Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Hermann Kutscher bekam das Angebot, den englischen Krimi SCHWESTER BONAVENTURA für das österreichische Fernsehen zu inszenieren. Er gab mir das Stück zu lesen und schlug mir vor, die Fernsehfassung zu schreiben.
Ich glaubte an einen Scherz.
Was ich in Händen hielt, war das absurdeste, unglaubwürdigste Erzeugnis dieser Art, das ich je gelesen hatte.
Eine Klosterschwester auf einer meerumtosten Insel löst nicht nur einen lange zurückliegenden Kriminalfall, nein, sie rettet auch die zu Unrecht zum Tod verurteilte "Mörderin" in letzter Minute vor dem Galgen.
Zum Glück hat Schwester Genoveva sämtliche Schränke mit alten Zeitungen ausgelegt. Das ermöglicht der kriminalistisch privilegierten Bonaventura, sich mit der Vorgeschichte des Mordfalls vertraut zu machen. Unvorhergesehene Motorschäden zwingen vorbeifahrende Schiffe, an der Klosterinsel anzulegen und wichtige Informationen loszuwerden, und ab und zu sorgt ein Sturm für die nötige Atempause.
War es unsere Aufgabe, für die Glaubwürdigkeit von ORF-Produktionen auf die Barrikaden zu steigen?
Mitnichten!
Ich fragte nach der Bezahlung. Sie war gut.
Also trafen Hermann Kutscher und ich uns zwei Wochen lang täglich im Café Maria Treu in der Piaristengasse, schrieben das Drehbuch und lachten.
Das Ding wurde tatsächlich gedreht, noch dazu in hervorragender Besetzung: Erika Pluhar war die begnadete Schwester, Louise Martini die im letzten Moment gerettete Unschuld und den Mörder, einen Arzt, rabenschwarz, damals noch nicht Chef der Schwarzwaldklinik, spielte Klausjürgen Wussow.
Unter anderem musste er Röntgenbilder eines Patienten begutachten. Ich hatte einige bei einem befreundeten Arzt besorgt.
Wussow hängte sie auf, kniff die Augen zusammen und kommentierte fachmännisch.
Als der Film ausgestrahlt wurde, läutete bei dieser Szene das Telefon. Es war der befreundete Arzt. Er sagte: "Die Bilder hängen verkehrt!"
SCHWESTER BONAVENTURA war ein Riesenerfolg.
Wir bekamen glänzende Kritiken, und die Sendung war Stadtgespräch.
An Kitsch müsse man glauben, hatte ich gedacht.
Die Überzeugung geriet ins Wanken. Gewiss, es gibt wenige Beispiele für bewusst konstruierten Kitsch, mir fallen da nur die ANGÉLIQUE-Romane von Serge und Anne Golon ein, angeblich geschrieben aufgrund einer Wette.
Zu meinen, Frau Marlitt und Frau Courths-Mahler haben sich beim Schreiben ihrer Romane ins Fäustchen gelacht, wäre dumm.
Mit anderen Worten: Der Erfolg unserer SCHWESTER BONAVENTURA ist mir noch heute rätselhaft bis peinlich.
Aber wir hatten zwei vergnügte Wochen.
Zurück zu Jerzy Macc.
Ich hatte Neuberg eine Satire über Wiener in Venedig vorgeschlagen, Leute, die - gefangen in ihrer Zimmer-Kuchl-Kabinett-Welt - herdenartig durch die Straßen trotten, auf der Suche nach einem Schnitzel, und keinen Blick für die Schönheiten haben, die sie umgeben.
Wir hatten an einen permanenten Kontrast zwischen banalem Dialog und atemberaubender Kulisse gedacht, ein Konzept, das mir inzwischen undurchführbar erschien, ganz zu schweigen von seiner bildungsbürgerlichen Überheblichkeit. Wann soll jemand, aufgewachsen in Zimmer-Kuchl-Kabinett, seine Begeisterung für Tizian, Verrocchio und Donatello entdecken? Ich kam Jerzy Macc gegenüber in Erklärungsnot. Das "Papier", das er von uns bekommen hatte, enthielt die Skizze einer Handlung von äußerster Banalität: dauerndes Ehegeplänkel samt unglaubhaft-dramatischem Höhepunkt (der Mann glaubt fälschlicherweise, seine Frau habe Selbstmord begangen, und schließt sie erleichtert in die Arme), das Ganze als Kontrapunkt zu hinreißenden Venedigaufnahmen.
Der Haken war nur: Jerzy, nicht verwöhnt von SONNE, SYLT UND KESSE KRABBEN, fand die Geschichte prima, Venedig her oder hin, und ich schaffte es nicht, ihm unsere Stilidee zu vermitteln.
