Abbildung von: Lorzentobel - Emons Verlag

Lorzentobel

Kriminalroman
Monika Mansour(Autor*in)
Emons Verlag
1. Auflage
Erschienen am 23. Mai 2023
304 Seiten
E-Book
ePUB ohne DRM
978-3-98707-036-5 (ISBN)
11,99 €inkl. 7% MwSt.
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Ein gesellschaftskritischer Krimi, der unter die Haut geht.
Der rebellische Teenager ET ist sechzehn, trägt bunte Haare und spielt in einer Rockband. Als seine Mutter von einem angesehenen Zahnarzt gestalkt wird, sucht er die Zuger Detektei Trust Investigation auf. Sara, Natalie und Tom beginnen zu ermitteln, doch kurz darauf wird ETs Mutter erhängt aufgefunden. Der Fall wird zu einem undurchschaubaren psychologischen Terrorspiel, bei dem ET selbst ins Kreuzfeuer gerät. Mehr und mehr stellt sich die Frage, wer hier der eigentliche Stalker ist - und wer im Stillen nach Hilfe ruft.
Monika Mansour, geboren 1973 in der Schweiz, liebte schon als Kind spannende Geschichten. Nach einer Lehre ging sie auf Reisen und verbrachte mehrere Monate in Australien, Neuseeland und den USA. Danach arbeitete sie am Flughafen, führte eine Whiskybar und war Tätowiererin. 2014 erfüllte sich ihr Traum vom Leben als Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn im Luzerner Hinterland.
www.monika-mansour.de

EINS

«Abgefahren .»

«Hä?» Lucy verstand kein Wort von dem, was ihre Freundin Tina sagte. Es war ohrenbetäubend laut in dem kleinen Musikkeller.

Tina warf die Arme in die Höhe und hüpfte wie ein Gummiball auf und ab. «Die sind so geil!»

Lucy wackelte nur mit dem Kopf im Takt der schrillen Musik. Nicht schlecht, die Jungs auf der Bühne, die nur ein bis zwei Jahre älter waren als sie. Vor allem der Gitarrist war süss. Er war recht gross. Seine pechschwarzen Haare waren mit Gel nach hinten frisiert. Das Lippen- und Augenbrauenpiercing und die unzähligen Ohrringe standen ihm gut. Lucy bestaunte seinen Oberarm mit dem Tribal-Tattoo. Er trug zu seiner zerrissenen Jeans ein schwarzes T-Shirt, dessen Ärmel weggeschnitten waren. Grinsend schlug er auf die Saiten ein, sein Stand war breitbeinig und lässig.

Der Sänger der Indie-Rock-Band war mindestens genauso süss. Kleiner und schmächtiger als der Gitarrist, aber sein Gesicht war echt schön. Er trug eine sexy Lederhose in Schwarz und ein rot bedrucktes Tanktop, um den Hals ein rotes Bandana und eine schwere Metallkette. Einzig der Schlagzeuger war nicht Lucys Typ. Zu bullig.

In Euphorie packte Tina sie an den Schultern und feuerte die Band The Dudes of Salvation an. «Jimmy, Jimmy, Jimmy», rief sie. Vor dem Konzert, zu dem sie Tina überredet hatte, hatte ihr ihre Freundin verraten, dass sie in den Sänger verknallt sei. Sie kannte die Band von der Geburtstagsparty ihres grossen Bruders, wo sie gespielt hatte.

Lucy wurde es zu heiss, zu laut und zu voll. Die Typen der Erlösung brauchte sie nicht. Sie deutete Tina mit Handzeichen an, dass sie frische Luft schnappen wollte. Beim Verlassen des Konzertes hörte sie, wie der Sänger den letzten Song ankündigte.

Draussen war die Luft herrlich erfrischend. Es war der 1. Juli, ein Samstag. Noch eine Woche bis zu den Sommerferien. Lucy schaute auf ihr Handy, dessen Akku am Sterben war, obwohl sie ihn heute Morgen extra vollgeladen hatte. Das Handy war Schrott. Tina hatte von ihren Eltern das neue Galaxy S23 geschenkt bekommen, und Lucy musste sich mit einem vierjährigen iPhone begnügen. Wie unfair. Immerhin zeigte es die Zeit korrekt an. Es war halb zehn. Um elf musste sie zu Hause sein. Keine Eile also. Sollte sie zurück in den Musikkeller gehen und sich die nächste Band anhören? Nein, entschloss sie sich und swipte einige Minuten durch TikTok.

