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Wie alles begann . (ab 1970)
Meine Liebe zur Musik geht bis in meine jüngste Kindheit zurück. Musikalisch eher unbegabt, fließt dennoch irgendetwas durch meine Venen, dass man durchaus Musik im Blut nennen könnte. Kaum den Windeln entsprungen und auf eigenen Beinen stehend, zappelte ich bereits als Kleinkind durch unsere Wohnung, sobald ich musikalische Töne hörte, so den Erzählungen meiner Verwandten nach. Wieso das so war, vermag ich gar nicht zu sagen, schlichtweg - ich weiß es nicht. Doch vermutlich hing es damit zusammen, dass in unserer Familie immer gerne gefeiert wurde. Dabei war es egal, ob das nun zu Karneval, zu Weihnachten oder an Geburtstagen war. Bei uns war gerne Remmidemmi in der Bude, also lautes, buntes Treiben und großer Trubel, wenn die Verwandtschaft und Bekanntschaft zu Besuch kamen. Oma liebte zum Beispiel die karnevalistischen Rosenmontagsumzüge, deren Übertragung wir dann bei uns zuhause, anfangs noch in Schwarz-Weiß, im deutschen Fernsehen verfolgten.
Wenn an solchen närrischen Tagen dann der Kölner Künstler Jupp Schmitz seine berühmten Lieder »Wer soll das Bezahlen«, »Es ist noch Suppe da« oder »Am Aschermittwoch ist alles vorbei« zum Besten gab, lief Oma immer zur Höchstform auf! Da wurde mitgesungen und geschunkelt, alle waren lustig drauf, hatten Papphütchen aufm Kopp und die Wangen bunt angemalt. So feierte man bei uns zuhause Karneval. Nach ein paar Gläschen Sekt und dem Ende des fröhlichen Spektakels in der Flimmerkiste, legte Oma sich meistens ein Stündchen aufs Ohr. Ab und zu vermisste sie dann nach dem Mittagsschlaf ihre Zahnprothese, die sie vor ihrem Nickerchen herausgenommen hatte. Mein Bruder und ich suchten dann eifrig die ganze Bude nach Omas Zähnen ab und häufig fanden wir sie oben in einer Ecke auf unserem Wohnzimmerschrank wieder. Die Dinger dann anzupacken, war für uns zwar eine etwas eklige Angelegenheit, doch was tut man nicht alles für seine Oma und so riefen wir ihr immer freudig zu: Oma, hier sind 'se.
Bei den meisten Feiern jedoch verblieben die Zähne im Mund, da wurde bei Songs der 50er / 60er Jahre getanzt, gelacht, gefeiert und das bis in den frühen Morgen hinein. Wir Kinder mussten natürlich zeitig ins Bett, doch die Musik übertrug sich zu uns ins Zimmer. Somit kam es nicht selten vor, dass ich mit Songs wie: »Nimm mich mit Kapitän auf die Reise«, »So ein Tag, so wunderschön wie heute« oder »Zwei kleine Italiener« dann irgendwann einschlief.
Es gibt unzählige dieser für mich schönen Erinnerungen. Drei besondere Geschichten, die mich so ab 1970 sehr prägten, finden nun hier einen Platz in meinem Buch:
Tante Ruths Musiktruhe (Erinnerung 1)
***
Wenn ich wieder einmal ein Wochenende bei meiner Tante Ruth in Dortmund verbringen durfte, saß ich immer mit wachsender Begeisterung und stundenlang vor ihrer Musiktruhe im Wohnzimmer.
Diese modernen Errungenschaften, die ihre Anfänge im damaligen Wirtschaftswunderland Deutschland nahmen, waren meist sehr wuchtige Kästen auf stelzenartigen Beinen, die neben dem Fernsehgerät den Ausdruck von Aufschwung und Wohlstand vermittelten. Meistens waren sie mit einem Radio und einem Plattenspieler ausgestattet und hinter einer großen Klappe verbarg sich das beleuchtete Schallplattenfach, das mich magisch anzog. Klingende Musikscheiben durften auf keinen Fall in der damaligen Zeit in einem gut ausgestatteten Wohnzimmer fehlen!
Tante Ruth ließ mich stöbern und so drehte ich ihre Schallplattensammlung nicht nur einmal von links nach rechts. Ich durfte sogar selbst auflegen - das war so unglaublich und fantastisch für mich! Mit Eifer und Begeisterung legte ich dann jedes Mal los, ging jedoch sehr behutsam mit diesen schwarzen Vinyl-Scheiben und ihren eingepressten Endlosrillen um. Ich konnte mir damals die Technik nicht vorstellen, wie in eine solche Scheibe, in eine solche Rille, Musik hineinkam und anschließend auf dem Plattenspieler wieder hinaus.
Besonders das Erlernen, diese musikalischen Wunderwerke dann zunächst mit meinen kleinen Händen aus der Hülle zu ziehen, sie dann sorgsam auf den Plattenteller zu heben und den Plattenspielerarm mit der sehr empfindlichen Nadel (dem Tonabnehmer) genau zu positionieren, um die schwarzglänzenden Lackscheiben nicht zu verkratzen, all das war für mich als 'Mini-DJ' eine absolute Herausforderung, die mir enorme Konzentration abverlangte.
Einen Song, den ich in der Sammlung fand und ständig auflegte, war die Single »Venus« von der in Den Haag gegründeten Band Shocking Blue. Als die Scheibe 1969 auf den Markt kam, zählte ich gerade mal neun Lenzen. Dieses Lied hatte es mir echt angetan. Ich liebte die Gitarren-Riffs des Stücks, wobei ich damals natürlich noch nicht wusste, was der Begriff Gitarren-Riff eigentlich aussagt.
