Grundlagen des internen Marketings in Dienstleistungsnetzwerken; Konzeption eines Messmodells interner Marketingmaßnahmen in Dienstleistungsnetzwerken; Methodische Grundlagen und empirische Ergebnisse der Erfolgsmessung; Implikationen für die wissenschaftliche Forschung und die Unternehmenspraxis
A. Erfolgsmessung interner Marketingmaßnahmen (S. 1)
1. Problemstellung und Forschungsfragen
"Es begann damit, dass ich zu jedem Termin, den ich in einer Filiale wahrnahm, mindestens eine halbe Stunde warten musste. [.] Die Beratung war in beiden Fällen kurz angebunden und unpersönlich.
Die Berater gingen in keinem Fall ausführlich auf meine Bedürfnisse ein. Stattdessen hatte ich das Gefühl, dass nur versucht wurde, so viele Informationen wie möglich über mich zu sammeln. Nichts davon hatte etwas mit meinem tatsächlichen Problem zu tun. [.] Ich muss sicherlich nicht erwähnen, dass ich so bald wie möglich jegliche Konten und Kredite bei [dieser Bank] schließen werde.
Ich kann nur jedem raten, sich eine andere Bank zu suchen." Dieser Erfahrungsbericht einer Bankkundin veranschaulicht recht deutlich, welche Bedeutung dem Mitarbeiter beim Absatz von Dienstleistungen zukommt und welchen Einfluss dieser auf den langfristigen ökonomischen Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens besitzt: Eine nicht kundenproblembezogene Beratung und damit einhergehend eine schlechte Servicequalität können zu Kundenabwanderung sowie negativer Mund-zu-Mund-Propaganda führen, die wiederum weitere Kundenbeziehungen gefährden und die Kundenneuakquise erheblich erschweren kann.
Diese Zusammenhänge sind jedoch keineswegs neu. Bereits seit den 1980er Jahren beschäftigt sich die Dienstleistungsforschung intensiv mit dem sog. "Moment der Wahrheit" im Rahmen der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und den sich daraus erge-benden ökonomischen Konsequenzen.
Ebenso bedeutsam sind die diesbezüglichen Determinanten.
Denn der im obigen Erfahrungsbericht beschriebene Sachverhalt ist lediglich das Ergebnis einer Ursachenkette oder - wie SCHLESINGER UND HESKETT es beschreiben - eines Fehlerkreislaufes (vgl. Abb. A-1).Gemäß diesem Kreislauf kann als Ursache einer schlechten Servicequalität u. a. eine geringe Mitarbeiterzufriedenheit identifiziert werden. Studien, die sich mit dem Zusammenhang von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit beschäftigen, bestätigen diese Wirkungsbeziehung.
So zeigt eine aktuelle Meta-Analyse von BROWN UND LAM, dass die Mitarbeiterzufriedenheit eine bedeutende Determinante der durch den Kunden erlebten Servicequalität und somit der Kundenzufriedenheit ist.9 Als Antwort auf diesen Fehlerkreislauf wird seit Mitte der 1980er Jahre in der Marketingliteratur das Konzept des internen Marketings diskutiert, welches - in Analogie zum traditionellen auf Endkunden gerichteten Marketing - Mitarbeiter als interne Kunden betrachtet.
Durch den Einsatz meist dem Personalmanagement entliehener Maßnahmen soll die Zufriedenheit der internen und letztlich auch der externen Kunden sichergestellt werden. Ziel des internen Marketings ist es, über eine Einstellungsveränderung auf das kundengerichtete Verhalten der Mitarbeiter einzuwirken und somit das Erreichen der Unternehmensziele zu unterstützen.
Neben der Relevanz des Mitarbeiters für eine erfolgreiche Vermarktung von Dienstleistungen weist der obige Erfahrungsbericht darüber hinaus auf eine weitere Besonderheit der Dienstleistungserstellung hin.
Da Dienstleistungen grundsätzlich nicht lagerfähig sind, setzt ihr Absatz dezentrale Vertriebsstrukturen voraus. Hierbei muss jedoch nicht wie im obigen Beispiel eine hierarchische Lösung im Sinne eines filialisierten Dienstleistungsunternehmens vorliegen, die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt heutzutage vielmehr in zunehmendem Maße durch interorganisationale Dienstleistungsnetzwerke. So vertreiben bspw. sieben der zehn umsatzstärksten Unternehmen der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche ihr Dienstleistungsangebot über Kooperationspartner.
Angesichts der steigenden Bedeutung von kooperativen Unternehmensnetzwerken insbesondere im Dienstleistungssektor und der gleichzeitigen Relevanz der Mitarbeiter für die erfolgreiche Dienstleistungserstellung ist es erstaunlich, dass der Aufforderung von so renommierten Wissenschaftler wie z. B. GUMMESSON bisher weder die Dienstleistungs- noch die Netzwerkforschung nachgekommen ist: "Apply internal marketing with a network view. [.] Internal marketing can be restricted to employees but there is an equal need to reach the whole network." Folglich besteht in der ein-schlägigen Literatur ein Mangel an elaborierten Konzepten zum internen Marketing in Netzwerkorganisationen.