INHALT
Vorwort
DER AGENT IN MIR 11
Einleitung
SPOT AUF DAS POTENZIAL 13
Weiter springen 14
Ein Buch für Schatzfinder 15
Kapitel 1
WAS SOKRATES FRAGTE UND NIETZSCHE VERSCHWIEG 21
Kein Glück ohne Talent 22
Am Horizont der Möglichkeiten 23
Nichtwissen 25
Fragen als Richtungsweiser 29
Die Entdeckung des Talents 30
Das Glück des Pessimisten 32
Vom Himmel auf Erden 35
Kapitel 2
EINE KOPIE IST NIE SO GUT WIE DAS ORIGINAL 39
Das Talent als Naturgesetz 41
Auf fremden Wegen 42
Bitte keinen Stress 45
Die Extreme im Mittelmaß 47
Stärken-Map 50
Stärken sind Kopfsache 51
10 Indizien für Ihre Stärkenlinie 53
Kapitel 3
MYTHOS ODER EINE VERBINDUNG VON PROTEINEN 57
Das kleine Geheimnis im Leben 58
Die Vermessung der Gene 61
Die Phänomenologie des Subjektiven 62
100 Prozent Einsatz für 12 Prozent Ergebnissteigerung 65
Der Drei-Sekunden-Blitz 66
Kapitel 4
STÄRKEN ERKENNEN - DER SELBSTTEST 69
Der rote Faden im Gewebe 72
Drei Sekunden Staunen 74
Die Big Five der Persönlichkeit 79
Selbsteinschätzung: Mein Stärkenprofil 81
Anleitung zum Stärken-Finden 82
Ergebnis: Mein Stärkenprofil 84
Auflösung 86
Kapitel 5
GEFUNDEN, GEHALTEN, GESCHLIFFEN 89
5 Phasen des Wachsens 92
Rendezvous mit den Stärken 93
Kick im Außen 94
Alles fließt 95
Talent trifft Stärke 99
Die Bandbreite zwischen Stärke und Schwäche 102
Mit dem Blick des Managers 104
Flow-Aufgaben nach dem Stärkenprofil 105
Kapitel 6
EIN GRUNDRAUSCHEN VON GLÜCK 107
Es war einmal . 110
Die feine Trennlinie zwischen Talent, Stärke und Können 112
Meine Definition 114
Müde heißt nicht erschöpft 115
Ist Glück eine Sache von Genen? 118
Fragen zur Stärkenfindung 120
Stärkenblockade 122
Kapitel 7
VON DER ANGST, DIE TRÄUME IM LEBEN NICHT ZU ERREICHEN 125
Pyramiden besteigen 126
Ausreden sind wie Stoppschilder 128
Drei Klassiker der Saboteure 129
Vom Reflektieren der Dinge 133
Das Stolpern im Konjunktiv 134
Elf Jahre Wartesaal 136
Karriere nach Stärken 137
Kapitel 8
DREI SEKUNDEN GEGENWART 141
Durchbruch im Gleichmaß 142
Der Sanitäter 144
Auf der Bettkante 146
Der Wertehimmel über mir 148
Ein starkes Duo 152
Kapitel 9
ZEITPLANUNG NACH STÄRKEN 155
Zeit ist relativ 158
Von Lerchen und Eulen 159
Spiel mit Instrumenten 161
Fünf Fallen in der Zeitplanung 165
Kapitel 10
MIT SCHWÄCHEN UMGEHEN 175
Die innere Landkarte entsteht 180
Raus aus dem Mangeldenken 181
Von Kritik und Lob 182
Die fünf Sorten von Schwächen 184
Kapitel 11
DIE MAGIE DES BESONDEREN 191
Corporate Behavior und ähnliche Irrungen 193
Selbsterkenntnis oder: die Sinnhaftigkeit der Authentizität 194
In Gummistiefeln laufen 197
Stress mit Stärken 198
Kapitel 12
DAS DREHBUCH DES LEBENS 207
Die Auflösung der Starrheit 208
Zwei Formeln, zwei Ergebnisse 210
Sie sind der Autor! 211
SCHLUSSWORT 215
DANKSAGUNG 219
ANMERKUNGEN 221
REGISTER 225
Dieses Buch ist meinen Eltern Inge und Edi Rebmann gewidmet,
die mich immer ermutigt haben, ein Leben zu führen,
das meinen Stärken entspricht.
