen Tagträume«, dachte sich Anton und er wusste nur zu gut, wie sich Tagträume anfühlten, schließlich floh er vor der harten Realität der Schule und vor Daniel des Öfteren in weit entfernte Phantasiewelten.
Noch in Gedanken über dieses seltsame Erlebnis eilte Anton mit kaputtem Shirt, blutiger Nase und nasser Hose über den Schulhof, hinaus aus dem Schulgelände.
Er überquerte die Straßenseite und ging seinen täglichen Weg, der zirka 5 Minuten dauerte, zur Straßenbahnhaltestelle. Dunkle Rauchwolken, die die Schornsteine der umliegenden Fabriken in die Luft warfen, verdunkelten den Himmel und der beißende Gestank stieg ihm in die Nase.
Auf dem Weg zu Haltestelle dachte er noch einmal über die Lichtkugeln nach und kam zum Entschluss, dass ihm Daniel wahrscheinlich zu sehr auf den Kopf geschlagen hatte und er jetzt wirklich ein wenig neben den Schuhen stand.
Am Ziel angekommen musste er nicht lange auf die Bahn warten. Er stieg ein und fuhr damit in die Innenstadt. An der Haltestelle >Sillpark<, einem der großen Innsbrucker Einkaufszentren, stieg er aus, überquerte die große Kreuzung und ging unter dem Viaduktbogen hindurch, direkt in Richtung des Hauptbahnhofes, wo auch der Busbahnhof lag.
Der Bus, den Anton nehmen musste, war gelb und in großen orangen Zahlen leuchtete die Nummer 4176 quer über der Frontscheibe. Es war der Bus, der ihn jeden Tag in die Schule brachte und auch wieder nach Hause. Seit fast einem Jahr fuhr Anton mit ihm und kannte daher jeden Fahrer beim Namen.
Anton fühlte sich im Schulbus wohl und unterhielt sich gerne mit den Lenkern. Weil er immer höflich und freundlich war und auch noch nie seine Manieren zu Hause vergessen hatte, war auch er unter den Fahrern sehr beliebt.
Benno, der Fahrer, der heute Dienst hatte, öffnete die Tür des Busses und als er Antons ramponiertes Gesicht sah, erschrak er und rief sogleich »Großer Gott, was ist denn mit dir passiert, mein Junge?«.
Anton wollte nicht großartig darüber reden, schüttelte nur den Kopf und winkte ab. Eigentlich wollte er generell mit niemandem darüber reden, aber er konnte sich schon vorstellen wie es sein wird, wenn er zuhause ankommen wird. Seine Mutter wird wieder einmal entsetzt sein und sein Vater wird wieder einmal darüber enttäuscht sein, dass er sich erneut nicht zur Wehr gesetzt hatte.
Die Türen des Busses schlossen sich und Benno fuhr los.
Anton nahm weiter hinten im Bus auf der linken Seite am Fenster Platz. Seine Hose war noch immer ziemlich kalt und feucht. Er setzte sich deshalb weit nach hinten, da er hoffte, dass niemand in seiner Nähe sitzen würde. Ihn so sehen würde. Ihn so riechen würde.
Am Fenster saß er eigentlich immer am liebsten, denn er liebte es, die Menschen zu beobachten, sich dazu seine Kopfhörer in die Ohren zu stecken und zur Musik seine Gedanken in die Ferne schweifen zu lassen. Die Zeit in der er Bus fuhr genoss Anton sehr, denn in dieser Zeit war er mit sich und seinen Gedanken allein. Hier drinnen konnte ihm auch niemand etwas anhaben, hier war er sicher.
Als er sich noch kurz umsah, bemerkte er, dass ihn absolut jeder der im Bus saß, anstarrte. Wer konnte es ihnen auch schon verübeln? Die alte Dame, die seit seinem ersten Schultag auch mit diesem Bus fuhr und immer am selben Platz saß (nämlich direkt hinter dem Fahrer in der ersten Reihe und ihren Einkaufstrolley stets als treuen Partner am Nebensitz verstaute) schüttelte nur verächtlich den Kopf und schimpfte leise vor sich hin.
»Ach, diese Jugend von heute. Ständig müssen sie sich prügeln und Probleme machen, dieses Gesindel. Bestimmt auch drogenabhängig der Saufratz«.
»Na, wenn die alte Schachtel wüsste.«, dachte er sich genervt und seufzte leise.
Dann griff er mit seiner linken Hand in den linken Seitenbeutel seiner Schultasche und holte sein Smartphone heraus. Er entwirrte eifrig die Kopfhörerkabel und steckte sich die beiden Kopfhörer in seine Ohren. Er öffnete das...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.