Werkzeugkoffer Vernehmung. Kriminalistisch Vernehmen.
Das Handbuch für den Praktiker. Band 1
Inhalt
A Grundlagen und Philosophie
Konzept und Philosophie - S. 15
Systematik - S. 20
A??1??Juristische Klaviatur: Die richtige Sprache sprechen - S. 23
1.1????Zeuge - Verdächtiger - Beschuldigter
1.2????Gespräch - Verhör - Vernehmung
1.3????Informatorische Befragung - Spontanäußerung
1.4????Vorgespräch?-?Kontaktgespräch?-?Vernehmungsgespräch
1.5????Feststellung der Person - (Noch) zur Person
1.6????Zeugnis-/Auskunftsverweigerungsrecht
1.7????Aussagefreiheit - Schweigerecht, Rederecht
1.8????Freier Bericht - Vermerk - Eindrucksvermerk
1.9????Strafanzeigen und Verkehrsunfälle
1.10??Gefährderansprache - Gefährderkommunikation
A??2??Das Info-Prinzip: Informationsspuren sichern - S. 39
2.1???Minimax Information
2.2???Informationen suchen, sammeln, sichern, sichten
A??3???Professionelle Neugier: Den Menschen in der Sache sehen - S. 44
3.1???Neugier als Beruf
3.2???Vernehmen mit Nähe und Distanz
A??4??Die Farben der Wahrheit: Schwarz-Weiß-Denken ablegen - S. 47
4.1???Die Wahrheit in Philosophie, Wissenschaft und Alltag
4.2???Die Wahrheit vor Gericht
4.3???Die Wahrheit in Vernehmungen
A??5??Vom Tatort zur Akte: Irrtümer kennen, Fehler benennen - S. 84
5.1???Die Wirkmacht des Irrtums
5.2???Analyse und Fehlerkultur
A??6??Kriminalistisches Denken: Mit Vernunft vernehmen - S. 89
6.1???Über das Denken
6.2???Über das Denken beim Ermitteln
6.3???Das »KD-Haus«: Ein neues Arbeitsmodell
6.4????Kriminalistisches Denken in Vernehmungen
B ?Handwerk
Übersicht und Vorbemerkung - 154
B 1??Psychologie
1.1???Aussagefähigkeit (Aussagetüchtigkeit) - S. 157
1.1.1 Wahrnehmung - Gedächtnis - Wiedergabe
1.1.2 Die Aussagefähigkeit verbessern
1.2???Aussageehrlichkeit - S. 174
1.2.1 Glaubwürdigkeit - Glaubhaftigkeit
1.2.2 Ungeübte Lügner - Geübte Lügner
Verbale Signale (Wortsprache)
Paralinguistische Signale (Lautsprache)
Körpersprachliche Signale (Gestik, Mimik u.?a.)
Die Prüfung der Aussageehrlichkeit
1.2.3 Die Aussageehrlichkeit beurteilen
1.2.4 Körpersprache als Ausdrucksmittel für Gefühle
1.3???Aussagebereitschaft - S. 188
1.3.1 Aussagemotive, Aussagemotivation
Tatbedingte Aussagemotive
Persönlichkeitsbedingte Aussagemotive
Situationsbedingte Aussagemotive
1.3.2 Die Aussagebereitschaft fördern
B 2??Recht
2.1???Vorschriften zur Verfahrensführung - S. 203
2.1.1 Aktenklarheit, Aktenwahrheit, Aktenvollständigkeit
2.1.2 Pflicht zum Schlussbericht?
2.2???Polizeiliche Vorladung - S. 208
2.2.1 Inhalt, Form, Erscheinungspflicht
2.2.2 Anwesenheitsrechte und Ausschlussmöglichkeiten
2.3???Belehrungspflichten - S. 214
2.3.1 Allgemeines
Das Recht auf Klarheit und Verständlichkeit
Beweisverbote und Beweiswert
Der richtige Zeitpunkt der Belehrung
Schweigerechte (§§ 53, 53a, 54 StPO)
Ärztliche Schweigepflicht, § 53 StPO
Amtsverschwiegenheit, § 54 StPO
2.3.2 Belehrung von Zeugen - S. 238
Allgemeines
Eröffnung zur Sache und zum Beschuldigten
Wahrheitspflicht, strafrechtliche Folgen
Zeugnisverweigerungsrecht
Richterliche Vernehmung
Auskunftsverweigerungsrecht
Weitere Zeugenrechte
Zeugenbeistand
Dolmetscher
Entschädigung
Beschränkung von Angaben, Zeugenschutz
Opfer-/Verletztenrechte
Rechtsbeistand
Vertrauensperson
Psychosoziale Prozessbegleitung
Dolmetscher?-?TOA?-?Akteneinsicht
Sonstige Hinweispflichten
Zur Beachtung für die Polizei
Polizeilicher Opferschutz im KD-Haus
2.3.3 Belehrung von Beschuldigten - S. 301
Allgemeines
Eröffnung des Tatvorwurfs
Der Tatvorwurf im KD-Haus
Das Recht auf Aussagefreiheit
Das Recht auf Verteidigerkonsultation
Hilfestellung zur Kontaktaufnahme
Das Recht auf Pflichtverteidigung, Kostentragung
Das Recht auf Beweisanregungen
Mitteilung der Verdachtsgründe
Schriftliche Äußerung, Täter-Opfer-Ausgleich
Das Recht auf Verständlichkeit
Erweiterte Beschuldigtenrechte
Das Recht auf Dolmetschung und Übersetzung
Verteidigerrechte bei einer Gegenüberstellung
Belehrungspflichten nach Freiheitsentzug
Qualifizierte Belehrung (Fehler heilen)
2.4???Verbotene Vernehmungsmethoden - S. 365
2.4.1 Allgemeines
2.4.2 § 136a StPO: Verbotene Methoden in der Übersicht
2.4.3 Kriminalistische List vs. Täuschung
2.5???Weitere Rechtsvorschriften - 383
2.5.1 Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)
2.5.2 Gegenüberstellungen
2.5.3 Rechtliche Stellung von Betreuern
2.5.4 Akteneinsicht/Aushändigung von Protokollen
Anhänge
Rätsellösungen und Anmerkungen
Glaubhaftigkeitsanalyse von Aussagen
Körpersprache und Lügenerkennung
Opferrechte, Glossar
Rechtsvorschriften, Vergleichende Übersichten
Schnellkurs: Merksätze und Schaubilder
Schnellfinder: Wichtiges auf einen Blick
Literatur und Quellen
Bildnachweis
Abkürzungen
Schlagwortverzeichnis
Impressum
Betrunkene Fußballfans, Zufallszeugen eines Überfalls, weinende und wütende Opfer; Betrüger, Diebe, Räuber, Mörder: Als Streifenbeamtin und als Ermittlerin bei der Kriminalpolizei habe ich zahlreiche Menschen in unterschiedlichen Situationen als Zeugen oder Beschuldigte vernommen. Ob es sich um einen Fahrraddieb oder einen mutmaßlichen Doppelmörder handelte, ob jemand einen Raubüberfall oder eine Beleidigung anzeigen wollte, ob ich das Opfer einer Vergewaltigung oder einer Schlägerei befragte: Nicht nur die Vernehmungsinhalte unterschieden sich, sondern auch das »Drumherum«.