Vorwort
DER AGENT IN MIR
Mein Name ist Martin, Leo Martin. Ich habe Kriminalwissenschaften studiert und war zehn Jahre lang für den deutschen Geheimdienst im Einsatz. Mein Auftrag war es, Informanten im Milieu der Organisierten Kriminalität anzuwerben und sie dazu zu bringen, mir geheime Insiderinformationen anzuvertrauen. Und ich war einer der Besten in diesem Job. Ich wurde trainiert und bis an die Zähne bewaffnet - mit den Geheimwaffen der Psychologie und der Kommunikation. Meine Menschenkenntnis war mein wichtigstes Handwerkszeug.
Während meine Kollegen regelmäßig auf Spurensuche nach Schwächen, Ängsten und Konflikten waren, die einen operativen Ansatzpunkt boten, ging ich anders vor. Ich habe mich von Anfang an auf die Stärken meiner Zielpersonen konzentriert, denn diese sind der eigentliche Zugangscode zum Gegenüber.
Frank Rebmann ist der Experte auf diesem Gebiet. Er war auch mein "Stärken-Scout". Er hat mir gezeigt, wo meine Stärken liegen: Ich bin ein echter Krisenmanager und Verbindlichkeit ist meine Mission. Frank war das schon lange vor mir klar. Diese Stärken setze ich heute sehr bewusst ein - beruflich und privat.
Immer dann, wenn Druck aufkommt und andere den Überblick verlieren, gelingt es mir, das Ziel weiter zu verfolgen, schnelle, pragmatische Entscheidungen zu treffen und trotzdem das Vertrauen der Menschen um mich herum zu behalten.
Mit diesem Buch halten Sie den Schlüssel zu Ihren Stärken in der Hand. Und zu denen Ihrer Mitarbeiter, Kunden, Kinder oder Ihres Partners. Es wird auch Ihr Leben bereichern und verändern. Sie werden sich selbst und andere zu Höchstleistungen motivieren - genau dort, wo es Sinn und Spaß macht. Wenn man andere Menschen für sich und seine Ziele gewinnen will, gilt: "Man muss Menschen rühren, nicht schütteln!"
Leo Martin, Ex-Geheimagent
Einleitung
SPOT AUF DAS POTENZIAL
Haben Sie das Gefühl, da geht noch mehr in Ihrem Leben, in Ihrer Karriere, in Ihrem ganzen Wirken und Tun? Denken Sie, da schlummert noch etwas in Ihnen, ein ungenutztes, vielleicht unentdecktes Potenzial? Dann sind Sie mit diesem Gefühl nicht alleine.
Kaum ein anderes Thema treibt Politik und Wirtschaft, ja ganze Nationen in gleicher Weise um. Sie alle sind auf der Suche nach dem Potenzial im Menschen, denn es ist die Grundlage für jedwede Leistungskraft. An der Summe der eingebrachten Potenziale lässt sich ein Bruttonationalprodukt messen. Damit klettert ein Unternehmen in die erste Branchenliga. Kurzum: Wachstum entsteht dann, wenn Menschen ihr Bestes geben - und das sind ihre Stärken. Diese Botschaft ist auch im Management angekommen. Spätestens seit der StrengthsFinder des amerikanischen Gallup-Instituts auch hierzulande Berühmtheit erlangte, machen sich die Manager auf, nach probaten Methoden zu suchen, um die Stärken ihrer Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg zu nutzen.
