Der nervöse Staat

Name: Der nervöse Staat | Ausnahmezustand und Resilienz des Rechts in der Sicherheitsgesellschaft
Brand: Mohr Siebeck
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Ausnahmezustand und Resilienz des Rechts in der Sicherheitsgesellschaft

Tristan Barczak(Autor*in)

Mohr Siebeck (Verlag)

2. Auflage

Erschienen am 21. Mai 2021

XXXI, 847 Seiten

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978-3-16-160746-2 (ISBN)

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Inhalt

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Titel
Vorwort zur 1. Auflage
Vorwort zur 2. Auflage
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Erster Teil Prolegomena
§ 1 Von der Rights-of-Man auf die Bellipotent: Eine literarische Spurensuche nach dem heutigen Verständnis des Ausnahmezustands
I. Die tragische Geschichte vom "schönen Matrosen"
II. Geschichten vom Ausnahmezustand als Zeitgeschichten
1. Melvilles Ausnahmezustand
2. Die Wandlung vom rechtlosen zum vergesetzlichten Ausnahmezustand
a) Ausnahmerecht im Kontext unterschiedlicher Staatsverständnisse
b) Eigengesetzlichkeiten gewandelter Bedrohungslagen - Gewandelte Gesetzlichkeiten des Ausnahmezustands
aa) Das Risiko als handlungsaktivierendes "Noch-Nicht-Ereignis"
bb) Die Ausnahme als aktivierte "Schon-Jetzt-Handlung"
§ 2 Methodisches Vorverständnis, Fragestellungen und Gang der Darstellung
Zweiter Teil Das Gesetz des Ausnahmezustands: Theoretische Dekonstruktion
§ 3 Bestandsaufnahme
I. Verloren - verdrängt - vergessen: Der Ausnahmezustand unter dem Grundgesetz
II. Entgrenzt - enthemmt - entrechtlicht: Renaissancen des Ausnahmezustands
1. Denken vom Ausnahmezustand her
2. Denken vom Normalzustand her
§ 4 Dilemmata zwischen Methodik und Dogmatik
I. Definitorische Defizite
II. Begriffslogische Untiefen
III. Politische Unbeherrschbarkeiten
IV. Sicherheitsgesellschaftliche Verstärkungseffekte
V. Wohin mit dem Ausnahmezustand?
§ 5 Paradoxien zwischen Normalität und Normativität
I. Begriffsmerkmale des Ausnahmezustands
1. Die "Ausnahme" als Proprium des Ausnahmezustands
a) Phänomenologie
b) Funktionsweise
aa) Deskriptive Funktion
(1) Ein Begriff von Normalität
(a) Normalität als "homme moyen"
(b) Normalität als diskursabhängige idealisierte Wirklichkeit
(2) Divergierende Normalitätserwartungen
(a) Die Ausnahme als "das völlig Unberechenbare"
(b) Die Ausnahme als diskursabhängige "negative Abweichung"
bb) Normative Funktion
2. Der "Zustand" als Anachronismus des Ausnahmezustands
a) Transitorische Ursprungsweise
b) Transformation zu einem potentiell dauerhaften Element der Rechtsordnung
3. Zusammenfassung
II. Möglichkeiten und Grenzen einer rechtlichen Disziplinierung des Ausnahmezustands
1. Herrschaft des Rechts contra Herrschaft der Tatsachen
2. Staat contra Recht
a) Der Staat als Prä des Rechts
aa) Die staatliche Existenz vernichtet im Ausnahmefall die Rechtsnorm: Carl Schmitt
bb) Das Gesetz tritt gegenüber Augenblicksnotwendigkeiten zurück: Hermann Heller
b) Der Staat ist stärker als sein Recht, doch die Not verleiht kein Recht, das Recht zu brechen: Gerhard Anschütz und Richard Thoma
c) Der Staat als Spiegelbild des Rechts
aa) Der Ausnahmezustand ist rechtlich unfassbar: Hans Kelsen
bb) Mit dem Ausnahmezustand kann jeder regieren: Hugo Preuß
3. Ausklammerung contra Institutionalisierung
a) Extra-legal-approach: Der Ausnahmezustand als Negation des Normativen
aa) Theoretische Konzeption
(1) Der Ausnahmezustand als säkularisiertes Wunder: die theologische Analogie Carl Schmitts
