Grundlagen zu Brand Communities; Konzeptualisierung und empirische Überprüfung eines netzwerkorientierten Brand Community Management-Ansatzes; Methodische Grundlagen zu Mixed-Method-Studies; Implikationen für die wissenschaftliche Forschung und die Unternehmenspraxis
A. Einleitung und Problemstellung (S. 1)
1. Brand Communities als neue Herausforderungen für Unternehmen
Apple, Harley Davidson und Porsche - Marken, die Leidenschaft, Faszination und Emotionen hervorrufen. Sie wecken bei Konsumenten das Bedürfnis, sich mit anderen Markenbegeisterten auszutauschen.
Die Verbundenheit zur Marke, gemeinsame Rituale und Traditionen sowie die soziale Verantwortung gegenüber anderen Markenbegeisterten stellen die konstituierenden Merkmale von Markengemeinschaften sog. Brand Communities dar. Brand Communities sind kein Phänomen, dem sich Unternehmen erst seit kurzem gegenübersehen.
Allerdings hat ihre Vielfalt, Bedeutung und Wahrnehmung in der Gesellschaft in den letzten Jahren insbesondere durch das Aufkommen der neuen Kommunikationsmedien stark zugenommen. Von Markenbegeisterten meist in Eigeninitiative ins Leben gerufen, stellen Brand Communities eine Plattform für ein gemeinsames Erleben einer Marke und sozialen Austausch unter Gleichgesinnten dar. Das Internet spielt dabei eine zentrale Rolle.
Hier können Markenfans ohne räumliche und zeitliche Gebundenheit mit anderen Markenbegeisterten in Kontakt treten. Unternehmen sehen sich folglich nicht nur einzelnen Kunden in Form einer dyadischen Unternehmen-Kunde-Beziehung gegenüber, sondern vielmehr einer Vielzahl von Kollektiven interagierender Kunden. Der Fokus des unternehmerischen Handelns liegt daher nicht ausschließlich auf Transaktionen und Beziehungen zu einzelnen Kunden, sondern auch auf dem Aufbau, dem Erhalt und der Intensivierung der Beziehung zu den jeweiligen Kundenkollektiven. Diese Sichtweise lässt sich in der Marketingwissenschaft dem Ansatz des Relationship Marketing zuordnen.
Während im klassischen Marketing im Sinne der 4Ps (Product, Price, Promotion, Place) einzelne Transaktionen im Mittelpunkt stehen, liegt beim beziehungsorientierten Marketingverständnis der Fokus auf der Gestaltung längerfristiger Beziehungen zwischen Nachfragern und Anbietern, mit dem Ziel, die Loyalität der Kunden zu steigern. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Nivellierung von Produkt- und Serviceleistungen suchen Unternehmen zudem nach immer neuen Kommunikationsmedien, mit denen sie ihre Kunden an sich binden und sich vom Wettbewerb differenzieren können.
Einen Ansatzpunkt bieten die Initiierung sowie die Betreuung von Brand Communities. Studien belegen, dass sich Brand Community- Mitglieder durch eine hohe Markenloyalität auszeichnen. In dem kundenbasierten Brand Equity Modell von KELLER (2008) werden Brand Communities der höchstmöglichen Stufe der Loyalität, der sog. "Resonance" zugeordnet.
Diese umfasst die vier Merkmale: Loyalität im Sinne von Wiederkauf, eine persönliche Bindung wie bspw. der "Liebe" zu einer Marke, einem "Sense of Community", d. h. das Gefühl der Zugehörigkeit und Identifikation mit anderen Markennutzern sowie ein aktives Engagement für die Marke, wie etwa die Bereitschaft, Zeit, Energie und Geld in die Marke zu investieren. MUNIZ und O´GUINN (2001) bezeichnen Brand Community- Mitglieder auch als "active loyalists", die sich durch Engagement, Gewissenhaftigkeit und Leidenschaft für die Marke auszeichnen. Der Forschungszweig der Brand Communities stellt noch ein recht junges Forschungsgebiet dar.
Die ersten Arbeiten hierzu wurden in den Jahren 2001 und 2002 von MUNIZ und O´GUINN bzw. MCALEXANDER, SCHOUTEN und KOENIG veröffentlicht. Aufbauend auf diesen beiden Grundlagenbeiträgen wurden weitere Studien durchgeführt, die sich verstärkt mit den Charakteristika von Brand Communities sowie den Kunde-Kunde-Interaktionen und deren Auswirkungen auf die Markenloyalität befassen. Nur wenige Arbeiten geben bisher erste Hinweise zum Aufbau und Umgang mit Brand Communities.
Sie weisen auf die hohe ökonomische Relevanz dieser sowohl im Sinne direkter Erfolgswirkungen, wie Wiederkauf und Cross-Selling- Potenziale als auch indirekter Erfolgswirkungen, wie Word-of-Mouth und die Verringerung von Produktinnovationsrisiken hin. Des Weiteren werden verschiedene Charakteristika von Marken diskutiert, die die Entstehung einer Brand Community begünstigen. Dazu gehören bspw. ein hohes Identifikationspotenzial, ein hohes Marken- Involvement sowie die Existenz einer interaktiven Komponente.