DER ANSITZ
In Deutschland gehören der Morgen- und Abendansitz auf Schalen- und/oder Raubwild zu den meistverbreiteten Bejagungsstrategien. Der überwiegende Teil des Wildes wird seit jeher bei dieser Jagdart erlegt.
MERKMALE UND ABLAUF
Der Jäger passt das Wild in ausreichender Deckung bei gutem Wind ab, beispielsweise an einem Bodensitz, auf einer Leiter, einem Hochsitz oder einer Kanzel. Bevorzugte Ansitzplätze sind Hauptwechsel, Einstandsgebiete, Äsungsplätze (Wildacker und Kirrungen), Suhlen, Salzlecken, Luderplätze etc.
So mancher Hundeführer hat beim Ansitz seinen Hund gern an seiner Seite, schließlich zeigt der frühzeitig an, wenn Wild anwechselt - er wittert es schon auf weite Entfernung, er hört geringste Geräusche und nimmt kleinste Bewegungen auch in der Dämmerung wahr.
© Gila Fichtlmeier
Über den Baustein Bleib hat Weimaraner Franzl gelernt, ruhig und entspannt zu warten, bis Anton ihn wieder abholt.
Vorbereitende Bausteine
DAS PRAXISREIFE TEAM
DER HUNDEFÜHRER
Der Hundeführer kennt sein Revier und weiß, an welche Ansitzplätze beziehungsweise zu welchen Reviereinrichtungen er seinen Hund bei welchem Wind mitnehmen kann. Außerdem weiß er, wie dort das Wild zieht. Den Gefährten an einem Hauptwechsel abzulegen, verbietet sich von selbst. Der Hundeführer wird seinen Hund stattdessen so platzieren, dass anwechselndes Wild keinen Wind vom Jagdhelfer bekommt. Zudem muss der Hundeführer die Wetterlage gut einschätzen können; für den Hund sind Kälte, Hitze oder schwüle Abendstunden mit Mückenscharen, die ihn "auffressen" wollen, unangenehm und nur schlecht auszuhalten.
Vor dem Ansitz gibt der Hundeführer seinem Hund genügend Auslauf und Gelegenheit, sich zu lösen. Für das Abliegen am Stand versorgt er ihn mit einer wärmenden Unterlage, die die vom Boden aufsteigende Feuchtigkeit und Kälte abhält.
DER HUND
Ähnlich wie bei der Pirsch läuft der Hund ruhig und leise bei Fuß neben dem Hundeführer zum Ansitz. Dort liegt er bombenfest im Bleib, unabhängig davon, wie lang sich der Ansitz hinzieht. Er verharrt, wenn er Wittrung von Wild bekommt oder es sieht. Der Hund beherrscht die Standruhe sogar dann, wenn Fuchs, Hase, Reh etc. in unmittelbarer Nähe auf ihn zupassen oder an ihm vorbeiziehen. Das Bleib funktioniert selbstverständlich auch neben dem erlegten Stück. Der Jagdgefährte darf nicht schussempfindlich, schussscheu oder gar schusshitzig sein.
© Anton Fichtlmeier
Hoch konzentriert, aber ruhig wartet Terrie beim Erdansitz auf anwechselndes Wild. Ein standruhiger Vierbeiner ist ein perfektes "Frühwarnsystem": Er zeigt heranziehendes Wild frühzeitig an.
Hat der Hundeführer während des Ansitzes geschossen, liegt der Hund so lange ruhig im Bleib auf seiner ihm zugewiesenen Position, bis er dort abgeholt wird. Neben gutem Gehorsam am Wild muss der Hund sich - auch aus Entfernung - per Pfiff oder Handzeichen dirigieren lassen. Sollte eine Nachsuche notwendig werden, wird er eingesetzt.
In folgenden Fällen ist die Standruhe bei der Ansitzjagd unbedingt erforderlich:
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Es kommt kein Wild in Anblick.
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Wild wechselt an und bleibt unbeschossen.
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Wild wechselt an, wird beschossen und liegt im Feuer: Der Hund wird nicht gebraucht.
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Wild wechselt an, wird beschossen und liegt nach einer Todesflucht: Der Hund kommt zum Einsatz, weil das Stück nachgesucht werden muss.
Mögliches Fehlverhalten
SCHRITT FÜR SCHRITT IN DIE PRAXIS
Ruhiges und entspanntes Abliegen über einen Zeitraum von mindestens 30 bis 40 Minuten wurde vor dem ersten Ansitz bereits im Alltag, bei Apportier- oder Reizangelübungen, in Hundegruppen oder am Hundetreffpunkt unter möglichst vielen Ablenkungssituationen geübt und gefestigt. Wenn das gut funktioniert, nimmt der Hundeführer seinen Hund zum Ansitz mit.
Als erster Ansitzplatz empfiehlt sich ein Erd- beziehungsweise Bodensitz oder ein Schirm. Dort wird der junge Hund zu den Füßen des Hundeführers oder in unmittelbarer Nähe ins Bleib (siehe hier) auf seine Decke gebracht - das gibt dem Hund Sicherheit. Die ersten Male wird er über eine lange Leine abgesichert, die beispielsweise an einem Baum befestigt ist.