(2) Der Ausnahmezustand als widernormatives Lager: die rechtliche Anomie Giorgio Agambens
bb) Normative Konsequenzen
b) Intra-legal-approach: Der normativ gezähmte Ausnahmezustand
aa) Normative Geschlossenheit
bb) Intra-rechtliche Modelle der Krisenbewältigung
(1) "Die Notbremse zieht man nie in diesem Land, auch wenn man in Not ist": das Business as usual-Modell
(a) Monistische Konzeption
(b) Kritik
(2) "Darauf man ohne Mast, Kompaß, Seegel, Ruder und Steuermann nicht fortkommen, noch den rechten Hafen erreichen kann": die Models of accomodation
(a) Dualistische Konzeption
(b) Kritik
4. Recht contra Moral
a) Verrechtlichungsverbot
b) Solidarisierungsgebot
5. Ausnahmezustand contra Ausnahmezustand
III. Standpunkt der vorliegenden Studie
1. Das geltungstheoretische Argument
a) Regelhaftigkeit der Ausnahme
b) Antizipierbarkeit der Ausnahme
c) Legitimatorische Wirkung der Ausnahme
2. Das Legalismus-Argument
IV. Zusammenfassung
Dritter Teil Der Ausnahmezustand als Gesetz: Historische Rekonstruktion
§ 6 Verrechtlichung: Die Konstitutionalisierung des Ausnahmezustands
I. Der Ausnahmezustand in der römischen Republik
1. Die Altdiktatur
2. Der letzte Senatsbeschluss
3. Die Erklärung zum Staatsfeind
II. Das englische Martial law
1. Maßgebliche Prinzipien
2. Rechtliche Grundlagen
3. Fortschreitende Verrechtlichung und Vorverlagerung des Ausnahmezustands
III. Der französische État de siège
1. "Es ist offensichtlich der Wille des Volkes, dass der Staat nicht zugrunde geht" (Rousseau)
2. Der Belagerungszustand: réel, politique, fictif
3. Konstitutionalisierung
a) Napoleonische Konsulatsverfassung (1799)
b) Charte Constitutionnelle (1814)
c) Verfassung der Zweiten Republik (1848)
IV. Die Entwicklungsstufen in Deutschland bis zur Weimarer Reichsverfassung
1. Das Notverordnungsrecht im deutschen Frühkonstitutionalismus
a) Verfassungsrechtliche Struktur
b) Verfassungswirklichkeit
2. Der Reichsausnahmezustand der Paulskirchenverfassung
a) Hintergründe
b) Verfassungsrechtliche Struktur
3. Die Verrechtlichung des Ausnahmezustands in Preußen
a) Monarchisches Prinzip
b) Das Gesetz über den Belagerungszustand vom 4.6.1851
4. Der Kriegszustand der Bismarck'schen Reichsverfassung
a) Zwischen juristischer Mobilmachung und Militärdiktatur
b) Die Kriegsnotgesetzgebung: Fortschreitende Verrechtlichung und Vorverlagerung des Ausnahmezustands
V. Die Diktaturgewalt des Reichspräsidenten
1. Art. 48 Abs. 2 WRV im Gesamtkontext der Verfassung
2. Ausnahmezustand ohne Ausnahme
3. Verfassungsdurchbrechung contra Unantastbarkeit der Verfassung: Der Streit um die Grenzen der Diktaturgewalt
4. Was dem Schutz der Republik zu dienen bestimmt war, kehrt sich gegen sie: Von der Diktatur- zur Führergewalt
VI. Die Vollendung der Verrechtlichung?
1. Das Grundgesetz und sein Bestreben einer perfektionierten Notstandsverfassung
2. Verfassungsrechtliche Lücken als Vergesetzlichungsimpuls
§ 7 Vergesetzlichung: Die Entkonstitutionalisierung des Ausnahmezustands
I. Vorüberlegungen
II. Polizeilicher Notstand
1. Notrechtliche Grundlagen und positivistisches Residuum des Ausnahmezustands
2. Richterrechtliche Konkretisierung
3. Gesetzliche Fixierung
III. Ausnahmeverordnunggebung
1. Die Notverordnung als "Maßnahme"
2. Der Gesetzescharakter der "Notverordnung"
3. "Maßnahme = Notverordnung = Gesetz"
IV. Ausnahmegesetzgebung
1. Die Republikschutzgesetzgebung: Prävention gegen antirepublikanische Handlungen und Äußerungen
2. Die Ermächtigungsgesetzgebung: Delegation der Rechtssetzungsbefugnis an die Exekutive
3. Die Maßnahmegesetzgebung: Subordination des Mittels unter den Zweck
