Abbildung von: Abendmahl für einen Mörder - Gmeiner-Verlag

Abendmahl für einen Mörder

Kriminalroman
Uwe Ittensohn(Autor*in)
Gmeiner-Verlag
3. Auflage
Erschienen am 12. Februar 2020
314 Seiten
E-Book
ePUB mit Wasserzeichen-DRM
978-3-8392-6242-9 (ISBN)
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Eine Autofahrerin wird durch den Steinwurf von einer Brücke schwer verletzt. Nur die unbedachte Tat eines Jugendlichen? Stadtführer André Sartorius vermutet mehr dahinter. Als eine mysteriöse Nachricht des Täters auftaucht und man kurz darauf bei einem Mordopfer eine ähnliche Botschaft findet, ermittelt er auf eigene Faust. Aus Steinskulpturen am Domportal, theologischen Texten, Schutzpatronen, Märtyrern und Reliquien ergibt sich für ihn ein verstörendes Bild. André ist sich sicher, dass noch weitere Tote folgen werden .
Uwe Ittensohn, 1965 in Landau geboren, ist bekennender Pfälzer und lebt seit seiner Kindheit in Speyer. Der Autor ist bereits seit seinem Studium in der Finanzbranche tätig und war daneben viele Jahre als Lehrbeauftragter an der Dualen Hochschule in Mannheim aktiv. In der Freizeit beschäftigt sich Uwe Ittensohn intensiv mit der Speyerer Stadtgeschichte. Er sanierte ein denkmalgeschütztes Stiftsgebäude und kümmert sich um den historischen Klostergarten, in dessen schattigen Winkeln er auch die Muße zum Schreiben findet. Mit seinem zweiten Roman nutzt er die Nähe zum Speyerer Dom, dem Klerus und der Kirchengeschichte, um zu zeigen, dass man nicht nur im Vatikan, sondern auch in Speyer mystischen Geheimnissen auf spannend-humorvolle Weise auf den Grund gehen kann.

Wohn(t)räume


Freitag, 19. Januar 2018, 10.50 Uhr

Vor dem schicken Wohnblock in Rheinnähe prangte eine große Plakatwand. Darauf war eine Familie zu sehen, die glücklich lächelnd über die Brüstung ihres Balkons in Richtung Rhein blickte. Darunter stand in riesigen Lettern: »Pfalz-Bau GmbH - Wir schaffen Wohn(t)räume«.

In der fünften Etage des ersten Blocks, die durchgängig aus einer luxuriösen Penthousewohnung bestand, war die provisorische Firmenzentrale der Pfalz-Bau GmbH untergebracht. Dieter Born, der Geschäftsführer und indirekt Alleininhaber, war fest davon überzeugt, dass es den Vertrieb der verbliebenen Eigentumswohnungen förderte, wenn man die Zentrale direkt vor Ort unterbrachte.

Die Bauarbeiten waren nahezu abgeschlossen, die ersten Wohneinheiten im Erdgeschoss würden in wenigen Tagen bezogen werden. Momentan lag der Innenausbau in den letzten Zügen. Die Maler hatten hie und da noch etwas auszubessern oder fertig zu machen, und am Außengelände wurde mit Hochdruck gearbeitet. Hier waren die Betonbauer gerade dabei, die Fundamente einer Einfriedungsmauer und der Garagenanlage zu gießen.

Born war mit sich und der Welt zufrieden. Er schätzte, dass er in spätestens drei Wochen die Zelte hier abbrechen konnte und sein Bankkonto wieder um ein paar Millionen angewachsen war. Er hatte Erfolg. Und dies seit Jahren. Auf seinem Schreibtisch stand das Holzmodell eines Hochseeseglers, der in Cannes lag und auf den nächsten Segeltörn mit ihm wartete. Born hatte vor, sich nach dem hier - wie er immer sagte - eine zweimonatige Auszeit zu gönnen, um Abstand zu gewinnen und die Früchte seines Vermögens zu genießen.

Das, was er heute noch zu bewältigen hatte, konnte ihm die gute Laune nicht verderben. Schließlich war es der Preis des Reichtums und mittlerweile für ihn zur Routine geworden.

Der groß gewachsene, braun gebrannte und durchtrainierte Born saß entspannt am repräsentativen Schreibtisch. Vor sich hatte er einen Grundriss des hiesigen Bauvorhabens ausgebreitet. Hinter ihm stand ein elegant gekleideter Herr in schwarzem Anzug und Krawatte, den er als seinen Anwalt Doktor Bernd Steffenhagen vorgestellt hatte.

