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"Die Nationalökonomie behandelt keine Dinge oder greifbaren materiellen Objekte, sondern Menschen, ihre Absichten und Handlungen. Waren, Güter, Vermögen und alle weiteren Vorstellungen des Verhaltens sind keine Naturelemente, sondern solche menschlicher Zwecke und menschlichen Verhaltens. Wer sich mit ihnen zu beschäftigen trachtet, darf nicht in die äußere Welt hinausblicken, sondern muss in den Absichten handelnder Menschen nach ihnen suchen."1
- Ludwig von Mises
Ludwig von Mises' Hauptwerk, Human Action (die englischsprachige Überarbeitung des Vorläufers Nationalökonomie: Theorie des Handelns und Wirtschaftens - Anm. d. Übers.), nahm eine explizite Neudefinition der Wirtschaftswissenschaften als eine Lehre vom menschlichen Handeln und menschlicher Wahl unter der Bedingung von Knappheit vor. Mises war der Ansicht, dass angemessenes ökonomisches Denken und die Untersuchung ökonomischer Phänomene auf einer Analyse des menschlichen Handelns, nicht materieller Objekte und ihrer Eigenschaften oder abstrakter und aggregierter Einheiten, aufbauen muss. Obgleich Mises' Zugang anfangs pedantisch und unproduktiv erscheinen mag, wird dieses Kapitel deutlich machen, warum er ein außerordentlich nützliches Werkzeug zum Verständnis wirtschaftlicher Realitäten darstellt.
Mises konstatiert, dass Philosophen lange versuchten, Evolution und Schicksal der Menschheit auf der Grundlage dessen zu analysieren, was Geschichte, Gott oder Natur für sie vorsahen. Derartige Analysen betrachteten die Menschheit als Ganzes oder untersuchten kollektivistische Ideen wie 'Nation', 'Rasse' oder 'Kirche', und schickten sich an, Gesetzmäßigkeiten zur Beschreibung des Verhaltens und der Auswirkungen derartiger Entitäten zu formulieren, als ob Geschichte einer chemischen Reaktion gleichend in Stein gemeißelten und von uns aufzudeckenden Naturgesetzen folgte.
Mit seinem 1871 erschienenen Werk Grundsätze der Volkswirtschaftslehre begründete Carl Menger die Grenzanalyse ökonomischer Fragestellungen. Diese "Marginalistische Revolution" machte eine von früheren Methoden grundverschiedene Art und Weise, Menschen zu analysieren, verfügbar. Statt die Geschichte auf der Grundlage göttlicher oder natürlicher Vorsehung, Nation, Rasse oder der Kirche zu untersuchen, zeigte die Grenz- bzw. Marginalanalyse, dass menschliche Gesellschaften sich besser vor dem Hintergrund ihrer fundamentalsten Antriebsfedern - individuellen Entscheidungen und Handlungen - verstehen lassen. Die Österreichische Schule der Nationalökonomie bildete sich um Menger in Wien. Einige Jahre nach ihm entwickelte Léon Walras mit dem Allgemeinen Gleichgewichtsmodell sein eigenes Konzept des Marginalismus. Das Walrassche Allgemeine Gleichgewicht sollte mit seiner Mathematisierung und dem Rückgriff auf Verhältnisse zwischen Aggregaten zur dominanten Tradition der modernen Wirtschaftswissenschaften werden.
Mises definiert menschliches Handeln als "bewusstes Verhalten", womit er es von instinktiven, impulsiven oder emotionalen Verhaltensweisen abgrenzt. "Handeln ist Wollen, das sich in Tat und Wirken umsetzt und damit verwirklicht, ist ziel- und zweckbewusstes Sichbenehmen, ist sinnhafte Antwort des Subjekts - der menschlichen Persönlichkeit - auf die Gegebenheit der Welt und des Lebens."2
Mises' Student Murray Rothbard definiert menschliches Handeln als "bewusstes, auf das Erreichen bestimmter Ziele zu einem zukünftigen Zeitpunkt ausgerichtetes Verhalten, das die Befriedigung von Bedürfnissen involviert, welche ansonsten unbefriedigt bleiben würden."3 Mises postuliert als Voraussetzungen bewussten Handelns einen momentanen Zustand, die Vorstellung eines befriedigenderen Zustandes sowie die Erwartung, dass bewusstes Handeln Unbehagen zu lindern vermag.4
Rationales Handeln ist eine wesentlich menschliche Fähigkeit, die Menschen von anderen Tieren unterscheidet. Menschen handeln bewusst, weil sie über Rationalität verfügen und in der Lage sind, diese auf das Erreichen ihrer Ziele auszurichten. Menschen können kausale Beziehungen in ihrer Umwelt erkennen und dieses Wissen dazu nutzen, für sie günstigere Zustände herbeizuführen. Wir sind ebenfalls in der Lage zu verstehen, dass andere rational sind und ihrem eigenen Interesse gemäß handeln können. Mises formuliert dies folgendermaßen:
"Der Mensch ist keine Kreatur, die nicht anders kann, als den Impulsen ihrer dringendsten Bedürfnisse zu folgen. Der Mensch kann seine Instinkte, Emotionen und Impulse unterdrücken und sein Verhalten rationalisieren. Der Mensch entsagt der Genugtuung eines brennenden Impulses, um sich andere Wünsche zu erfüllen. Er ist kein Sklave seiner Verlangen. Ein Mann fällt nicht über jedes Weibchen her, das seine Sinne rührt, verschlingt nicht jeden ihn lockenden Happen Nahrung, greift nicht jeden Mitmenschen an, den er zu töten wünscht. Er reiht seine Wünsche und Verlangen entlang einer Skala auf; er wählt; kurzum: er handelt. Was den Menschen von Tieren unterscheidet, ist gerade seine Fähigkeit, sein Verhalten bewusst auszurichten. Der Mensch ist die Kreatur, die Hemmungen hat, ihre Impulse und Verlangen kontrollieren kann und über die Fähigkeit verfügt, ihre instinktiven Wünsche und Impulse zu unterdrücken."5
Um sich die Vorrangstellung menschlichen Handelns zu versinnbildlichen, kann man sich unsere physische Umwelt als passive Knetmasse vorstellen, die wir mit unseren Händen und unserer Vernunft und Vorstellung gemäß in verschiedene Formen zu bringen vermögen. Leblose Objekte sind schlichte Materie, und es sind durch menschliche Rationalität bestimmte menschliche Handlungen, die diese Materie neu anordnen und ihr Wert, Bedeutung und Sinn verleihen. Die physische Welt lässt sich viel besser verstehen, wenn wir sie als das Resultat menschlicher Vernunft und menschlichen Verhaltens betrachten. Versuche, soziale Phänomene unter Bezugnahme auf physische Objekte, abstrakte Begriffe oder kollektivistische Entitäten zu erklären, sind letztendlich zum Scheitern verurteilt und einer Erklärung auf der Grundlage menschlicher Entscheidungen und Handlungen völlig unterlegen. Es sind weder die Sterne noch abstrakte Begriffe oder Entitäten, die handeln, sondern Individuen. Wer die Bedingungen der realen Welt verstehen möchte, sollte die Handlungen der Menschen, durch welche sie geformt wird, untersuchen.
Die Mises'sche und Österreichische Tradition definiert und versteht menschliches Handeln als rational. Der Begriff 'rational' impliziert in diesem Kontext weder die an bestimmten objektiven Kriterien bemessene Korrektheit einer Handlung noch die Angemessenheit einer Handlung zur Erreichung der Ziele des Handelnden oder aber ein moralisches Urteil. Stattdessen wird 'rational' als aus bewussten Überlegungen resultierend definiert. Wann immer der Mensch überlegt und handelt, handelt er rational. Ob eine solche Handlung ihn seinen Zielen näherbringt oder die Zustimmung Dritter findet, ist für 'Rationalität', wie Mises sie definiert und versteht, irrelevant. Eine Person mag eine Handlung bereuen und einsehen, dass sie den eigenen Interessen zuwiderlief, doch insofern sie das Resultat bewusster Überlegungen war - mögen diese korrekt oder falsch gewesen sein -, ändert das nichts an ihrer Rationalität. Andere Individuen mögen die Handlungen dieses Individuums als noch so negativ beurteilen - auch das änderte ihre rationale Natur nicht. Das Österreichische Konzept von Rationalität wird anhand Mises' folgender Beschreibung deutlich: "Das Gegenteil des Handelns ist nicht irrationales Verhalten, sondern die reflexhafte Reaktion auf Stimuli seitens körperlicher Organe und Instinkte, die nicht dem persönlichen Willen unterworfen sind." Und weiter: "Eine zur Erreichung des Ziels ungeeignete Handlung enttäuscht Erwartungen. Sie ist kontraproduktiv, doch sie ist rational, d.h. das Produkt einer sinnvollen - doch falschen - Überlegung und eines Versuchs - obgleich es sich um einen untauglichen gehandelt haben mag -, ein Ziel zu erreichen."6
Die Wirtschaftswissenschaften als Wissenschaften menschlichen Handelns unter der Bedingung von Knappheit zu verstehen, erlaubt es uns, die wichtigsten ökonomischen Begriffe im Hinblick darauf zu definieren, in welcher Beziehung zu menschlichen Bedürfnissen sie stehen, und wie sie von der menschlichen Vernunft wahrgenommen und durch Menschen geformt werden. Sie vor dem Hintergrund menschlichen Handelns zu erklären, zu definieren und zu begreifen, macht ökonomische Terminologie verständlicher und ökonomische Analysen fruchtbarer.
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