Ein chronisches Herzversagen entwickelt sich beim Menschen in den meisten Fällen sehr langsam, wobei es charakteristischerweise zu einem schleichenden Übergang von der kom-pensatorischen, adaptiven Hypertrophie des Myokards zu einer maladaptiven Dekompensa-tion kommt. Ein oftmals zusätzlich auftretendes Symptom bei einer kardialen Dysfunktion ist die Belastungsintoleranz. Ausgelöst wird diese Belastungsintoleranz u. a. durch eine Skelettmuskelschwäche, die eine allgemeine systemische Manifestation in diesem Krank-heitsbild ist und zu einer erhöhten Sterberate der Patienten beiträgt. Die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Skelettmuskulatur infolge einer chronischen Rechts- bzw. Links-herzinsuffizienz wurden allerdings bisher nicht vergleichend untersucht. In dieser Arbeit werden daher verschiedene histologische sowie molekularbiologische Parameter, wie z. B. die katabole/anabole Balance oder der Energiemetabolismus in der Skelettmuskulatur, in einem neuen zweistufigen Modell der Rechtsherzinsuffizienz mit einem bereits etablierten Modell der Linksherzinsuffizienz bei Ratten untersucht.
Zur Untersuchung einer chronischen rechtsventrikulären (RV) bzw. linkventrikulären (LV) Dysfunktion und ihrer Auswirkungen auf die peripheren Organe wurde entweder eine pul-monal-arterielle Bändelung (PAB) oder eine aortale Bändelung (AOB) in jungen Ratten durchgeführt. Der hierbei verwendete Clip war zum Zeitpunkt der OP nicht einengend für das entsprechende Gefäß, wodurch mit dem Wachstum der Tiere eine langsam zunehmende Stenose induziert wurde. Diese führte schließlich zu einem graduellen Übergang einer kompensierten kardialen Hypertrophie (7 Wochen nach der Konstriktion) zu einer chroni-schen Insuffizienz des belasteten Ventrikels (22 bis 26 Wochen nach Konstriktion). Die kardiale Funktion wurde anschließend echokardiographisch untersucht. Systemisch zirku-lierende Mediatoren wurden mittels ELISA bestimmt und drei verschiedene Muskel (M. soleus, M. gastrocnemius und das Zwerchfell) wurden histologisch und molekularbiolo-gisch mittels RT-qPCR, Antikörper-Arrays, Enzymassays und Western Blot analysiert. Des Weiteren wurde die mitochondriale Funktion anhand von Enzymaktivitätsmessungen und Mikrorespirometrie bestimmt.
In den Tiermodellen wurden zwei klar zu unterscheidende Stadien (adaptive, kompensatori-sche Hypertrophie und maladaptive, ventrikuläre Dekompensation) der Rechts- bzw. Linksherzinsuffizienz erreicht. Dies ermöglicht es uns unter Verwendung dieser beiden Modelle die differentiellen Effekte der Rechts- und Linksherzinsuffizienz auf die Skelett-muskulatur in Ratten zu untersuchen. Die echokardiographischen Analysen sowie die Un-tersuchungen des Plasma BNPs wiesen auf ein vergleichbar schweres Stadium der Herzin-suffizienz in den beiden Tiermodellen hin. Im Stadium der kompensatorischen Hypertro-phie konnten lediglich geringfügige Veränderungen in der Skelettmuskulatur beobachtet werden, wohingegen in der Dekompensation eine deutliche Beeinträchtigung der Muskula-tur sichtbar wurde. Die Ergebnisse zeigten, dass die beeinträchtigenden Auswirkungen auf die Skelettmuskulatur beim Linksherzversagen deutlich ausgeprägter sind, wohingegen die Effekte bei der Rechtsherzinsuffizienz vergleichbar gering ausfallen. Besonders beeinflusst hiervon ist vor allem die nur bei Bedarf aktivierte Muskulatur (M. soleus und M. gast-rocnemius), wohingegen das konstant aktive Zwerchfell im direkten Vergleich weniger beeinträchtigt scheint. Eine Muskelatrophie ließ sich anhand der reduzierten Muskelmasse sowie an dem abnehmenden Durchmesser der Muskelfasern innerhalb des M. soleus und des M. gastrocnemius erkennen. Des Weiteren wurde eine erhöhte Proteasomaktivität so-wie eine gesteigerte Expression der Ubiquitin E3 Ligase MuRF1, erhöhte Autophagie, mi-tochondriale Dysfunktion und eine beeinträchtigte Funktion der Atmungskette beobachtet. In den PAB-Ratten konnten nur geringe Effekte auf die Skelettmuskulatur festgestellt wer-den.
Die ersten Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Skelettmuskulatur sind die mitochond-riale Dysfunktion sowie die Hochregulation des Myostatins, welches das Muskelwachstum hemmt. Ursächlich für die Veränderungen innerhalb der peripheren Muskulatur nach AOB könnte die von uns beobachtete Aktivierung des RAAS sein. Die differentiellen Effekte einer chronischen Herzinsuffizienz auf die Atem- und Skelettmuskulatur hingegen könnten darin begründet sein, dass atrophische Vorgänge durch die gesteigerte Muskelaktivität in-folge einer verstärkten Atmung im Sinne eines Trainingseffektes kompensiert werden kön-nen.
Reihe
Thesis
Dissertationsschrift
2023
Justus-Liebig-Universität Gießen
Sprache
Verlagsort
Maße
Höhe: 21.5 cm
Breite: 14.8 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-8359-7128-8 (9783835971288)
Schweitzer Klassifikation