Born gegenüber saß ein drahtiger, hagerer Mann, aus dessen Gesicht jegliche Farbe gewichen war. Jetzt zahlte es sich wieder aus, dass er seinerzeit den Büromöbellieferanten angewiesen hatte, die Beine der Besucherstühle etwas einzukürzen, dachte Born. Allein schon der Höhenunterschied machte deutlich, wer hier das Sagen hatte. Und das war er und nur er.

»Aber ich habe mehr als 300.000 Euro für das Material der Fenster und Türen verauslagt. Dazu kommt der Lohn für mich und meine Leute. Das sind insgesamt 450.000 Euro, mit denen ich in Vorlage getreten bin«, sagte der Mann vor ihm mit kratziger, fast weinerlicher Stimme.

»Ich kann mich nicht erinnern, dass mein Mandant das in Abrede gestellt hätte, Herr Detzner«, gab der Rechtsanwalt gelassen zurück.

»Und meine Arbeit war gut, wenn nicht sogar sehr gut. Nur einer der Käufer hat bemängelt, dass ein Fenster schwergängig wäre, und wir haben den Mangel umgehend beseitigt.«

»Auch das ist unstrittig«, bestätigte Steffenhagen.

Born hatte das Schiffsmodell vor sich in die Hand genommen und betrachtete es gedankenverloren. Ihn langweilten solche unnötigen Geplänkel. Er war froh, dass er sich den Luxus gönnen konnte, sie seinem Rechtsbeistand und Freund zu überlassen.

»Und warum zahlen Sie dann nicht, wenn Sie mir in allem recht geben?«, krähte Detzner laut.

»Aber Herr Detzner, das haben wir doch schon ausgiebig besprochen«, erwiderte Steffenhagen nachsichtig. »Wie Sie Textziffer 9.11 des mit Ihnen am 7.10.16 geschlossenen Werkvertrages entnehmen können, wird die Zahlung des gesamten Gegenwertes Ihrer Bauleistungen in Höhe von 612.000 Euro nach Fertigstellung von Bauabschnitt drei fällig. Wie Sie weiter wissen, enthält Abschnitt drei nur vier Wohneinheiten und ist somit weitaus kleiner als die ersten beiden. Er wird voraussichtlich in wenigen Monaten fertiggestellt werden können«, fügte er gelassen hinzu.

»Ja, aber Sie haben damit noch nicht mal angefangen. Im Gegenteil, Sie sind gerade dabei, die Baucontainer abzuziehen«, wandte Detzner erregt ein.

»Auch das ist korrekt. Wie wir Ihnen bereits erläutert haben, gibt es derzeit Unstimmigkeiten mit dem städtischen Bauamt und der Umweltschutzbehörde. Sobald diese gelöst sind, fangen wir umgehend an.«

»Ich glaube, Sie haben gar nicht vor, mit diesem Abschnitt drei anzufangen. Das alles ist ein abgekartetes Spiel und eine riesige Schweinerei. Sie halten uns Handwerker nur hin und machen sich dann aus dem Staub!«, zischte Detzner kraftlos.

»Das ist eine unhaltbare Unterstellung. Sollten wir davon Kenntnis erlangen, dass Sie dies in Gegenwart Dritter wiederholen, wird mein Mandant Herr Born gezwungen sein, gegen Sie Klage wegen übler Nachrede einzureichen. Der Vollständigkeit halber darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie Herrn Born den daraus resultierenden Schaden, zum Beispiel beim Vertrieb der Restwohnungen, ersetzen müssen«, dozierte Steffenhagen kalt weiter.

Detzner schüttelte den Kopf. Seine Wangen glühten nun rot. »Sie wissen genau, dass das mein Ruin ist. Wenn nicht innerhalb von 14 Tagen Geld fließt, wird man mir den Laden dichtmachen, und ich muss meine zwölf Arbeiter entlassen.«

Während Steffenhagen still blieb, zog Born gelangweilt eine Augenbraue hoch. »Das nennt man unternehmerisches Risiko«, brummelte er. »Verträge sind dazu da, dass man sie einhält. Sie sollten vorher lesen, was Sie unterschreiben, oder sich wie ich einen guten Rechtsanwalt leisten.«

Jetzt war es Detzner, der stumm blieb. Man konnte ihm ansehen, dass er mit der Situation überfordert war. Die Unterlippe vibrierte leicht. Seine Welt war die Arbeit mit Holz. Er war ein Handwerker der alten Schule, bei dem Qualität vor Profit ging, der jedes Werkstück so gewissenhaft fertigte, als würde er es für sich selbst produzieren. Von Rechtsverdrehern wie diesem Steffenhagen zusammengeschusterte Verträge, bei denen einen jeder Satz ins Verderben reißen konnte, waren nicht seine Welt.

