Relevanz und theoretisch-begriffliche Grundlagen der Entscheidungszufriedenheit.- Theoretische Ansätze zur Erklärung der Entscheidungszufriedenheit.- Erklärung der Entscheidungszufriedenheit.- Empirische Untersuchung.- Implikationen für Praxis und Forschung.- Schlußbetrachtung.
A. Relevanz und theoretisch-begriffliche Grundlagen der Entscheidungszufriedenheit (S. 1)
Nachfrageorientierte Unternehmungen versuchen ihren Kunden Leistungen anzubieten, die als zufriedenstellender empfunden werden als die der Konkurrenz. Entsprechend werden heute Wertschöpfungsstrukturen an der Kundenzufriedenheit ausgerichtet sowie strategische Zielsetzungen, Marketing-Pläne oder Mitarbeiter-Incentives auf Basis des Konstrukts formuliert (Fournier und Mick 1999: 5). Zahlreiche Forschungsarbeiten und empirische Untersuchungen widmen sich der Frage, wodurch Kundenzufriedenheit und -unzufriedenheit ausgelöst wird und wie diese unternehmerische Zielgröße gesteuert werden kann (vgl. zusammenfassend Yi 1991, Oliver 1997). Dabei konzentrieren sich die Bemühungen auf die Zufriedenheit des Kunden mit einer bezogenen Leistung.
In der verhaltenswissenschaftlichen Forschung gibt es jedoch Belege dafür, daß Individuen nicht nur das Ergebnis, sondern auch das Erlebnis eines Entscheidungsprozesses als zufrieden- oder unzufriedenstellend empfinden (u. a. Fitzsimons, Greenleaf und Lehmann 1997, Zhang und Fitzsimons 1999, Higgins et al. 2003). Danach ist der Kaufentscheidungs- und Konsumprozeß als ganzes zu betrachten und das gedankliche Abwägen zwischen Alternativen bei der Konzeptualisierung der Kundenzufriedenheit mit einzubeziehen. Vorliegende Arbeit will Licht in diese noch wenig betrachtete Zufriedenheitsdimension bringen. Einleitend führen die folgenden Abschnitte in die Betrachtung von Entscheidungs- und Konsumzufriedenheit ein und legen das inhaltliche und forschungsmethodische Vorgehen sowie die begrifflichen Grundlagen der Untersuchung dar.
1. Zur Notwendigkeit einer Analyse der Entscheidungszufriedenheit
Für Entscheider allgemein bedeutet jede Wahl einer Option die Abwahl mindestens einer anderen, denn Altemativen schließen sich gegenseitig aus. Für Konsumenten speziell erfordert der Kauf eines Produkts zuvor die Abkehr nicht nur von einer, sondern von einer ganzen Reihe konkurrierender Optionen. Kaufentscheidungen sind damit Grenzerfahrungen, die dem Nachfrager das Ausmaß, aber auch die Beschränkungen seiner Möglichkeiten im Hinblick auf seine Konsumziele verdeutlichen. Anders gesagt: Entscheiden bedeutet für den Kaufer oftmals eine mentale Belastung.
Derartige Belastungen gewinnen in jüngster Zeit zunehmend an Bedeutung, denn die Zahl und die Komplexität möglicher Kaufentscheidungen nehmen stetig zu. Nicht zuletzt befähigen neuere Managementtechniken und technischer Fortschritt Unternehmen dazu, eine derart große Angebotskomplexität anzubieten, daß Sozialpsychologen wie Barry Schwartz (2000: 81) von einer "tyranny of choice" sprechen und in der Management-Literatur vor überforderten Kunden gewarnt (Trout und Rivkin 2000: 9) sowie auf "the value of choice management" (Nelson 2002: 192) aufmerksam gemacht wird. Beispielhaft seien Entwicklungen in den USA genannt, wo pro Jahr 25.261 Neuprodukte eingeführt werden (Fellmann 1998: 1), in einem typischen Supermarkt mehr als 25.000 Angebote zur Verfügung stehen (Assael 1998: 250) und der Konsument mittlerweile auswählen muß zwischen 340 Frühstückszerealien, 250.000 Softwareprogrammen, 790 Zeitschriften oder 77.446 neuen Buchtiteln (Trout und Rivkin 2000). Entsprechend bezeichnen Autoren wie Engel et al. (1995: 159) die Erlebnisse des Nachfragers als "decision making marathon".
In der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie weiß man seit längerem, daß die menschlichen Fähigkeiten im allgemeinen nicht ausreichend sind, um bei Kaufentscheidungen vollständig rationale Verhaltensweisen identifizieren zu konnen (siehe im Überblick Payne, Bettman und Johnson 1993, Baron 1994, Kahneman und Tversky 2000). Im Gegensatz zur Entscheidungstheorie betrachtet man im Marketing zwar das Konstrukt Zufriedenheit, dies jedoch vorwiegend aus einer leistungs- oder ergebnisbezogenen Perspektive (Fitzsimons et al. 1997: 1).