Die ersten Ansitzübungen absolviert das Gespann zu Zeiten, in denen nicht mit Wild zu rechnen ist, oder in Revierecken, die "wildarm" sind. Die Dauer des Ablegens beträgt anfangs die bisher geübte Zeitspanne von circa 30 bis 40 Minuten, die man langsam von Mal zu Mal verlängert. Auch die Entfernung der Abliegeposition des Hundes zur Jagdeinrichtung wird kontinuierlich gesteigert.
Kommt der abgelegte Hund am Erdsitz augenblicklich zur Ruhe, kann jetzt bereits auf höhere Jagdeinrichtungen generalisiert werden. Es ist allerdings immer weiter darauf zu achten, dass Hundeführer und Hund sich gut sehen können.
© Anton Fichtlmeier
Was beim Ansitz funktioniert, kann später bei einer Gesellschaftsjagd zur Anwendung kommen.
KLEINE HUNDE MIT NACH OBEN
Mancher Hundeführer nimmt seinen kleinen Hund, wie beispielsweise Teckel oder Terrier, gern mit auf Kanzel oder Leiter. Aber Achtung: Der Hund bekommt den Schussknall mit all seinen Nebenwirkungen direkt zu spüren. Viele Hundeführer schützen deshalb inzwischen die Ohren des Hundes mit einem speziellen Gehörschutz.
Zeigen sich beim Hund Anzeichen von Unruhe, sei es, weil seine Nase Wittrung von Wild bekommt oder weil ihn die Gesamtsituation noch in Spannung versetzt, muss sofort wieder über die Basiserziehung an der Standruhe (siehe hier) gearbeitet werden.
© Gila Fichtlmeier
Nicht vergessen: Kommt der Hund mit auf die Kanzel, ist er dem Schussknall unmittelbar ausgesetzt.
Ab dem Zeitpunkt, an dem der Hund auch unangeleint sichere Standruhe zeigt, werden vom Hundeführer diverse Reizlagen eingebaut. Es können zum Beispiel Schüsse aus einer Signalwaffe abgegeben werden - ohne dass danach irgendeine Aktion folgt, das heißt: Der Hundeführer bleibt sitzen. Oder man wartet nach der Schussabgabe kurze Zeit, baumt ab und untersucht in aller Ruhe einen imaginären Anschusspunkt, um dann wieder aufzubaumen. Der Hund bleibt währenddessen abgelegt.
Verhält der Hund sich ruhig und souverän, imitiert der Hundeführer bei der nächsten Ansitzübung eine Nachsuche. Nach der Schussabgabe geht das Gespann zum Ansatzpunkt einer zuvor mit Schalen oder Schwarte gezogenen Schleppe - diese arbeitet der Hund jetzt in aller Ruhe am Schweißriemen aus.
Schließlich ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man gemeinsam in "wildreiche Ecken" des Reviers zum Ansitz geht. Sicherheitshalber beginnt man aber auch hier wieder am Erdsitz, damit der Hund notfalls sofort korrigiert werden kann.
© Gila Fichtlmeier
Franzl bekommt einen Knochen zum Kauen. Damit wird aus dem Ansitz eher ein "Picknick" und sein jagdlicher Erregungszustand gemindert.
DAS ERSTE STÜCK
Der Hund ist nun so gut vorbereitet, dass der Hundeführer bei sich bietender Gelegenheit das erste Stück schießt. Liegt es im Feuer, wartet er eine Weile, holt dann den Hund ab, leint diesen an und nähert sich gemeinsam mit ihm der Beute. Der Hund darf diese kurz bewinden und erhält dann seinen vollen Futternapf, bevor er in circa zwei Metern Abstand zum Stück wieder ins Bleib abgelegt wird.
Jetzt nutzt der Hundeführer diese Situation sofort für eine Anschneidkontrollübung. Er entfernt sich aus dem Sichtfeld des Hundes, aber so, dass er den jungen Hund gut beobachten kann. Geht der Hund tatsächlich an das Stück, greift der Hundeführer entsprechend reglementierend ein. Schließlich wird das Stück geborgen - dazu holt er entweder das Auto oder er zieht die Beute dorthin.
Ist das Stück hingegen in einer vom Hundeführer beobachteten Todesflucht in der Fluchtfährte verendet, wird dieses jetzt für eine kurze Nachsuche genutzt, allerdings erst nach einer mindestens 20-minütigen Pause. Der Hundeführer geht mit dem Hund zum Anschuss, beobachtet, wie er diesen anzeigt und annimmt, und lässt ihn die Nachsuche arbeiten.
© Gila Fichtlmeier
Den Kontakt zu Anton zu halten, ist für Franzl wichtiger als das Reh, das zur Anschneidkontrollübung neben ihm liegt.
Circa 20 Meter vor dem Stück bleibt der Hundeführer stehen, lässt den Riemen fallen und beobachtet, wie sich sein Gefährte nun am Stück verhält. Bewindet er es, wartet der Hundeführer, bis der Hund Kontakt zu ihm aufnimmt, und ruft ihn dann zu sich heran. Jetzt schickt er ihn mit einem "Zeig - zum Stück!" wieder zum Stück und folgt ihm. Dort angekommen, liebelt er den Hund ab, gibt ihm Futter und es folgt die Anschneidkontrollübung (siehe hier). Fasst der Hund am Stück jedoch hinein, kommt sofort ein mahnendes...