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Reglos und mit halb geschlossenen Augen beobachtete Lukas, wie sich seine Frau aus dem Bett stahl, obwohl der Tag kaum angebrochen war. Ohne zu ihm zu sehen, zog sie sich ihr Kleid über, flocht das Haar, bedeckte es mit einer schlichten Bundhaube und ging leise hinaus.
Er wusste, was sie vorhatte, und er wusste auch, dass sie dabei allein sein wollte. Heute war der Namenstag ihres früheren Mannes, seines besten Freundes.
Obwohl Christians Opfertod schon fast fünf Jahre zurücklag, trauerten sie beide noch um ihn, wenn auch auf sehr verschiedene Weise.
Marthe würde nun in der Kapelle für ihn beten. Christian war die Liebe ihres Lebens gewesen, und es verging kein Tag seit ihrer aus der Not heraus geborenen Heirat, an dem sich Lukas nicht fragte, ob der Geist des toten Freundes nicht unsichtbar zwischen ihnen im Bett lag.
Dabei machte Christians Tod auch ihn immer noch so wütend und verzweifelt, dass es ihm die Kehle zuschnürte. Manchmal rechnete er sogar damit, den Freund bei den Ställen oder im Haus vorzufinden. Oder auf der Burg, wo Christian über die rasch gewachsene Bergmannssiedlung wachte, bis ihn seine Feinde auf Befehl des ältesten Sohnes des Meißner Markgrafen ermorden ließen.
Er, Lukas, hatte Marthe schon geliebt, lange bevor sie Christians Frau wurde. Doch ihre Hochzeit verlief unter Umständen, wie er sie sich nie gewünscht hätte. Ein alter und einflussreicher Feind - der Hauptmann der Leibwache des Meißner Markgrafen Otto von Wettin - hatte Marthe am Tag der Beerdigung von Christians Grab entführt und mit Gewalt zu seiner Frau gemacht. Als Lukas sie endlich fand, tötete er den anderen in maßlosem Zorn. Der einzige Weg, sich und seine Mitstreiter vor dem Todesurteil und Marthe vor dem Kloster zu retten, war die sofortige Heirat.
Als Marthes vorsichtige Schritte die Treppe hinab verklungen waren, stand Lukas auf, zog sich an und ging ebenfalls in das Erdgeschoss des Steinhauses, in dem sie wohnten. Fast alle schienen noch zu schlafen. Nur Anna, die junge Magd, war schon auf und schürte das Feuer. Sie grüßte ihn ehrfürchtig und bot ihm Bier und kalten Brei an.
»Wenn meine Frau zurückkommt, richte ihr aus, dass ich oben auf sie warte«, wies er sie an und stieg wieder in die Kammer. Dort setzte er sich an den Tisch und stützte die Stirn auf die verschränkten Hände, während dunkle Gedanken in ihm wühlten.
Christians Tod war bis heute nicht gerächt, sah man davon ab, dass Lukas dem künftigen Markgrafen unmittelbar nach der Bluttat den Kopf des Mannes vor die Füße geworfen hatte, der den todbringenden Pfeil abgeschossen hatte. Doch derjenige, der den Befehl zu dem Mord gab, lebte weiter unbehelligt und würde in naher Zeit die Regentschaft über das Land übernehmen.
Und auf der Freiberger Burg herrschte nun ein launenhafter, unerbittlicher Mann.
Das war einer der Gründe, weshalb er und Marthe die junge Stadt nicht längst verlassen hatten. Eigentlich sollte er sich jetzt auch besser auf den Weg zur Burg begeben, um seinen Dienst als Kommandant der Wachmannschaft anzutreten. Aber diesmal würde er die Strafe für sein Zuspätkommen hinnehmen. Es gab Dinge, die ihm heute wichtiger waren als die gute oder schlechte Laune des Burgvogtes.
Lukas hätte nicht sagen können, wie viel Zeit verstrichen war, als Marthe eintrat. Trauer umwehte ihre zierliche Gestalt wie flirrender Wind, auch wenn sie sich Mühe gegeben hatte, die Spuren ihrer Tränen zu beseitigen. Jetzt lächelte sie ihm sogar zu, etwas gequält.
»Müsstest du nicht längst auf der Burg sein?«
Er beantwortete die Frage nicht, streckte stattdessen eine Hand aus und sah ihr in die Augen.
»Komm her!«
Entgegen ihrer Art wich sie seinem Blick aus, während sie auf ihn zuging, leicht verwundert über sein Ansinnen und in Gedanken wohl immer noch bei Christian.
Lukas zog sie an sich und setzte eine gespielt strenge Miene auf. »Es wird Zeit, Weib, dass du deinem Gemahl wieder einmal deinen Gehorsam erweist.«
Zu anderer Zeit hätte sie wohl gelacht oder wenigstens gelächelt; Lukas war ein spöttischer Geist und scherzte oft. Aber diesmal, das spürte sie, lag Ernst hinter den ironisch vorgebrachten Worten.
Um keinen Zweifel an der Art des Gehorsams aufkommen zu lassen, den er erwartete, schob er ihr den Rock hoch und strich mit seinen Händen begehrlich über ihre schlanken Schenkel.
Lukas spürte, wie sie für einen Augenblick erstarrte. Doch er wollte ihr erst gar keine Zeit zum Nachdenken geben. Er musste es schaffen, Marthes Gedanken von Christians Grab loszureißen.
