Sammelstellen - dieses Wort erscheint heute im täglichen Leben in einem gänzlich anderen Zusammenhang und nur wenige können diesen Begriff der österreichischen Rückstellungsgesetzgebung zuordnen. Auch die zeitgeschichtliche Forschung hat dieses Thema bis zur Gründung der Historikerkommission der Republik Österreich 1998 nur in Ansätzen verfolgt. Eine Gesamtdarstellung, vor allem über die Praxis der Sammelstellen, fehlte bisher komplett und liegt nunmehr vor. Für jene Vermögenswerte, die nach 1945 nicht zurückgefordert werden konnten bzw. wurden oder die erbenlos geblieben waren, wurden 1957 - aber erst in Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 26 Abs. 2 des Staatsvertrages von Wien - die Sammelstellen eingerichtet. Ihre Aufgabe bestand darin, die Rückstellungsansprüche bezüglich derartiger Vermögen geltend zu machen, die rückgeforderten Vermögen zu verwerten und den Erlös schließlich an Opfer des Nationalsozialismus in Österreich zu verteilen. Die Sammelstelle A war für die Erfassung jener Vermögen, deren Eigentümer am 31. Dezember 1937 Mitglied der israelitischen Religionsgemeinschaft gewesen war, und Sammelstelle B für das nicht beanspruchte Vermögen der übrigen Verfolgten zuständig. Die Sammelstellen konnten nur Rückstellungsansprüche nach den ersten drei, nicht jedoch nach dem vierten bis siebten Rückstellungsgesetz erheben. Insgesamt erzielten die Sammelstellen Einnahmen in der Höhe von öS 326.157.203,40. Damit übertraf der Wert des erblosen Vermögens um das mehr als Zehnfache jene öS 25 Mill., die das Bundesministerium für Finanzen noch am Anfang der 50er Jahre als Maximalwert angenommen hatte. Nicht zuletzt auf Grund dieser dramatischen Unterschätzung des erblosen Vermögens war der Israelitischen Kultusgemeinde 1950 nur ein Darlehen von öS 5 Mill., an Stelle der erforderlichen öS 25 Mill. gewährt worden. Der Bestand "Sammelstellen" konnte im Österreichischen Staatsarchiv unter der Überbezeichnung "Hilfsfonds" fast lückenlos erfasst werden. Georg Weis, der Geschäftsführer beider Sammelstellen, hatte nach Beendigung der Tätigkeit die Übergabe des gesamten Aktenmaterials inklusive aller Karteien an das Staatsarchiv verfügt, nachdem sich eine zunächst ins Auge gefasste Archivierung in der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien aus Platzgründen als undurchführbar erwiesen hatte.
Reihe
Sprache
Verlagsort
Zielgruppe
Für Beruf und Forschung
Zeithistoriker, Rechts- und Wirtschaftshistoriker
Produkt-Hinweis
Broschur/Paperback
Klebebindung
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ISBN-13
978-3-486-56803-5 (9783486568035)
Schweitzer Klassifikation
Margot Werner, geboren 1974, Studium der Geschichte und Germanistik an der Uni Wien. Während des Studiums Schwerpunkt frühneuzeitliches Gerichtswesen (Diplomarbeit). Mitarbeiterin beim Projekt "Sozialgeschichte der Wiener. Juden im 18. und 19. Jhd." am Institut für Geschichte der Juden in Österreich. Danach Mitarbeiterin beim Projekt "Rechtssprechung der Rückstellungskommission am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien" im Rahmen der Historikerkommission, danach "Die Tätigkeit der Sammelstellen", dzt. Provenienzforscherin in der ÖNB, im Auftrag des Bundesdenkmalamtes.
Michael Wladika, freier Wissenschafter, Forschungen über die Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. Dissertation "Hoch Hohenzollern! Die Ursprünge des Nationalsozialismus in Österreich" (1999), voraussichtliches Erscheinungsdatum Ende 2003. Mitarbeiter beim Projekt "Rechtssprechung der Rückstellungskommission am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien" im Rahmen der Historikerkommission. Seit 1999 im Rahmen der Provenienzforschung für die Museen der Stadt Wien tätig