Schweitzer Fachinformationen
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Bei der Entwicklung von Beziehungen zwischen menschlichen Gesellschaften spielt das Meer eine besonders faszinierende Rolle. Großräumige Verbindungen sorgten und sorgen für stimulierende Kontakte zwischen Völkern, Religionen und Zivilisationen. Gelegentlich geschah das durch individuelle Begegnungen, etwa wenn Reisende, darunter Pilger und Kaufleute, fremde Länder besuchten. Gelegentlich waren diese Kontakte auch die Folge massenhafter Wanderungsbewegungen, die den Charakter ganzer Regionen veränderten. Und gelegentlich waren sie gleichermaßen das Ergebnis der Bewegung von Gütern wie von Menschen, wenn die Bewohner ferner Länder Kunstwerke einer anderen Kultur sahen, bewunderten und importierten oder kopierten, wenn sie deren Literatur lasen oder ein seltener, kostbarer Gegenstand ihr Staunen erregte und ihnen die Augen für die Existenz dieser Kultur öffnete. Solche Kontakte wurden über Land, über Flüsse und übers Meer geknüpft. Wenn sie über Land erfolgten, dienten die am Wege liegenden Kulturen als Mittler, während Seewege ganz unterschiedliche Welten miteinander verbanden, die so weit voneinander entfernt lagen wie Portugal und Japan oder Schweden und China.
Dieses Buch soll mein früheres, in der englischen Originalfassung erstmals 2011 erschienenes Buch Das Mittelmeer. Eine Biographie ergänzen. Wie Das Mittelmeer ist es eher eine menschliche Geschichte als eine Naturgeschichte und betont die Rolle waghalsiger Kaufleute bei der Herstellung und Aufrechterhaltung von Kontakten. Das Mittelmeer umfasst 0,8 Prozent der weltweiten Meeresfläche. Insgesamt sind jedoch 70 Prozent der Erdoberfläche von Wasser bedeckt, und der größte Teil dieser Wasserflächen entfällt auf die riesigen Gebiete, die wir Ozeane nennen. Aus dem Weltraum besehen, erscheint die Erde hauptsächlich blau. Die Ozeane verfügen über ihre jeweils ganz eigenen riesigen Windsysteme, die auf die Luftbewegungen über gewaltigen Massen warmen und kalten Wassers zurückgehen. Man denke etwa an die saisonalen Monsune im Indischen Ozean. Die Westwinde der Roaring Forties, mit denen die Segelschiffe so leicht vom Atlantik in den Indischen Ozean gelangten, waren dieselben, die auch die Passage vom Südatlantik in den Pazifik rund um Kap Hoorn so furchterregend erscheinen ließen. Meeresströmungen wie der Golfstrom, der dafür sorgt, dass es auf den Britischen Inseln vergleichsweise warm ist, oder der ganz ähnliche Kuroshio, auch Japanstrom genannt, erstrecken sich über Tausende von Kilometern.[1] Wir unterteilen das allumfassende Weltmeer in drei große Ozeane. Die antiken Geographen sahen darin mit einiger Berechtigung einen einzigen Okeanos aus miteinander zusammenhängenden Gewässern - eine Vorstellung, die wir heute wieder aufgreifen, wenn wir vom »Weltozean« oder vom »Globalen Ozean« sprechen, um alle Weltmeere zu einer Einheit zusammenzufassen.[2]
Die drei großen Ozeane stoßen auf wachsendes Interesse, seit die Erforschung der maritimen Geschichte sich nicht mehr hauptsächlich auf die Marinegeschichte im engeren Sinne beschränkt, die sich auf die Kriegführung (oder Friedenssicherung) auf See konzentriert, sondern auch weiterreichende Fragen in den Blick nimmt, etwa wie, warum und wann Menschen - ob nun als Händler oder als Einwanderer - große maritime Räume durchquerten und welche gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen weit voneinander entfernten Ländern dadurch geschaffen wurden. Daraus erwuchsen Debatten über die Ursprünge der Globalisierung, die häufig aneinander vorbei geführt wurden, weil der Begriff der Globalisierung nur vage ist und in vielfältiger Weise definiert werden kann. Eine im Kontext der Globalisierung oft gestellte Frage betrifft die Gründe, weshalb Europäer nach 1500 im Gefolge von Christoph Kolumbus und Vasco da Gama Seewege in alle Welt erschlossen, während die Chinesen unter Zheng He im frühen 15. Jahrhundert äußerst ehrgeizige Seefahrten unternahmen, sie dann aber plötzlich einstellten. Das führt zu einer Reihe von Fragen hinsichtlich der Great Divergence, der »Großen Abweichung« zwischen Europa und Asien oder anderen Kontinenten, obwohl auch hier wie bei der Globalisierung viel von den Kriterien abhängt, die man für die Bewertung des Prozesses auswählt. Dieses Buch macht die dramatischen Auswirkungen des nach den Fahrten von Kolumbus und da Gama einsetzenden Eindringens europäischer Kaufleute und Eroberer in ferne Ozeane deutlich und betont zugleich, dass Kolumbus, da Gama und die von ihnen erkundeten Welten nicht ohne einen Blick auf ihre entfernten Vorläufer erklärt werden können.
