Münchner Kollegium

Kriminalroman
 
 
Gmeiner-Verlag
  • 1. Auflage
  • |
  • erschienen am 17. April 2019
  • |
  • 249 Seiten
 
E-Book | ePUB mit Wasserzeichen-DRM | Systemvoraussetzungen
978-3-8392-5912-2 (ISBN)
 
Drei Tage vor Beginn der Pfingstferien findet ein Spaziergänger die Leiche einer Lehrerin eines Münchener Vorstadtgymnasiums nahe einem idyllischen Badesee auf. Kurz darauf wird eine weitere Oberstudienrätin auf bestialische Weise beim Joggen ermordet. Nadine Lange und Simon Sonnleitner von der Kriminalpolizeiinspektion München-West werden bei ihren Ermittlungen in der elitären Vorzeigeschule mit Willkür, Mobbing und Intrigen konfrontiert, während der Täter seinen dritten Mord plant .
  • Deutsch
  • Meßkirch
  • 1,97 MB
978-3-8392-5912-2 (9783839259122)
weitere Ausgaben werden ermittelt
Dr. Hermann Ehmann, geb. 1964, schrieb mit 13 Jahren seinen ersten Jugendkrimi, woraufhin ihm seine Deutschlehrer am humanistischen Gymnasium München nie mehr eine gute Aufsatznote gaben. Nach dem Abitur moderierte er beim Rundfunk und schrieb für Zeitungen. Bereits während seines Psychologie-, Philologie- und Pädagogikstudiums veröffentlichte er seine ersten Bücher. Seit seiner Promotion 1989 unterrichtet er mit Leidenschaft an höheren Schulen und gehört zu der Spezies Lehrer, die auch mal "Fünfe grade sein lassen" können. 1998 heiratete er seine Frau Brigitte, der zuliebe er mit dem gemeinsamen Sohn an den Münchner Stadtrand zog, wo er viel mit dem Radl unterwegs ist und die Seen genießt.

Dienstag, 30.05.1017,
vier Tage vor Beginn der Pfingstferien


Fast Ferien. Endlich. Die letzten Wochen waren mal wieder reichlich stressig gewesen. Vor Pfingsten kam immer alles zusammen: Abiturprüfungen, Fachbesprechungen, endlose Notenkonferenzen. Dazu Leistungsnachweise in Unter- und Mittelstufe mit zahllosen Korrekturen und zu allem Überfluss Dutzende nerviger Krisengespräche mit besorgten Eltern, die in der zweiten Hälfte des Schuljahres so langsam zu begreifen schienen, dass sie jetzt mal aktiv werden mussten, wenn ihre Sprösslinge das Klassenziel vielleicht doch noch schaffen sollten.

Rike Gruber fühlte sich urlaubsreif. Nur noch drei Schultage, die kriege ich auch noch rum, dachte die 54-jährige Oberstudienrätin für Latein, Spanisch und Deutsch, schloss sorgfältig die Türe ihres gepflegten, in einer Münchener Vorstadtsiedlung gelegenen Reihenhauses ab und stieg auf ihr schneeweißes Mountainbike. Die nächsten beiden Wochen habe ich endlich mal wieder Zeit zu lesen. Diesmal nehme ich mir aber wirklich den Megaseller »Nächste Ausfahrt Zukunft« von Ranga Yogeshwar vor, plante sie. Vielleicht gehe ich auch mal wieder ins Theater oder ins Kino - »das Pubertier« soll ja recht amüsant sein, jedenfalls hatte es super Kritiken.

In ihrem eng anliegenden hellroten Radler-Leuchtfarben-Outfit sah sie deutlich jünger aus. Ein paar Pfündchen zu viel um die Hüften, aber durchaus noch im grünen Bereich, wie sie fand. Für ihr Alter war sie sehr attraktiv, insbesondere wenn sie sich mit ihren übergewichtigen oder aber zur Magersucht neigenden Kolleginnen verglich. Auf einen Helm verzichtete sie aus Eitelkeit, die Dinger sahen einfach zu albern aus. Außerdem liebte sie es, wenn der Fahrtwind durch ihr schulterlanges rotbraunes Haar strich, das in den letzten Jahren leider unübersehbare graue Strähnchen bekommen hatte. Dieser Alterserscheinung wirkte sie gelegentlich mit einer sanften weinroten Tönung entgegen, was ihr ein leicht anzügliches Flair gab und von manchen hinter vorgehaltener Hand mit verständnislosem Kopfschütteln zur Kenntnis genommen wurde.