Sogar dem damaligen Fernsehspielchef (ich glaube, es war Florian Kalbeck) gefiel die Sache, und die Produktion fand tatsächlich statt.
Maria Sommer hatte abgelehnt, CANAL GRANDE zu vertreten ("Nicht ganz mein Genre", hatte sie vornehm gesagt, "aber alles Gute, habt eine schöne Zeit in Venedig!").
Ergebnis: ein uninteressantes Venedig-Filmchen, das mir groteskerweise einen weiteren Auftrag einbrachte: das Drehbuch zu einem Kinofilm, Regie wiederum Jerzy Macc, Produzentin: Ebelin Bucerius, die Ehefrau von Gerd Bucerius, dem Herausgeber der ZEIT.
MATTANZA spielte auf Sizilien und war genauso uninteressant wie CANAL GRANDE. Unvergesslich ist mir allerdings unsere einwöchige Motivsuche:
Frau Bucerius, Jerzy, ich und "Conte Rudy", ein leicht verwitterter Playboy, zuständig für Public Relations, fuhren im Auto rund um die Insel und einmal quer mittendurch.
Im einsamen Amphitheater von Erice fiel Conte Rudy, der offenbar einen Ruf zu wahren hatte, vor mir auf die Knie und versicherte mich urplötzlicher, noch nie empfundener, übermächtiger Liebesgefühle.
Antikes Steinrund! Blühende Mandelbäume! Vogelgezwitscher!
Danke, Rudy!
Dass meine Zimmertüre nachts verschlossen blieb, hat er, vermute ich, nicht gemerkt.
Im Übrigen konzentrierten beide Herren ihre Huldigungen auf Frau Bucerius, die gleichbleibend guter Laune war und alles bezahlte.
Die folgende Anekdote verdanke ich Conte Rudy:
Er sei, erzählte er, in Cortina d'Ampezzo im Sporthotel gewesen und habe es sich am Swimmingpool bequem gemacht, umgeben von Bikininixen, als ein bildschöner Sportler hereinkam, den Sprungturm erkletterte und von der obersten Plattform perfekt ins Wasser sprang.
Die Nixen hoben die Köpfe, die Aufmerksamkeit ebbte ab, da erschien ein zweiter Sportler, womöglich noch attraktiver als der erste, kletterte auf die höchste Plattform und sprang. Sodann ein dritter! Und ein vierter!
Katastrophe!
Die italienische Turmspringer-Olympiamannschaft war vollzählig eingerückt.
"Und Sie?"
"Abgereist!"
In meinem Gedichtband IST DIE SCHWARZE KÖCHIN DA? habe ich Rudy folgende Zeilen gewidmet:
CABRIO
Ich werde mich jetzt besaufen.
Prost! Wollen Sie wissen, wieso?
Ich musste mein Auto verkaufen!
Mein schönes Cabrio!
Männer in Ihren Jahren
sollen nicht mehr Cabrio fahren!
Sagt Doktor Eberstein.
Ich sehe das nicht ein.
Der Fahrtwind macht Ohrenschmerzen.
Die, wiederum, schaden dem Herzen
und führen zum Herzinfarkt.
Klartext: Man ist weg vom Markt!
Die hübschen Beifahrerinnen,
die üppigen sowie die dünnen,
steigen woanders ein!
Na und? Sagt Eberstein.
Der Mann hat keine Ahnung!
Beleidigt mich mit der Ermahnung:
Kaufen Sie Ohrenschützer!
Ein Cabriobesitzer!
Ein Playboy!! Ein Triumphator!!
Warum nicht gleich einen Rollator?
Das Auto war unwiderstehlich.
Eroberung geschah nicht allmählich,
sondern schlug ein wie der Blitz!
Der kuschelige Beifahrersitz
blieb nie lange leer! Jetzt ist Schluss.
Jetzt fahre ich mit dem Bus!!
So gut wie unsichtbar! Als gäb's
mich nicht! Teil der Plebs!
Im Linienbus kennt mich kein Schwein.
Trotzdem. Ich will nicht verschweigen,
dass sich auch Vorteile zeigen.
Man hat mir, wie einem Idioten,
unlängst im Bus Platz angeboten!
Ich war zutiefst verletzt.
Dann hab ich mich hingesetzt.
Die Frau neben mir war schön.
Ich musste mir eingestehen,
hätte ich das Cabrio noch,
stünde ich, eben doch,
unter Flirt-Zwang. Nicht hier im Bus.
Damit ist jetzt endgültig Schluss!
Eigentlich prima. Kein Stress!
Außerdem - ich vergess
alles! Mir fällt nichts mehr ein!
Der Bus bleibt stehen. Haltestelle.
Wer steigt ein? Eine Gazelle!
Blond! Blauäugig! My cup of tea!
Ich steh auf. Es sticht im...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.