Sie hörte Stimmen hinter dem Haus. Zwei Männer stritten sich. Lucy horchte auf. Hatte der eine soeben den Namen Jimmy erwähnt? Der Sänger der Band? Aus dem Keller drang keine Livemusik mehr. Das Konzert der Dudes of Salvation war zu Ende. Lucy schlich sich der Hauswand entlang und spähte um die Ecke.

«Jimmy, du redest Bullshit.»

«Das war scheisse, da drin. Wir hätten gleich in einem Kindergarten auftreten können.»

«Krieg dich wieder ein.»

Lucys Neugier war geweckt. Tatsächlich. Da standen der Sänger und der Gitarrist von The Dudes of Salvation. Jimmy stand mit dem Gesicht zur Fassade, die Stirn an der Mauer. Mit der Faust schlug er dagegen.

«Spinnst du, oder was?», sagte der Gitarrist, dessen Namen Lucy nicht kannte.

Jimmy drehte sich um, die Schultern an der Wand, und fuhr sich mit der Hand durch sein Haar, dabei starrte er den Gitarristen an. «Wir müssen dieses verfluchte Image von einer Schülerband loswerden. Wir brauchen einen grossen Gig.»

«Wir arbeiten daran. Ich lade morgen unser neues Musikvideo auf YouTube und TikTok hoch.»

Jimmy atmete tief durch. Dann lachte er, packte den Gitarristen am T-Shirt und zog ihn zu sich heran. «Du hast recht. Sorry, Mann.»

Der Gitarrist klopfte Jimmy auf die Schulter. «Lass es.»

«Warum?» Jimmy legte seine Arme um die Taille seines Kumpels.

Dieser liess es zu, zog Jimmy von der Wand weg und drehte sich mit ihm zur Seite, sodass sein Blick über Jimmys Schulter hinweg plötzlich an Lucy hängen blieb. «Wir haben Besuch», sagte er und stiess Jimmy von sich weg.

Der Sänger drehte sich zu ihr um. «Hey, du. Komm her.»

Oh shit, dachte Lucy. Sie blieb wie angewurzelt stehen.

«Komm her, Kleine.» Jimmy winkte sie zu sich.

Lucy wandte sich ab und wollte zurückgehen, da hörte sie hinter sich Schritte. Sie wirbelte herum. Jimmy rannte an ihr vorbei und versperrte ihr den Weg. «Ich habe dich gesehen, vorhin, unter den Fans. Du hast ET angestarrt.»

«Was?»

«Stehst du auf ihn?»

«Ich - nein!»

«Bist du ein Fan?» Jimmy trat näher zu ihr heran, starrte sie an, sein Gesicht nur eine Handbreit von ihrem entfernt.

Lucy stolperte zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Hauswand stiess. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Sie wich Jimmys Blick aus und drehte den Kopf. Keine gute Idee. ET hatte sich neben sie geschlichen.

Lucys Knie wurden weich. Sie schloss kurz die Augen und versuchte, sich zu erinnern, was ihr Vater ihr beigebracht hatte.

Linkes Knie Jimmy zwischen die Beine.

Rechte Faust unter ETs Kinn.

Und dann losrennen.

Lucy war recht gross, und das tägliche Tennistraining zahlte sich aus. Und sie war nicht nur gross, sondern auch stark.

Mental bereitete sie sich vor.

ET kam ihr zuvor.

Er packte Jimmy an den Schultern und schob ihn von Lucy weg. «Du machst ihr Angst.»

Jimmy schnaubte laut. «Stehst du auf die Kleine?»

Wut brodelte in Lucys Bauch. «Nenn mich nicht Kleine!»

«Ah, sie wird frech.»

«Lass gut sein, Alter», sagte ET.

«Stellst du dich auf ihre Seite? Fick dich!» Den Mittelfinger in die Höhe haltend, marschierte Jimmy zurück zum Hintereingang des Musikkellers.

«Sorry, er ist nach einem Gig voll emotional überdreht.»

«Ist er auf Drogen?» Lucys Wut war noch nicht verraucht. «Starallüren dürfen nur die wahren Stars zeigen.»

«Auf den Mund gefallen bist du nicht», neckte er. «Du hast Eier, echt, es mit Jimmy aufzunehmen.»

