Vorwort
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Die Frage, was man wann wissen konnte, lässt sich spielend leicht beantworten: Alles - und zwar von Anfang an. Dazu musste man kein Experte sein. Dieses Buch und sein Autor - ein Laie auf allen "wissenschaftlichen" Fachgebieten - treten den Beweis an.
Die Frage, was man wann wissen konnte, wird im Zuge einer gesellschaftlichen, psychologisch-psychoanalytischen und juristischen Aufarbeitung, die in den letzten Monaten zaghaft begonnen hat, zu den Relevantesten gehören. Denn schon jetzt werden von den Verantwortlichen vereinzelte "Fehler" und "Irrtümer" eingestanden, jedoch stets mit der Einschränkung versehen, dass man es seinerzeit nicht besser habe wissen können, und von einem Achselzucken begleitet, als handele es sich um Kavaliersdelikte und nicht etwa Verbrechen, wenn zu Unrecht intensiv und dauerhaft Grundrechte verletzt werden.
Und sollte die Aufarbeitung auch nicht weit genug gehen oder gar wieder versanden, noch bevor sie richtig Fahrt aufnimmt, bleibt durch Klärung der Frage, was man wann wissen konnte, wenigstens für die Nachwelt festzuhalten, wie der größte Angriff auf Freiheitsrechte seit 1945 im Deutschland der Jahre 2020 ff. abgelaufen ist.
Dabei geht es gerade nicht um nachträgliche Rechthaberei, auch wenn es immer wieder den Anschein haben wird, als ob die Kritiker der Corona-Maßnahmen es im Nachhinein besser gewusst hätten als ihre Befürworter.
Der Befund ist viel bitterer: Nichts, keine besondere Qualität, zeichnete die frühen Gegner der Maßnahmen aus - außer derjenigen, schlicht zur Kenntnis genommen zu haben, was - so offen, wie es nur ging - von Beginn an auf der Hand lag. Nicht das Wissen dieser Minderheit also ist das Erklärungsbedürftige, sondern vielmehr wäre zu ergründen, warum die übergroße Mehrheit der Menschen - und zwar weltweit - das Offensichtliche nicht zu sehen vermochte.
Und die Antwort lautet schlicht: weil sie es nicht sehen wollten, weil sie stattdessen die Krise, die Katastrophe, den Ausnahmezustand, das Opferbringen wollten, weil sie sich aus schierer Angst-Lust künstlich dümmer gemacht haben, als sie es eigentlich sind.
Jeder Denkende hat es erlebt: Das sich selbst hysterisierende, neurotisierende und hypnotisierende Bewusstsein der Mitmacher dichtete sich gegen jeden Einspruch der Realität, der machbaren Erfahrung, und jedes Argument der Entwarnung erfolgreich ab, war ganz und gar unansprechbar. In dem Moment, da diese Selbstabkapselung im Panikrausch, durch welchen individuellen Umstand auch immer vermittelt, nachließ oder an sich selbst müde wurde, brauchten die betreffenden Einzelnen auch keine Argumente mehr, weil ihnen das Selbstevidente nun ebenfalls in aller Klarheit als solches erschien.
(Aus Selbstschutzgründen behaupten sie dann gerne, dass ihr persönlicher Erweckungsmoment nach 3, 6, 10 oder 20 Monaten im Pandemiemodus auch für alle anderen erst der frühestmögliche Zeitpunkt des "Durchblicks" gewesen sein könne, weshalb sie die Kritiker der ersten Stunde nach wie vor als unheimlich, ja irgendwie obskur beäugen.)
Auch wenn es die moralische (bis juristische) Schuld der verantwortlichen Politiker, die Schuld der diese einflussreich beratenden Experten und hofberichterstattenden Einpeitscher-Medien nicht schmälert, so gehört zur massenpsychologischen und gesellschaftstheoretischen Einordnung des Ganzen doch auch, dass große Teile der Bevölkerung nicht geschickt manipuliert oder betrogen wurden, sondern die Lüge wollten und sich als Volksgemeinschaft der Hypochonder enthusiastisch in allerlei Ausdrucksformen am allgemeinen Unrecht beteiligten.
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Von Anfang an alles Nötige gewusst haben zu können, meint, dass zumindest drei wesentliche Sachverhalte sich bereits spätestens Ende März 2020 in wünschenswerter Klarheit geradezu aufdrängten:
1. Das vorgeblich neue Corona-Virus würde - wie die bis dahin bekannten Corona-Viren auch - lediglich den üblichen Bestandteil des Erreger-Mixes einer saisonalen Grippe bilden.
2. Die dagegen gerichteten Notstandsmaßnahmen sind nicht nötig, nicht erforderlich, nicht zielführend und richten folglich mehr Schaden als Nutzen an. Sie sind monströs unverhältnismäßig; als verfassungswidriger Angriff auf Grund- und Freiheitsrechte ein (Staats-)Verbrechen.
3. Politiker, Medien, "Experten" und große Teile der Bevölkerung haben recht unvermittelt beschlossen, eine "Jahrhundert-Pandemie" ohne Sinn und Verstand genießen zu wollen.
