Harte Verhandlungen - und was Sie daran hindert, sie zu Ihren Gunsten zu entscheiden
Ring frei: Was Sie in dieser ersten Boxrunde erfahren
- Wir zeigen Ihnen, warum Sie in Verhandlungen und Verkaufsgesprächen scheitern und zu Boden gehen.
- Sie erfahren, von welchen lieb gewonnenen Überzeugungen und Glaubenssätzen Sie sich schnellstmöglich verabschieden sollten, weil Sie Ihren Verhandlungserfolg gefährden.
Neue Verhandler braucht das Land
Einen der Schlüsselsätze dieses Buches kennen Sie bereits: »Erfolgreiches Verhandeln und Verkaufen beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit und der Realitäten.« Beginnen wir doch einfach damit: Die Zeit, in der miteinander verhandelt wurde, scheint der Vergangenheit anzugehören - falls sie jemals existiert hat. Im Verkauf, dem klassischen Verhandlungsbereich schlechthin, hängen viele Vertriebsleiter und Verkäufer gedanklich der schönen guten alten Zeit nach, in der sie allein durch die Darstellung ihrer Produkte und die Auflistung der grandiosen Produktvorteile gute Verkäufe erzielen konnten. Umso schwerer fällt es ihnen, heutzutage in harten Verhandlungen bestehen zu können.
Die »heile Welt« im Verkauf - es gibt sie nicht mehr. Aus dem Mund vieler Verkäufer fast aller Branchen hören wir, dass immer häufiger über den Preis verkauft wird, der Wettbewerb mörderisch geworden ist und kaum ein Einkäufer Listenpreise akzeptiert. Einkäufer haben aufgerüstet, sie verhandeln mit mehr Druck und nutzen die Möglichkeiten moderner Medien, Informationen zu beschaffen, die sie gegen den Verhandlungspartner verwenden.
Und in dieser Situation treffen sie auf Verkäufer, denen in Seminaren, Verkaufsratgebern und Meetings eingebläut worden ist, doch bitte schön über den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu verkaufen: Softselling statt Hardselling, Beziehungsmanagement ja, Abschlussorientierung nein - das scheint immer noch das Mantra vieler Verkäufer zu sein.
Unsere Befürchtung ist: Durch diese eindimensionale Konditionierung ist eine ganze Generation von Verhandlern und Verkäufern in die verantwortlichen Positionen hineingewachsen, die sich nicht mehr (zu)traut,
- ihre Interessen knallhart zu verteidigen und zu wahren,
- auch einmal den Verhandlungsgegner aggressiv-provokativ anzugehen, und
- die Konkurrenz aktiv zu verdrängen.
Auf den Punkt gebracht
Eine ganze Generation von Verhandlern und Verkäufern hat das harte Verhandeln verlernt.
Aber es gibt sie leider - die »dunkle Verhandlungs-Seite«, in der die knallharte Auseinandersetzung unvermeidlich ist, in der die Fetzen fliegen und in der Sie zur Kampfrhetorik greifen müssen, mithin zu Mitteln, die dazu dienen, sich durchzusetzen und zu gewinnen. Und oft entpuppt sich der Anspruch, fair zu agieren, als trügerische Illusion, nicht immer werden die Guten am Ende belohnt, zuweilen ist der Ehrliche und Faire am Ende der Dumme.
Bevor nun Ihre Mitarbeiter und Sie den Instrumentenkoffer mit der Aufschrift »Beziehungsmanagement« über Bord schmeißen - STOPP: Er wird nach wie vor gebraucht. Doch er alleine genügt halt nicht. Denn es gibt weder DAS Hardselling noch DAS Softselling. Es gibt nur jeden Tag neue und ganz verschiedene Kommunikations- und Verhandlungssituationen mit sehr unterschiedlichen Gesprächspartnern. Diese Situationen bewältigen Sie nur, wenn Sie über ein breit gefächertes Arsenal an kommunikativen Techniken, Methoden und Strategien verfügen und zu beidem fähig sind - zum Beziehungsmanagement und zum harten Verhandeln.
Auf den Punkt gebracht
Verabschieden Sie sich von jedem eindimensionalen Denken in »Alternativlos-Sätzen«: Es gibt immer mehrere Wege zum Ziel. Es ist fahrlässig, allein auf die Erfolgskarte »Beziehungsmanagement« zu setzen.
Der »Krieger« im Einkauf - und seine Folgen
Wann hat sich die Verhandlungsatmosphäre in die Richtung eines härteren Umgangstons entwickelt? Ein einschneidendes Ereignis war, als José Ignacio López de Arriortúa auf der Bildfläche der Automobilbranche erschien. Er zwang die Zulieferer seiner jeweiligen Arbeitgeber zu bis zu diesem Zeitpunkt unglaublichen Zugeständnissen. Unter seiner Ägide veränderte sich das Einkäuferverhalten enorm. Beispielsweise setzte López bei Lieferanten seine Einkaufspreise schriftlich für die nächsten fünf Jahre fest - und zwar mit fallender Tendenz. Das heißt: Er schrieb den Zulieferern über fallende Preise quasi vor, für Produktivitätszuwächse auf Seiten von Opel, General Motors oder Volkswagen - je nachdem, wo er gerade tätig war - zu sorgen, indem er immer heftiger an der Kostenschraube drehte.