Das Buch vertritt auch die These, dass die europäische Präsenz an den Küsten der Weltmeere sich nur verstehen lässt, wenn wir die weniger gut dokumentierten Aktivitäten nicht europäischer Händler und Seeleute berücksichtigen, von denen manche aus den betreffenden Ländern selbst stammten, andere dagegen zu einer weit verstreuten Diaspora gehörten - Griechen und später dann Juden aus Ägypten, Armenier, Chinesen, Malaien und andere. Zuweilen wurden die Handelsrouten im Stil einer Stafette betrieben, wobei die Waren von einem Händler an den nächsten weitergegeben und von einem Schiff auf das nächste umgeladen wurden, während an jedem Haltepunkt lokale Herrscher ihre Zölle erhoben. Zuweilen - etwa im Indischen Ozean der griechisch-römischen Zeit - wurden sie jedoch auch von einzelnen Unternehmern genutzt, die zum Beispiel die gesamte Strecke von Bereniké an der ägyptischen Küste des Roten Meers bis nach Pondicherry an der Südostküste Indiens befuhren. Damit will ich nicht bestreiten, dass die Ankunft der Europäer in nahezu jedem Winkel der Erde zu beträchtlichen Veränderungen führte. Nach Kolumbus und da Gama wurden die Weltmeere und ihre Inseln auf ganz neue Weise miteinander verknüpft. Ehrgeizige neue Routen, manche länger als alle je zuvor erkundeten, zogen sich nun kreuz und quer durch die Welt und verbanden China über Manila mit Mexiko oder Südostasien mit Lissabon und Amsterdam. Zu einer weiteren Revolution kam es, als man im 19. Jahrhundert die Segelschiffe auf den Ozeanen durch Dampfschiffe zu ersetzen begann und zwei große Kanäle in Sues und Panama die Seewege selbst veränderten. Im späten 20. Jahrhundert sorgten dann riesige Frachtschiffe, die Tausende von Containern aufnehmen können, und große Kreuzfahrtschiffe für Tausende von Passagieren nochmals für gewaltige Umwälzungen.
Soweit dieses Buch seine Helden hat, handelt es weniger von den Entdeckern, die Seewege über die Weltmeere erschlossen, als von den Kaufleuten, die ihnen folgten. Händler erkannten Chancen und verwandelten die neuentdeckten Routen in feste, zuverlässige und regelmäßige Verbindungen, ob nun im Zeitalter des griechisch-römischen Handels quer über den Indischen Ozean oder nach den Fahrten des Kolumbus in die Karibik. Sie ließen sich in Handelsstationen nieder, aus denen in der Folgezeit große Häfen wurden - Aden, Havanna, Macau, Melaka (Malakka) oder Quanzhou, um nur einige Beispiele zu nennen. Bis in die Frühzeit des Dampfschiffs hinein drohten der Seefahrt ständig Gefahren wie Schiffbruch, Piraterie, Krankheit und - nicht zuletzt - Rajas, Sultane und andere Herrscher, die in den Kaufleuten eine geeignete Beute bei ihrer Jagd nach Einkünften erblickten, die sie sich durch Beschlagnahme oder Besteuerung zu sichern versuchten. Die Geschichte des maritimen Fernhandels ist die Geschichte von Menschen, die bereit waren, physische und finanzielle Risiken einzugehen, und (in der Mehrzahl) von Männern, die auf der Suche nach Profit in fernen Ländern gewagte Geschäfte tätigten. Nach einer nicht allzu strengen Definition könnten wir diese Leute als Kapitalisten bezeichnen, als Geschäftsleute, die ihre Mittel in der Hoffnung auf immer größeren Reichtum investierten und reinvestierten. Solchen Menschen begegnen wir schon zu Beginn der Geschichte des Handels im Indischen Ozean, in den mesopotamischen Städten der Bronzezeit und in allen nachfolgenden Jahrhunderten.
Die Geschichte des Seehandels befasst sich nicht ausschließlich mit exotischen Waren wie den Gewürzen Süd- und Südostasiens. Inzwischen interessieren Historiker sich verstärkt auch für alltägliche Handelsnetze, durch die Primärerzeugnisse wie Getreide, Öl, Wein, Wolle und dergleichen auf die Märkte und in die Städte gelangten. Wer jedoch wirklich große Profite erzielen wollte, war versucht, in weitaus größere Ferne zu streben. Daraus resultierten schließlich Überseeverbindungen, die das Wirtschaftswachstum an beiden Enden der Verbindungslinien stimulieren konnten. Man denke etwa an die Städte in China, die feines Porzellan herstellten, und die Städte in Holland, die große Mengen davon kauften. Gelegentlich wurde der Handel als Zahlung und Entgegennahme von Tribut verkleidet, vor allem im China und Japan des Mittelalters. Die Fürstenhöfe mochten durch ihr Verlangen nach ganz bestimmten exotischen Objekten die Richtung vorgeben, doch die Herrscher konnten ihre Diplomaten niemals ganz an Nebengeschäften hindern, und Versuche, Häfen zu schließen, führten nur zur Entstehung neuer, inoffizieller Häfen wie etwa in Quanzhou im mittelalterlichen China, das zum Treffpunkt für Kaufleute aus Java, von der Malaiischen Halbinsel, aus Indien, der arabischen Welt und sogar aus Venedig und Genua wurde.
Neben den friedlichen Kaufleuten gab es natürlich auch zahlreiche Seeräuber, zu deren berüchtigtsten Vertretern die Wikinger gehörten. Doch auch bei ihnen...
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