Ein wenig Nachweis - ausschnittsweise und in zunächst eigener Sache:
Ich selbst habe im März 2020 damit begonnen, gegen den Corona-Ausnahmezustand anzuschreiben. Zu der Zeit publizierte ich ohne nennenswerte Reichweite in Internet-Nischen: auf Facebook und auf meinem Blog; gemeinsam mit Freundinnen und Freunden aus dem Umfeld der Berliner Schankwirtschaft Laidak wurde die anarcho-kommunistische Magazin.tk-Seite mit entsprechenden Texten befüllt.
Inmitten der Eskalation in den Ausnahmezustand schrieb ich am 19. März 2020 auf Facebook lediglich "Hatschi" - als Kommentar zu den geteilten Twitter-Statements des Fußballprofis [!] Jens Lehmann vom 16. März, u.a.: What if we cause more damage to the well-being of people by shutting down everything?
Am 26. März 2020 postete ich: "Vor einigen Tagen [am 23.03., auf: Magazin.tk] veröffentlichte ein guter Freund [B. V.] dies (Auszug):"
Der Mensch ist dem Menschen ein Virus - diese Wirklichkeit ist nun etabliert. Die Schnelligkeit und Widerstandslosigkeit, mit der diese Veränderung hingenommen wurde und wird, zeugt für sich allein schon davon, dass so etwas erwartet wurde. Was den Menschen schon lange quälendes und unterdrücktes Bedürfnis geworden war und dem in den letzten Jahrzehnten zwar immer mehr statt- und Futter gegeben wurde, aber nur nach und nach, in kleinen Dosen, erhält nun plötzlich, beinahe schockartig volle Erfüllung: Angst und Entsolidarisierung als soziales Grundbindemittel der Gesellschaft; der Kampf aller gegen alle um den individuellen Fortbestand in einer Welt meist nicht mehr zu durchschauender, zunehmend sinnfreier Tätigkeiten; die Wahrnehmung des anderen als Risiko, gesundheitlich und anderweitig; der Wille, die Entscheidungen zur Lebensweise bis ins Privateste Experten zu überlassen, überhaupt, betreut zu werden; der Rückzug beziehungsweise die Flucht ins Eigene bei Annahme einer Burgherrenmentalität; das Abschalten intellektueller Tätigkeit zugunsten des sich Überlassens an ein Nervositäts- und Aufregungsregime, das immer neue Stimulationen liefert; der Überdruss an und die Unfähigkeit zu Hingabe, Genuss, Entspannung. Alle dürfen endlich aufatmen im Zeitalter der Atemwegserkrankungen - und zwar in Form von Hyperventilation.
Der Text ging so weiter:
Nebenbei wird dem weniger (post-)modern gestimmten, eher einem traditionellem Autoritarismus verhafteten Bevölkerungsteil durch die Etablierung eines extremen, da Gesellschaft negierenden Ordnungsstaats [.] ein eigener Lustgewinn gewährt, indem soziale Feinde gebrandmarkt und verfolgt werden können, ausgiebig Gelegenheit zur Denunziation besteht und ohnehin jeder erstmal unter Verdacht und Kontrolle gestellt werden darf. Dies ist aber ein, wenn auch erwünschter, dennoch Neben-Effekt. Dem verbreiteten Zustand der Bevölkerungspsychologie entsprechend, schlägt mehr ins Gewicht, dass Grundnervosität, Paranoia, diffuse Angst, Hypochondrie und Hysterie, die bisher zwar auch schon massenhaft auftauchten, aber immerhin noch als Krankheiten betrachtet wurden (die aber seit langem auf auffallend viel Entgegenkommen und Verständnis stießen und an deren Vorhandensein Kritik zu üben schon lange als Zeichen von Zynismus und Menschenverachtung gedeutet wurde), nunmehr als angebrachte, normale, vernünftige Bewusstseinszustände gelten dürfen (und zudem aller Erwartung nach durch die Zwangskarzerierung - wie auch eine Reihe anderer Krankheiten - eine gewaltige Zunahme erfahren dürften). [.] Ohnehin ist diese auch als gesellschaftliches Experiment zu begreifende Realinszenierung erst angelaufen und es wird, soviel ist klar und wird auch schon da und dort von den Verantwortlichen angedeutet, noch eine reichliche Zeit dauern, bis die aktuell betriebene Phase beendet und zu einer anderen übergegangen werden wird.
Am 27. März 2020 - für uns Berliner galt bereits Ausgangssperre - schrieb ich auf Facebook: "Da es unterschiedliche Weisen gibt, durch die Coronakrise Lust zu erfahren, ist eine Kleine Typologie der Coronagenießer ein soziologisches Muss. Zweiter Teil einer Textserie [auf Magazin.tk], wie sie vermutlich nur entstehen kann, wenn sich ein Kollektiv von mehr als 2 Personen weiterhin trifft, um gemeinsam zu essen, zu trinken und zu streiten..."
Geteilt wurde der Text einer Freundin [B.G.], hier auszugsweise:
Weil wir es lieben - Kleine Typologie der Coronagenießer. Über das neuartige Coronavirus, das die westliche Welt gerade...