«Hast du etwa keine? Steht er auf dich?»

ET zuckte mit den Schultern. «Wir kennen uns ewig.» Lässig steckte er seine Hände in die Jeanstaschen. «Ich bringe dich zurück. Du solltest nachts nicht allein unterwegs sein.»

«Wow, bist du ein Gentleman? Es ist nicht mal richtig dunkel.»

«Ja, ich bin eben ein netter Typ.» Er streckte Lucy die Hand entgegen. «Ich bin ET

«ET? Wie der Ausserirdische?»

Er rümpfte die Nase, was süss aussah und Lucy an ein Kaninchen erinnerte. «Gleich ausgesprochen, aber andere Bedeutung. ET ist die Abkürzung meines Namens, der voll lahm klingt.»

«Und wie heisst du?»

«Um dir das zu verraten, kennen wir uns noch nicht gut genug.»

«Und ET klingt cool?»

«Ich bin cool. Und du bist irre mutig. Keine Angst vor mir?»

Langsam lehnte sich Lucy vor. «Nö. Nicht vor Halbstarken mit einer grossen Klappe.»

«Ich bin älter als du, wetten?»

«Ich bin siebzehn», log Lucy. Gute zwei Jahre gemogelt lagen drin. In zwei Monaten war ihr fünfzehnter Geburtstag.

«Niemals.»

Sie hob leicht schnippisch das Kinn. «Du musst es ja wissen. Wie alt bist du? Fünfzehn?»

«Werde im August siebzehn.»

«Ja klar.»

«Sag mal», er strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. «Lust auf ein Bier am See?»

«Musst du nicht wieder rein?»

«Wir können unser Equipment erst zusammenräumen, wenn die Band, die jetzt spielt, fertig ist.» Provokativ starrte ET ihr in die Augen. «Oder hast du doch Schiss vor mir?»

«Ich habe den schwarzen Gürtel im Judo. Pass du bloss auf.» Sie schaute auf ihre Armbanduhr. Ihr blieben eine Stunde und fünfzehn Minuten, bis sie zu Hause sein musste. Diese Zeit wollte sie definitiv mit dem süssen Gitarristen am See verbringen.

***

Tom sass im Wohnzimmer und starrte auf sein Handy.

Alicia kam aus ihrem Zimmer. «Lucy ist noch nicht zurück. Sie hätte vor dreissig Minuten zu Hause sein sollen.»

«Du bist ihre kleine Schwester und nicht die Mutter. Zurück ins Bett mit dir.»

Müde setzte sie sich neben Tom aufs Sofa und legte ihren Kopf an seine Schulter. «Ich kann nicht schlafen. Es ist heiss.»

«Zwölfjährige Mädchen gehören um diese Zeit ins Bett.»

«Dad, du bist so öde, echt. Behandle mich nicht wie ein Baby.»

Sie war sein Baby, genau wie Lucy. Wo steckte sie nur? Es war nicht ihre Art, eine Abmachung nicht einzuhalten. Lucy war die ruhige und zuverlässige Tochter, nicht so ein Wildfang wie die jüngere Alicia. Tom war geschieden und hatte seine Töchter nur jedes zweite Wochenende bei sich. Er hatte vor ein paar Minuten mit Tinas Mutter telefoniert. Offenbar war ihre Tochter vor einer Viertelstunde heimgekommen und wusste nicht, wo Lucy war. Tina hatte gedacht, Lucy sei schon während des Konzertes heimgegangen. Schlimmer war, dass Lucys Handy aus war. Er sollte ihr zum Geburtstag ein neues kaufen. Ihres war alt und der Akku schnell leer. Er griff nach dem Handy und wählte Saras Nummer.

Beim zweiten Rufzeichen nahm sie ab. «Tom? Um diese Zeit? Was ist passiert?» Seit einem halben Jahr arbeitete sie nicht mehr für die Kripo, klang aber nach wie vor wie ein Bulle. Sie waren zusammen mit Natalie Geschäftspartner der Detektei Trust Investigation.

«Lucy ist noch nicht zurück vom Ausgang.»

«Seit wann ist sie überfällig?»

Tom schaute auf die Uhr. «Fünfunddreissig Minuten. Ihr Telefon ist aus.»

«Klar, du wolltest ihr ja kein neues Handy kaufen. Ihr Akku hält kaum einen Telefonanruf lang durch....

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