Seine Hände wanderten höher, umfassten ihre Hüften und zogen sie mit unnachgiebiger Kraft an sich, während er den Kopf senkte und jene Stelle mit Küssen bedeckte, wo Hals und Schulter ineinander übergingen - etwas, dem sie kaum widerstehen konnte, wie er wusste.
»Du musst auf die Burg, und jeden Moment kann jemand hereinkommen«, wandte sie halbherzig gegen sein für diese Tageszeit ungewöhnliches Vorhaben ein.
»Ich habe angewiesen, dass niemand uns stören soll«, murmelte er, zog ihr die Haube vom Kopf und strich durch ihr kastanienbraunes Haar.
Dann presste er mit der Linken ihren Leib gegen seinen, damit sie seine Erregung spüren konnte. Die Rechte legte er um ihren Nacken und küsste sie; nicht sanft und verspielt wie sonst meistens, sondern hart und fordernd.
Mittlerweile brachte ihn sein Begehren fast um den Verstand, und er spürte, dass auch sie vor Verlangen erschauderte.
Er zog sie zum Bett und nahm sich nicht erst die Zeit, ihr Untergewand und Bliaut auszuziehen; von seiner eigenen Kleidung löste er lediglich den Gürtel, der die Bruche hielt.
Sein aufgerichtetes Glied reckte sich ihr groß und begehrlich entgegen.
Marthe ließ Lukas nicht aus den Augen, während sie sich wortlos hinlegte, den Rock hochzog und die Beine leicht öffnete.
Er verharrte einen Moment, um das Bild in sich aufzunehmen. Dann kniete er sich über sie und glitt in sie hinein. Bereitwillig, wenngleich immer noch verwundert, nahm sie ihn in sich auf.
Sie hatten oft genug miteinander das Bett geteilt, um den anderen zu kennen; ihre Liebesnächte waren trotz der schrecklichen Umstände, die zu ihrer Ehe geführt hatten, voller Zärtlichkeit und Erfüllung gewesen. Doch diesmal war es anders.
Hart und besitzergreifend stieß Lukas in sie hinein, und bei jedem Stoß dachte er: Vergiss Christian! Vergiss ihn wenigstens, solange ich in dir bin! Du bist jetzt meine Frau!
Bald konnte er auch das nicht mehr denken, sondern nur noch fühlen, mit jedem winzigen Stück, das er tiefer in sie eindrang: Du . bist . mein .
Er musste sie dazu bringen, aus der Vergangenheit zum Jetzt und Hier zurückzukehren, vom Tod ins Leben, von dem Toten zu ihm.
Immer schneller, kräftiger pflügte er sie, hörte mit grimmiger Befriedigung, dass nun auch sie ihre Lust herausschrie, spürte, wie sein Höhepunkt nahte, und holte noch einmal weit aus, bis er sich befreit aufstöhnend in sie ergoss.
Schweißnass ließ er sich auf sie sinken.
Flüchtig huschte ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er sich vielleicht doch besser vorher hätte ausziehen sollen. Die Bruche und die daran festgenestelten Beinlinge hingen ihm irgendwo zwischen den Knöcheln, was unweigerlich ein lächerliches Bild abgeben würde, wenn er aufstand. Er streifte beides mit einer Fußbewegung ab.
Still lag er zwischen ihren Schenkeln, genoss es, noch in ihr zu verharren, während er langsam erschlaffte, und fühlte sich geborgen, zufrieden und müde. Am liebsten würde er für den Rest des Tages so liegen bleiben.
Marthe riss ihn aus der Trägheit. Sanft strich sie mit ihrer schmalen Hand über sein vertrautes Gesicht, bis er ihr in die Augen sah. Ihr Blick sagte ihm, dass sie verstanden hatte - und ihm verzieh.
Nur mit Mühe widerstand Marthe der Versuchung, sich der Müdigkeit hinzugeben. Sie wusste, wenn sie jetzt die Augen schließen würde, schliefe sie ein. Und dabei war so viel zu tun!
Ein halbes Dutzend Kranke wartete auf sie; vor allem aber musste sie ihren Mann dazu bringen, sich schleunigst auf seinen Posten zu begeben. Burgvogt Heinrich, der jede Gelegenheit nutzte, ihm etwas anzukreiden, schnaubte gewiss schon vor Wut.
Doch das eben Erlebte hing immer noch unsichtbar zwischen ihnen und ließ sie zögern.
Er hat recht, dachte sie und sah mit wehmütigem Blick auf Lukas. Ich darf nicht länger in der Vergangenheit verweilen. Christian ist tot, unabwendbar, auch wenn ich ihn noch so sehr vermisse. Aber Lukas lebt, und er verdient meine Liebe.
Sie hob die Hand, die ihr bleiern vorkam, und strich damit erneut über Lukas' Wangen. Ein paar blonde Locken hingen ihm ins Gesicht, der sorgfältig gestutzte Bart, den er sich seit einiger Zeit stehenließ, fühlte sich weich unter ihren Händen an.
Abermals sah er sie an, und ein Blick in seine blauen Augen holte sie endlich in die Gegenwart zurück, in die Arme des Mannes, der sie liebte, ihr Schutz und Geborgenheit gab.
Sie lächelte, diesmal ganz ohne Wehmut.
Von draußen hörten sie Vogelgezwitscher, das Plappern der Mägde, weiter weg gackerten ein paar Hühner, ein Pferd wieherte.
Wenn man in ihre Augen blickt, ist es, als würde man versinken, dachte Lukas nicht zum ersten Mal. Ihre graugrünen Augen und das...
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