V. Terrorismusbekämpfungsgesetzgebung
1. Ausnahmegesetzgebung im "Deutschen Herbst"
a) Stationen
b) Kritik der Vergesetzlichung
2. Ausnahmegesetzgebung im "Türkischen Herbst"
a) Stationen
b) Kritik der Vergesetzlichung
3. Ausnahmegesetzgebung im "Französischen Herbst"
a) Stationen
b) Kritik der Vergesetzlichung
VI. Zusammenfassung
Vierter Teil Antizipierter Ausnahmezustand: Der Ausnahmezustand im Staat der Sicherheitsgesellschaft
§ 8 Evolutionäre Dimension
I. Der "neue, moderne Aspekt des Ausnahmezustands": Möglichst frühzeitige Abwendung der Krise im Voraus
II. Der Ausnahmezustand im "präventiv orientierten Staat"
§ 9 Begriff und Funktion
I. Antizipation als Wesensmerkmal des Präventions- und Vorsorgestaats
II. Funktionslosigkeit des reaktiv-temporären Ausnahmezustands
III. Doppelte Antizipation als Wesensmerkmal des permanentvergesetzlichten Ausnahmezustands
1. Tatbestandsebene
2. Rechtsfolgenseite
§ 10 Grundlagen und Struktur
I. Das Präventionsdogma der Ausnahme
1. Der polizeiliche Charakter des Ausnahmezustands
2. Der Vorsorgecharakter des Ausnahmezustands
a) Etappen der Entwicklung
aa) Rechtspraktische Ausweitung und Vorverlagerung
bb) Interpretatorische Entpolizeilichung
b) Das grundgesetzliche System aus Prävention und Vorsorge
3. Zusammenfassung: Auf Dauer angelegte Prävention statt zeitlich begrenzter Reaktion
II. Die Herabzonung und Verstetigung der Ausnahme
1. "Stunde der Legislative": Das Gesetz als Funktionsmodus des antizipierten Ausnahmezustands
a) Gesetz oder Maßnahme: Die Handlungsform des antizipierten Ausnahmezustands
b) Gesetz und Verfassung: Die Regelungsebene des antizipierten Ausnahmezustands
2. Normalisierung des Ausnahmezustands
3. Denormalisierung des Normalzustands
III. Zwischenergebnis: Ausnahmezustandsvorsorge als Ausnahmezustand
§ 11 Parameter und Phänomenologie
I. Die Trennlinie zwischen der sicherheitsrechtlichen Normal- und Ausnahmelage
1. Methodische Vorüberlegungen
a) Verortung des Straf- und Strafverfahrensrechts
b) Erfordernis einer bereichsspezifischen Dogmatik der Normallage
2. Polizeirechtliche Gefahr und Verantwortlichkeit als Ausgangspunkt
a) Rechtsstaatliche Reduktion des materiellen Polizeibegriffs
b) Normalitätserwartungen des Sicherheitsverfassungsrechts
aa) Die Verteilung von Freiheit und Sicherheit unter Ungewissheitsbedingungen
bb) Der Gefahrbegriff als indisponibler Normalpunkt rechtsstaatlicher Konkordanz von Freiheit und Sicherheit
(1) Polizeirecht als konkretisiertes Verfassungsrecht
(2) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als verfassungsimmanente Maßstabsnorm für die Unterscheidung zwischen Normal- und Ausnahmezustand
3. Unterscheidung von informationellen und aktionellen Befugnisnormen als Weichenstellung
a) Das Stufenverhältnis von Gefahraufklärung und Gefahrbeseitigung an der Schnittstelle von Prävention und Repression
b) Die Vermutung zugunsten der reaktiven Gefahrenabwehr als Regelfall präventiver Sicherheitsgewährleistung
aa) Das Moment rechtsstaatlichen Abwartenkönnens
bb) Der sicherheitsrechtliche Trend zur permanenten Alarmbereitschaft
(1) Die "drohende Gefahr" als Grenzgang zwischen Normal- und Ausnahmepolizeirecht
(2) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als "rechtsstaatlicher Überspannungsschutz"
4. Ausnahmezustandsvorsorge als Telos
a) Nichtalltägliche Bedrohung für ein hochrangiges Schutzgut
aa) Rechtsgutsbezogene Sichtweise
bb) Kleiner und großer antizipierter Ausnahmezustand
b) Hochgradiger Eingriff in grundlegende Freiheitssphären