Das fing bei der Art und dem Umfang der - bei Sofortsachen nur selten möglichen - Vernehmungsvorbereitung an, zeigte sich in der Dauer und Tiefe der jeweiligen Vernehmungsgespräche, aber auch im Aufwand für die spätere Analyse und Vorbereitung auf die Hauptverhandlung (zu der es bei Fahrraddieben in der Regel nicht kam). Bei allen Unterschieden im Detail waren die Grundsätze meiner Vernehmungsarbeit jedoch stets die gleichen: Ich musste die einschlägigen Rechtsvorschriften kennen und anwenden, handwerklich sauber arbeiten und in der Lage sein, situationsgerecht und empathisch mit meinem Gegenüber zu kommunizieren.
Auf diesen Erfahrungen konnte ich aufbauen, als ich im Jahr 2004 vom K 11 (Tötungsdelikte, Raub und Erpressung) des Polizeipräsidiums Südosthessen (Offenbach am Main) an die (damalige) Polizeiakademie Hessen und damit von der Praxis in die Theorie wechselte: Ich erhielt die Aufgabe, die Vernehmungsfortbildung für die hessische Polizei neu zu konzeptionieren. »Meine Intention war es, eine Hausapotheke Vernehmung anzulegen, die Anwendungshilfe für die Praxis bietet«, leitete ich mein erstes Seminarskript ein. Dieses Erste-Hilfe-Set entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem prallgefüllten »Werkzeugkoffer Vernehmung«, in dem Inhalte aus der einschlägigen Fachliteratur ebenso Platz fanden wie Anregungen meiner Seminarteilnehmer und Erfahrungen von Staatsanwälten, Richtern und Verteidigern, die als Referenten in meinen Seminaren wesentlich dazu beitrugen, die juristische Seite polizeilicher Vernehmungsarbeit deutlich zu machen. Nicht zuletzt durch eine Feldstudie zur Vernehmungsmethode EVA (Eigenständiges Vernehmungsprotokoll für Augenzeugen) flossen auch wissenschaftliche Erkenntnisse in das Konzept ein. Mit der Übernahme eines Lehrauftrags für Kriminalistik und Kriminologie an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung kamen Aspekte der hochschulischen Lehre hinzu. Trotzdem blieb der »Werkzeugkoffer Vernehmung« in der Hauptsache ein aufs kriminalistische Vernehmen bezogenes Konzept für die praktische Ermittlungsarbeit in der Schutz- und Kriminalpolizei.
Obwohl die meisten polizeilichen Vernehmungen in der sogenannten Alltags- oder Massenkriminalität durchgeführt werden, thematisieren einschlägige Handbücher, Medien und die Öffentlichkeit vorrangig »große« Fälle. Und im Streifendienst herrscht gern Understatement: Man habe doch »nur« eine Befragung im Ersten Angriff vorgenommen, der Zeuge habe nicht viel gewusst, alles sei bloß eine »kleine Sache«, die Aufnahme der Strafanzeige »reine Routine« und das kurze Gespräch mit dem Beschuldigten im Streifenwagen »kaum der Rede wert«. Dabei kommt es im weiteren Verlauf der Ermittlungen, aber auch in der späteren Hauptverhandlung, nicht selten auf die getreue Rekonstruktion von Standardsituationen und Routinetätigkeiten im Ersten Angriff an. Ich möchte daher mit diesem Buch den »Werkzeugkoffer Vernehmung« auch für Beamtinnen und Beamte öffnen, die in Delikten der einfachen bis mittleren Kriminalität oder in Sofortsachen ermitteln. Unabhängig davon kann der »Werkzeugkoffer« alten wie jungen Hasen in allen Deliktsfeldern als Lern- und Lesebuch dienen, um Vernehmungswissen aufzufrischen und zu systematisieren.
Wegen des Umfangs habe ich mich entschieden, das Handbuch in zwei Bänden zu veröffentlichen. Band 2 erscheint im Sommer 2023. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und viel Erfolg beim »Kriminalistischen Vernehmen«.
Nikola Hahn, im März 2023