Als Philosoph und Stärkentrainer schrecke ich an dieser Stelle zurück. Zwar ist es richtig, dass sich der Blick endlich von den Schwächen der Mitarbeiter1 abwendet. Ein Buchhalter wird nicht mehr mit Kreativitätsseminaren, ein Analytiker nicht mit Rhetorikkursen gequält. Ein begnadeter Redner darf Meetings gestalten und ein anderer, dem die Atmosphäre im Team am Herzen liegt, wird mit Kusshand um Kaffee, Kuchen und Konfliktlösung gebeten. Das alles sind Meilensteine in einer sinnvollen Mitarbeiterentwicklung. Wir sind auf einem guten Weg. Wir geraten ganz langsam auf jene Ebenen, die der Managementexperte Peter Drucker zeit seines Lebens von den Führungskräften einforderte, nämlich die Vielfalt der Mitarbeiter zu beachten und ihre Stärken in die Unternehmensgestaltung einfließen zu lassen. Ein wunderbares An-sinnen! Die Crux ist nur: Die Manager gehen die Sache zu pragmatisch an. Sie suchen in bewährter Manier nach Standards - und landen bei einem Kompetenzmodell - und schon geht das Kategorisieren nach Begriffen los. Nach einer Phase des Beobachtens ist der Mitarbeiter einsortiert: Welche Kompetenzen sind bei ihm stark ausgebildet? Wo liegen seine Defizite? Welche Kompetenzen muss er weiterentwickeln? Damit steht schwarz auf weiß fest, wie ein Mitarbeiter tickt, wo sein Wissen und seine Fähigkeiten liegen - denken die Manager. Sie sammeln Daten und gewinnen aus diesen Daten ihre Informationen, um folglich munter drauflos zu fördern. Ich aber wehre mich, wenn Fähigkeiten in Daten verwandelt werden, um sie messbar, skalierbar, nutzbar im Sinne eines Unternehmenserfolgs zu machen. Dann verkommen die Fähigkeiten zu einem Modul in der Strategie, zu einem Hebel für das Steigern von Kennzahlen. Das ist zu kurz gesprungen.
Weiter springen
Vordergründig scheint das Fördern von Mitarbeiterstärken lobenswert. Bei genauer Betrachtung aber ist das nur der kleinste gemeinsame Nenner aller Fakten: Der Manager nutzt die Stärken der Mitarbeiter mit dem Ziel, den Unternehmenserfolg höherzuschrauben und der Mitarbeiter darf zumindest an der Oberfläche seines Potenzials kratzen. Aber wie gesagt, es ist der kleinste gemeinsame Nenner und der wirkt ähnlich wie ein Kompromiss - niemand ist wirklich glücklich. Man versucht, das Klima lauwarm zu halten und komplexe Aufgaben effizient zu lösen. Dann gibt es ein Lob, einen Händedruck, vielleicht einen Bonus. So mag sich mancher Manager an eine reziproke Regel erinnern, die besagt: "Wenn ich meine Mitarbeiter wertschätze, dann wertschätzen sie auch mich und meine Ziele." Richtig, aber bitte denken Sie weiter. Ein gutes Klima kann frostig und Engagement kann verweigert werden, wenn ein kleines, aber entscheidendes Bausteinchen im System fehlt: die Begeisterung. Sie alleine ist ein Garant dafür, dass ein Team zur Mannschaft wird. Dazu gibt es ein einfaches, aber mutiges Rezept. Sobald Mitarbeiter selbst nach ihren Stärken fahnden und ihre Aufgaben selbst wählen dürfen, sobald sie über die Unternehmensgrenzen hinaus zufrieden und glücklich sind, wird sich diese Begeisterung einstellen. Deshalb spreche ich mit meinem Buch in erster Linie die Mitarbeiter selbst an, und es wäre wunderbar, würden Manager meinem Impuls ebenso folgen, den ich mit diesem Buch setze. Er lautet:
Stärken stärken ist keine Chefsache!
Jeder Mensch ist selbst verantwortlich dafür, was er mit seinen Stärken macht - ob er sie anerkennt, feinschleift, zu seinem Elixier erklärt. Es ist die höchstpersönliche, einzig relevante Heraus-forderung jedes einzelnen Menschen in seinem Leben.
Bei dieser Herausforderung will ich Sie begleiten.
Ein Buch für Schatzfinder
Begeben Sie sich auf Ihre Stärkensuche, springen Sie weit, weit über den Unternehmenserfolg hinaus - denn er ist nur ein Teil Ihres Seins. Der größere Teil liegt in Ihrem Alltag verborgen. Leider stürmen wir durch diesen oftmals ohne Aufmerksamkeit für das, was uns wirklich wichtig ist, hin-durch. Dabei kommt die Stille abhanden, die Sie zur inneren Quelle führt.