Einfach ausgedrückt ist ein Gitarren-Riff so gesehen eine kurze, rhythmische, sich wiederholende Melodie, die dem Song dadurch einen gewissen Wiedererkennungswert gibt.
Jahre nach meiner Entdeckung bei Tante Ruth recherchierte ich, wer die Mitglieder dieser Band waren. Ich mochte diese auf mich sehr charismatisch wirkende Stimme der Sängerin Mariska Veres. Diese höchst attraktive Erscheinung wurde irgendwie ein bisschen Vorbild für mich. Ihre wunderschönen langen Haare und ihr Outfit begeisterten mich, dann später als Teenager, zur Nachahmung.
Nach diesen zarten Anfängen und Begegnungen mit den klingenden Scheiben und dem späteren Kauf meiner ersten eigenen Langspielplatte »Parallel Lines« der Band Blondie, wuchs so allmählich meine Leidenschaft für die Musik im Allgemeinen und im Besonderen .
Die Faszination, Musik zu hören und zu spüren, packte mich immer mehr. Für mich tat sich damit eine Welt der ungeahnten Möglichkeiten auf und Jahre später erkannte ich dann: Music was my first love.
Stippvisite (Erinnerung 2)
Auch ich bekam im Laufe der Zeit einen eigenen, ersten Kassettenrecorder.
Meine ältere Schwester hatte schon längst einen und wohnte nicht mehr in unserem Elternhaus. Sie war zu Oma und Opa gezogen, hatte sich dort einen eigenen kleinen Rückzugsraum auf dem Dachboden eingerichtet. Hier konnte sie ungestört allein sein.
Sie war schon erwachsen, fuhr ein eigenes Auto und mit ihrer Freundin nach Paris in den Urlaub. Bei uns zuhause kamen dann Grußkarten von ihr an, auf denen stand: Wollt ihr eure Tochter retten, schickt ihr Geld und Zigaretten.
Sie hörte total andere Musik als ich. Bei ihr waren die Rolling Stones und Patti Smith angesagt. Sie lebte damals schon so frei, wie ich immer leben wollte. Wenn sie unterwegs war, nutzte ich die Gelegenheit, ihre Dachbude unter die Lupe zu nehmen, immer dann, wenn ich bei Oma und Opa schlafen durfte.
Ich war so verdammt neugierig, in ihren Klamotten rumzustöbern. Ich suchte nach Freiheit und Abenteuer.
Leise schlich ich mich auf den Dachboden hinauf, Oma durfte auf keinen Fall etwas davon mitbekommen. Das wiederum war gar nicht so einfach, denn unsere Großeltern lebten in einem alten Fachwerkhaus auf einem Bauernhof. Der Dachboden hatte an manchen Stellen lockere Dielen und ich musste tunlichst darauf achten, nicht genau auf diese losen Bretter zu treten, sonst wäre ich vermutlich durch die Zimmerdecke gefallen und bei Oma in der Küche gelandet.
Mein Herz schlug mir jedes Mal bis zum Hals, wenn ich es endlich geschafft hatte, unbeobachtet in die Dachstube meiner Schwester zu gelangen. Hier sah es irgendwie spannend aus. Überall hingen Poster an den Wänden, ihre Klamotten lagen zerstreut auf dem Bett herum, ebenso Zeitschriften, Tonbänder, Kippen und jede Menge Bücher auf Hockern und Nachtschränkchen. Es war eine winzig kleine Behausung, provisorisch hergerichtet, die keinen Stromanschluss besaß und abends mit einer Petroleumlampe beleuchtet werden musste. Doch es war ihr eigenes Reich! Davon war ich noch weit entfernt. Ich musste mir zuhause noch das Zimmer mit unserem Bruder teilen.
Ich begann zu stöbern. Blätterte durch die verschiedenen Zeitschriften, die hier herumlagen, nahm das ganze Zimmer akribisch in Augenschein. In einer Schublade fand ich eine Schachtel mit auffällig kleinen Tabletten. Ich wusste bis dahin nur durch die Aufklärungsberichte der Jugendzeitschrift BRAVO, für welches Einsatzgebiet man diese Dinger nutzte und dass sie Antibabypillen, oder die Pille, genannt wurden. In echt sah ich sie nun zum ersten Mal. Ich nahm die Folie mit den winzigen, nicht mal Erbsengroßen Tabletten in die Hand, wunderte mich, wie diese niedlichen Dinger das Kinderkriegen verhindern sollten. Irgendwann nimmst du die bestimmt auch mal, stellte ich mir vor, legte sie zurück und schloss die Schublade. Mein Blick hing nun an diesem Kassettenrekorder, der auf einem kleinen Tisch des Zimmers stand. Gebannt klickte ich die Starttaste der batteriebetriebenen Musikmaschine, lauschte aufmerksam, was die eingelegte Tonbandkassette an Liedern hervorbrachte. Ein Ohr ganz nah am Lautsprecher und das andere Ohr Richtung Omas Wohnung - ich hoffte inständig, dass sie nicht plötzlich rief: »Konni wo bist du«?
Die kleine Maschine lief an, das Tonband surrte und ich empfing den gewaltigen und bombastischen Sound des Songs »Sex Machine« von James Brown. WOW! Ich flippte vor Freude aus, diesen Song bei ihr zu hören, musste mir den Titel unbedingt merken! Der heiße Rhythmus beschleunigte meinen Puls in Sekundenschnelle! In den Jahren danach tanzte ich mir bei...
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