Gelangweilt griff derweil Born in die Schreibtischschublade und zog ein Scheckheft heraus. Er ließ sich Zeit beim Ausfüllen und tat es so, dass Detzner alles genau verfolgen konnte - auch, dass er 200.000 Euro ins Betragsfeld schrieb.

In Detzners Augen glomm so etwas wie Hoffnung auf. »Sie wollen tatsächlich eine Teilzahlung leisten?«, stammelte er unsicher.

Born grinste wölfisch, während sein Rechtsbeistand in eine auf dem Schreibtisch liegende Mappe griff, ein Schriftstück herausholte und vor dem Schreinermeister auf den Tisch legte.

»Das ist unser Vergleichsangebot. Herr Born hat Verständnis für Ihre prekäre finanzielle Lage. Er bietet Ihnen, natürlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, an, anstatt der Zahlung von 612.000 Euro nach Fertigstellung von Abschnitt drei schon jetzt eine Abschlusszahlung von 200.000 Euro zu leisten. Sie wären dann von den weiteren Bauleistungspflichten aus dem Werkvertrag entbunden und könnten sich schon morgen anderen Projekten zuwenden. Ich bin der Auffassung, dass Herr Born äußerst großzügig und verständnisvoll mit Ihnen umgeht.«

Detzner brauste auf und schnellte hoch. »Das ist Betrug! Sie wollen mich mit nicht mal der Hälfte von dem, was mir zusteht, abspeisen. Sie sind ein übler Gangster. Man sollte Ihnen das Handwerk legen!«, schrie er, am ganzen Körper bebend.

»Beruhigen Sie sich! Niemand will Sie übervorteilen! Es ist Ihnen freigestellt, diesen Vergleich zu schließen oder es sein zu lassen! Sie können bis nach dem letzten Bauabschnitt warten oder auch gegen meinen Mandanten Klage einreichen. Ich bin überzeugt, die Gerichte werden unsere Rechtsauffassung teilen und bestimmt schon bald - nach meiner Erfahrung innerhalb der nächsten drei Jahre - zu einer abschließenden Entscheidung kommen«, führte Steffenhagen mit zynischer Gelassenheit aus und konnte sich dabei ein arrogantes Grinsen nicht verkneifen.

»Sie wissen genau, dass ich weder die Mittel noch die Zeit habe, um gegen Sie zu klagen. Sie sind eine miese Ratte, man sollte Sie am besten vergiften und in den Rhein werfen!«

»Tse, tse, tse. Wir wollen doch nicht unsere gute Kinderstube vergessen«, sagte Born gespielt sanft und schwang lässig ein Bein über die niedrige Seitenlehne des Designerstuhls.

Eine Weile starrten sie einander wortlos an. Der Schreinermeister mit glühendem Zorn in den Augen und Born und sein Rechtsbeistand mit einem süffisanten Lächeln.

»Ich fürchte, unser fleißiger Handwerksmann zieht es vor, seine unternehmerische Tätigkeit einzustellen«, bemerkte schließlich Born und gab Steffenhagen das Zeichen, den Vergleichsvertrag einzusammeln.

Detzner klatschte seine schrundige Hand auf die Papiere und setzte sich. Er überflog das Schriftstück, griff nach einem billigen Kugelschreiber mit Werbeaufdruck in der Brusttasche seiner grauen Latzhose und setzte mit einem Gesichtsausdruck, als würde er sein eigenes Todesurteil unterschreiben, die Unterschrift unter den Vertrag. Dann beugte er sich vor, riss den Scheck aus Borns Fingern, steckte ihn ein, erhob sich und wandte sich zum Gehen.

»Es freut mich immer, wenn wir adäquate Lösungen mit unseren Partnern im Handwerk finden«, feixte ihm Born hinterher.

Bevor Detzner über die Türschwelle trat, drehte er sich um. »Denken Sie dran, man sieht...

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