Verharren Sie deshalb ein wenig in der Denkerpose und holen Sie sich die Momente ins Gedächtnis, in denen Sie Glück verspürten, in denen Sie aufblühten. Halten Sie diese Momente fest. Sie sind ein Hinweis auf Ihre Stärken. Ich glaube, dass wir uns in diesem modernen, schnellen Zeittakt, in dem Aufgaben und Ansprüche exponentiell steigen, hin und wieder auf eine innere Insel begeben sollten. Wir brauchen Zeit, um die Frage nach dem Lebenssinn immer wieder zu interpretieren. Diese Frage ist übrigens sehr alt. Sie wurde in überlieferter Weise erstmals von den großen Philosophen der Antike gestellt. Ich greife sie auf und lade Sie in meinem ersten Kapitel zu einem Streifzug durch die vergangenen 2000 Jahre ein. Dass Sie wertvolle Denkanstöße erhalten, vielleicht sogar Ankersätze finden, die Ihnen bei Ihrer Stärkenfindung hilfreich sein werden, davon bin ich überzeugt. Denn Stärken finden ist in zweiter Linie ein empirisches, in erster Linie ein philosophisches Thema. Es bleibt individuell gefärbt durch die wunderbaren Gaben, die Ihnen mit der Geburt geschenkt wurden, die Sie im besten Falle in Ihrem kulturellen und sozialen Umfeld erkennen und trainieren durften. Und damit komme ich zu einem bedeutsamen Teil meiner These über die Stärkenforschung: Stärken verschwinden nicht!
Sollten Sie bislang in Ihrem Leben wenig Wohlwollen genossen haben, um Ihre Talente zu entdecken, dann ist das für Ihre Schatzsuche irrelevant, denn Talente sind wie ein Fingerprint - ein unabänderliches Merkmal Ihrer Persönlichkeit. Wer sie entdeckt, ist immer fasziniert. Er will sie nie wieder verlieren.
Mit dem Entdecken Ihrer Stärken erleben Sie möglicherweise zum ersten Mal, was Lebenszufriedenheit bedeutet. Vielleicht hegen Sie sogar den Wunsch, beruflich und privat etwas zu verändern. Vielleicht werden Ihre Mitmenschen über Ihre Kraft und Zuversicht staunen. Vielleicht werden Sie alte Ziele links liegen lassen und völlig neue Wege gehen. Fest jedoch steht: Sie wollen Ihr neues Selbstverständnis nicht mehr aus der Hand geben, weil Sie ahnen: Ihre Stärken lassen sich nicht durch andere managen. Niemand kann Ihnen diktieren, was Sie wirklich wollen, können, anstreben. Denn Ihre Stärken sind der individuelle Stoff aus Wissen, Erfahrung, Vorstellungskraft. Am Ende des Buches werden Sie diesen Stoff zu einem persönlichen Stärkenhorizont aufspannen.
Ich hoffe, Sie werden Ihre Gedanken um die Karriere für die Lesedauer meines Buches zur Seite schieben. Ihre Karriere ist zweitrangig, weil sie sich sowieso steigern wird, wenn Sie Ihre Stärken finden. Allerdings, und das sei ein kleine Warnung vorweg, wird Ihnen der Selbstzweifel in die Quere kommen. Diesen unliebsamen Kameraden füttern wir seit Kindertagen in uns. Er wurde genährt durch das Defizitdenken in der Schule, durch Glaubenssätze der Eltern, durch viele kleine Stolpersteine im Alltag.
Oftmals genügt ein Gedanke, um eine Stärke anzuerken-nen - oder um im Jammern über Schwächen hängenzubleiben. Stellen Sie sich vor, ein Kollege sagt zu Ihnen: "Ich schätze Ihre Durchsetzungsfähigkeit." Ein Geschenk. Leider aber nehmen die wenigsten es an, um es auszupacken und fortan weiterzuentwickeln. Sie geben es zurück mit den Worten: "Ach, das ist nicht der Rede wert. Dafür falle ich anderen häufig ins Wort oder schieße sogar über das Ziel hinaus." Ich finde es beachtlich, wie häufig Menschen mit einer Handbewegung in der Luft ihre Stärken wegwischen und stattdessen ihre Schwächen hervorkehren. Fast mutet es an, als würden Menschen sich nicht trauen, den Lichtkegel auf ihr eigenes Potenzial zu richten.