aa) Bemessung der Eingriffsintensität
bb) Besondere Grundrechtssensibilität aktioneller Vorfeldbefugnisse
c) Rechtstechnische Reaktivierung hoheitlicher Freund-Feind-Unterscheidung im Wege personaler Risikovorsorge
aa) Feindrecht im Rechtsstaat?
bb) Subjektivierung des Sicherheitsrechts
(1) Entindividualisierung der Prognose
(2) Entkonkretisierung des Eingriffsanlasses
(3) Entdifferenzierung und Entrelationierung der Verantwortlichkeit
(a) Die Unterscheidung der "Gefährlichen" von den "Ungefährlichen": personale Risikovorsorge im Gefüge des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts
(b) Die Unverzichtbarkeit objektiver Anhaltspunkte: Grenzen eines präventiven Gefährderrechts
(c) Zwischenergebnis
II. Regelbeispiele des Ausnahmerechts
1. Methodische Vorüberlegungen
2. Anordnungsebene: Hergebrachte Ausnahmezustandsbefugnisse
a) Materiell-vergleichender Zugang
b) Typologie
aa) Ausgangssperren, Versammlungsverbote, Sicherheitszonen
bb) Präventivhaft, Internierung, Konfinierung
cc) Ausbürgerung und Ausweisung
3. Vollstreckungsebene: Militarisierung der präventiven Sicherheitsordnung
a) Polizeitypische Bewaffnung als rechtsstaatlicher Normalpunkt polizeilicher Zwangsanwendung
b) "Besondere Waffen" für polizeiliche Sonderlagen
III. Zusammenfassung
Fünfter Teil Resilienz des Rechts: Rigidität und Flexibilität der Verfassung in Krisenzeiten
§ 12 Resilienz als Merkmal des Rechts
I. Der Begriff der Resilienz
II. Resilienz als normatives Konzept
§ 13 Rigidität de constitutione lata: Die Verfassungswidrigkeit des antizipierten Ausnahmezustands
I. Die Trennlinie zwischen Ausnahme- und Normallage als verfassungskräftige Distinktionsentscheidung
II. Ansätze zur Auflösung des Dilemmas
1. Ausnahmezustand als Normalzustand
2. Ausnahmezustand als Generalklausel
3. Ausnahmezustand als Staatsnotrecht
§ 14 Flexibilität de constitutione ferenda: Ein Modell zur Rekonstitutionalisierung des vergesetzlichten Ausnahmezustands
I. Der "Spannungsfall": Art. 80a GG als verfassungstextliche Blaupause der Notstandsverfassung
1. Regelungsgehalt und -technik
a) Voraussetzungen des Feststellungsbeschlusses
b) Verfahrensrechtliche Sicherungen
c) Vorratsgesetzgebung zur Notstandsvorsorge
2. Interpretatorische Aktivierung im Kontext der Terrorismusbekämpfung?
II. Die "Gesetzesbereitschaft": Art. 80b GG als zeitgemäße Fortschreibung des Ausnahmeverfassungsrechts
1. Einführung und Entwurf
2. Erläuterungen
a) Gegenstand und Voraussetzungen der Gesetzesbereitschaft (Absatz 1)
aa) Politische Krisenprognose
bb) Bundesverfassungsrechtliche Anwendungssperre für Landesrecht
cc) Vollkonstitutionalisierung und lückenlose Parlamentarisierung des vergesetzlichten Ausnahmezustands
dd) Verbot des normativen "Nachrüstens" im laufenden Ausnahmezustand
b) Verfahren und Form der Feststellung (Absatz 2)
aa) Zweidrittelmehrheit
bb) Initiativrecht
cc) Zustimmung des Bundesrats
dd) Publizierung des Feststellungsbeschlusses
c) Beendigung der Gesetzesbereitschaft (Absatz 3)
d) Evaluationsklausel (Absatz 4)
3. Rechtsfolge: Entsperrung des in Normalzeiten gesperrten Ausnahmerechts
Zusammenfassung der Ergebnisse
Supplementum: Der Pandemiestaat als nervöser Staat
I. Nervosität als Normalität
II. Angst als Argument
III. Krise als Konjunktiv
IV. Exekutivprimat als Entgrenzungstendenz
V. Parlamentsvorbehalt als Politikvorbehalt
VI. Verfassungslücken als Vergesetzlichungsimpuls
VII. Antizipierbarkeit als Allheilmittel
VIII. Pandemie als Paradoxie
IX. Resilienz als Rechtskonzept
Literaturverzeichnis
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