Wer in die Gedankenwelt dieses »Kriegers« und erfolgreichen, aber auch umstrittenen Managers eintauchen will, liest am besten das Interview, das Sie im Internet unter http://www.brand eins.de/archiv/2006/erfolg/der-krieger.html finden.
Ob die Vorgehensweise des Spaniers stets angemessen gewürdigt und kritisiert worden ist, wollen wir hier nicht entscheiden. Für unseren Zusammenhang entscheidend ist die kompromisslose Verhandlungsführung des Managers, der mit seinem Verhandlungsstil gewiss für eine Verschärfung im Umgangston zwischen Verkauf und Einkauf und eine aggressivere Akzentuierung der Verhandlungskultur allgemein gesorgt hat.
Das Ergebnis ist bekannt: Gewinne und Deckungsbeiträge wurden massiv angegriffen. Das fand statt Ende der 1980er- und zu Beginn der 1990er-Jahre. Was in der Automobilindustrie begann, hat sich inzwischen auf nahezu alle Wirtschaftsbereiche ausgeweitet.
Zwischen Verkauf und Einkauf herrscht seit diesem Zeitpunkt eine immer größere Rivalität. Das betuliche Miteinander gehört seit langem der Vergangenheit an. Und doch fällt es vielen schwer, diese Entwicklung zu akzeptieren. Am Beispiel der Lebensmittelbranche lässt sich verdeutlichen, was in den vergangenen Jahrzehnten passiert ist: Es haben sich Machtblöcke auf beiden Seiten herausgebildet. Handelskonzerne wie die Schwarz-Gruppe mit Kaufland und LIDL, Metro und EDEKA stehen ebenso mächtigen Konzernen wie etwa Unilever, Bestfood oder Procter & Gamble mit ihren Markenfamilien gegenüber.
Die Konzerne sind aufeinander angewiesen, auf beiden Seiten besteht eine große Machtfülle. Wenn die eine Seite mit Auslistung einer Produktgruppe, also der Beendigung der Zusammenarbeit, droht, zeigt die andere Seite auf, welche Regale in Kürze in anderen Produktgruppen nicht mehr bestückt werden, wenn die Auslistung umgesetzt würde.
So geraten beide Seiten unter Druck - der Verkauf und der Einkauf. Stellen Sie sich nur einmal vor, die Einkaufsabteilung Ihres Unternehmens würde ihren Job nicht machen. Welche Preise müssten Sie im Verkauf dann am Markt realisieren - und wäre das überhaupt möglich?
Zwei Welten treffen aufeinander
Beschäftigen wir uns etwas näher mit der Welt der Einkäufer. Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Einkäufer schon sehr früh in der Einkaufsabteilung dafür ausgebildet werden, dass vor allem eines stimmen muss: die Zahlen. Und damit sind wir sehr schnell beim heiligen Gral des Einkaufs, beim Preis. Viele Einkäufer - und lassen Sie uns bitte betonen, dass sich unter den Einkäufern sehr viele feine Menschen befinden, es geht uns nicht darum, eine Berufsgruppe zu verdammen - kennen nur den Preiswettbewerb, aber nicht den Qualitätswettbewerb.
Diese Tendenz verstärkt sich durch die Tatsache, dass gerade in den großen Konzernen und Unternehmen viele Absolventen direkt nach dem Studium auf eine Einkäuferstelle gelangen. Nach der Theorie-Prägung auf der Universität kommt es zur Zahlen-Prägung in der Einkaufsabteilung. Und dann treffen die Zahlen-Daten-Fakten-Einkäufer mit ihrer Fixierung auf den Preis, den Preis und den Preis auf Verkäufer, die vor allem mit dem Instrumentarium des Softsellings und des Beziehungsmanagements arbeiten.
Viel zu spät stellen die Verkäufer fest: Viele der Einkäufer wollen gar keine Beziehung! Zu ihrer Stellenbeschreibung und zu ihrem Qualifikationsprofil gehört es eben nicht, vertrauensvolle Beziehungen zum Verkäufer aufzubauen. Vielmehr wollen sie Produkte und Dienstleistungen zum günstigsten Preis und in bester Qualität einkaufen.
Hinzu kommt: In manchen Unternehmen wird den Einkäufern verdeutlicht, dass der Erfolg im Einkauf oft den nächsten Schritt auf der Karriereleiter einleitet. Wer sich im Einkauf seine Sporen verdient hat und dann befördert wird, nimmt die Zahlen-Daten-Fakten-Fixierung »mit nach oben«. Diese prägt dann schließlich auch seine harte und nahezu unerbittliche Verhandlungslinie bei Gesprächen auf der Abteilungsleiter- und Geschäftsführerebene oder gar als Vorstand.
Auf den Punkt gebracht
Wo auch immer der beziehungsorientierte Verhandler agiert: Er begegnet aggressiven und zahlenorientierten Verhandlungsgegnern, bei denen seine Maßnahmen, etwa Gemeinsamkeiten zu schaffen, auf taube Ohren...