Genau hier, am Selbstzweifel, an den inneren Barrieren, die sich im Laufe des Lebens vor dem eigenen Potenzial auftürmen, beginnt mein Buch und wird Sie über die nächsten Seiten zu meinem Stärkentest führen. Sie finden ihn im vierten Kapitel. Er beruht auf einem wissenschaftlichen Verfahren, um Ihre Stärken in einer fassbaren Konsistenz zu formulieren. Das heißt: In diesem Test werden wir die Schwächen nicht berücksichtigen, sondern eine tragfeste Grundlage erarbeiten, auf der Sie Ihre Stärken erkennen, anerkennen und schleifen können. Sie werden zudem auf den nächsten rund 200 Seiten eine innere Landschaft betreten, an der Sie seit Ihrer Geburt bauen. Oftmals vergessen wir, dass wir die Architekten sind, dass wir die Gärten oder Gräben anlegen, dass wir selbst zum Blühen bringen können, was sich in uns verbirgt. Dabei will ich nicht verschweigen, dass Ihnen das Durchwandern dieser inneren Landschaft eine gehörige Portion Schweiß abverlangen wird. Stärken zu trainieren, erfordert Disziplin. Mit dem feinen Unterschied: Es ist kein Drill, sondern pure Freude.
Als Fabian Hambüchen bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 seine lange und eindrucksvolle Turnerkarriere beendete, hatte er ein Ziel: die Goldmedaille an seinem Paradegerät, dem Reck. Dieses Gold sollte wie ein Symbol für viele Jahre Entbehrung, Schmerz und Kampfesgeist stehen. Wie kaum ein anderer Turner, da war sich die Fachwelt einig, hätte er diese Krönung seiner Laufbahn verdient. Und doch war er nur einen Handgriff vom Scheitern entfernt, eine Hundertstelsekunde der Unkonzentriertheit konnte ihn zum Stürzen bringen. Vielleicht wäre das geschehen, wäre es Hambüchens Motivation gewesen, die Ansprüche der anderen zu erfüllen. Dann hätte er sich im Außen bewegt. Er hätte seine Schrauben und Salti an der 2,60 Meter hohen Stange für den Applaus und für beeindruckende Bilder in der Welt-presse gedreht - und seine Leichtigkeit getrübt. Er tat das zum Glück nicht. Dieser Ausnahmeturner ließ nur einen einzigen Gedanken in seine Zellen sickern, indem er sich sagte, dass er diese letzte Kür auf internationalem Parkett nur für sich turnen würde. Nicht für den Trainer. Nicht für die Zuschauer. Nicht für die Nation. Nur für sich und für einen bedeutsamen Moment in seinem Leben. Damit erstickte er den Zweifel. Und gewann Gold. "Es ist die Erfüllung eines Traums. Ich bin einfach nur sprachlos", rief er bewegt in die Kamera. Ein einziger Gedanke kann den Code der Stärken knacken und den Blick auf die innere Landschaft freigeben.
Damit komme ich auf meine Anfangsfrage zurück: Sie haben das Gefühl, da geht noch mehr? Da gibt es im Leben, im Business, im ganzen Spektrum Ihres Wirkens ein ungenutztes, vielleicht unentdecktes Potenzial? Finden wir es gemeinsam heraus. Nehmen Sie sich Zeit für dieses Buch. Es verlangt nach Phasen der Reflexion und vor allem nach absoluter Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Zu oft spielt uns die Fantasie einen Streich, indem wir mehr erwarten, als wir geben können. Bleiben Sie realistisch - und vergessen Sie den liebevollen Blick auf Ihre Schwächen nicht. Auch die gehören zu Ihrer Persönlichkeit.
Und noch eines ist mir wichtig zu sagen: Lassen Sie das Staunen zu.
Es verblüfft mich auch nach 25 Jahren, die ich mich mit diesem Thema befasse, wie Menschen sich just in dem Moment verändern, in dem sie ihre Stärken entdecken: Die Haut wird rosig, die Augen glänzen, die Stimme wird weich. Es ist, als würde ein Licht angeknipst und als seien sie bei sich angekommen. Sie staunen.
Goethe dichtete dazu:
"Freudig war vor vielen Jahren
Eifrig so der Geist bestrebt,
Zu erforschen, zu erfahren,
Wie Natur im Schaffen lebt.
Und es ist das ewig Eine,
Das sich vielfach offenbart;
Klein das Große, groß das Kleine,
Alles nach der eignen Art.
Immer wechselnd, fest sich haltend,
Nah und fern und fern und nah;
So gestaltend, umgestaltend -
Zum Erstaunen bin ich da."
Fangen wir an.
Ihr
Frank Rebmann