Sie testete die Bremsen, die sie letzte Woche in der Werkstatt hatte nachstellen lassen, weil sie ständig gerieben hatten. Jetzt quietschte nichts mehr. Gut gelaunt fuhr sie los. Zuerst ein paar Kilometer durch das Gewerbegebiet von Freiham-Bahnhof ortsauswärts, dann weiter über Land auf dem schmalen Verbindungssträßchen parallel zur S-Bahn-Linie nach Aubing.

Sie ließ den Aubinger Lohenwald links liegen und bog über den beschrankten S4-Bahnübergang rechterhand in einen sonnendurchfluteten Feldweg ab, wie es sie vor den Toren Münchens zu Hunderten gibt. Das Wetter hatte es gut gemeint, die Sonne wärmte an diesem Mainachmittag schon ganz ordentlich. Ein herrlich duftendes Blumenmeer in Bunt, das an Rike Gruber vorbeiflog. Löwenzahn, Gänseblümchen, Butterblumen und verführerisch duftender Klatschmohn sprießten aus allen Ecken. Hier konnte sie abschalten, hier bekam sie den Kopf frei. Hier war sie sie selbst. Keine rotzfrechen Schülersprüche, keine zermürbenden Auseinandersetzungen mit Fachkollegen, keine verzweifelten Eltern, die jede ihrer Korrekturen dreimal hinterfragten. Sie drosselte das Tempo, fuhr an einer kleinen Marienkapelle vorbei und kam an den Gröbenbach, der sich inmitten eines Birkenhaines kilometerlang durch die Landschaft schlängelte. Ihr Zwischenziel war der Langwieder See in sechs Kilometern Entfernung - ein in den letzten Jahren immer beliebterer Treff für Naturfans und Verliebte vor den Toren der Großstadt. Um diese Jahreszeit war er zum Baden noch zu kalt, das wusste sie, aber die ehemalige Baggergrube schmiegte sich so herrlich in die wunderbare Vogelschutzlandschaft ein, dass sie dort eine längere Picknickpause machen wollte. Ein Klavierkonzert in der Philharmonie wäre auch mal wieder ganz nett, sinnierte sie, während sie kräftiger in die Pedale trat. Es war schon eine ganze Zeit her, dass sie sich diesen Luxus gegönnt hatte. Oder eine Open-air-Serenade im Schloss Nymphenburg mit anschließender Einkehr in der königlich-bayerischen Schloss-Schänke? Gastierte nicht gerade Lang Lang, jener charismatische chinesische Pianist, in München? Das wäre ein Ohren- und Augenschmaus .

Jede Weggabelung war ihr vertraut. Wie oft war sie hier schon vorbeigekommen! Jetzt nach dem langen, kalten Winter protzte die saftige Natur in ihrer ganzen Schönheit. Der Schotterweg führte durch ein kleines Nadelwäldchen, ehe sich der letzte Kilometer in sanften Serpentinen zum See hinunterschlängelte. Sie konnte bereits das Blau des Wassers durch die dicht gewachsenen Bäume hindurchschimmern sehen. Seitdem sie vor einer Viertelstunde die Landstraße verlassen hatte, war ihr keine Menschenseele mehr begegnet. Genau das, was sie suchte: Ruhe und Einsamkeit.

Hm, eigentlich könnte ich von Langwied noch weiter in Richtung Pilsensee oder Ammersee fahren, plante sie. Die reizenden Seebiergärten an den Uferpromenaden in Hechendorf oder Herrsching haben sicherlich schon geöffnet. Vielleicht ergibt sich ja was mit einem netten Single-Herrn, wer weiß .

Jetzt noch eine letzte Biegung. Da erblickte sie das menschliche Hindernis - in ganzer Breite versperrte es völlig unerwartet den Weg. Mit aller Kraft quetschte Rike Gruber die beiden Bremsgriffe, dass ihre Handknöchel schmerzten. Sofort brach das Hinterrad aus, die feinen Steinchen unter den Rädern knirschten bedrohlich, eine gute Sekunde später brachte sie ihr Gefährt zum Stehen. Puh, noch mal gut gegangen.

»Hey! Was soll das?« - Rike Gruber war total erschrocken. Und verärgert. Wie leicht hätte das einen sehr unangenehmen Zusammenprall geben können! »Sie können doch hier nicht einfach mitten .!« - Sie stockte im Satz. In diesem Augenblick erkannte sie ihr Gegenüber. Erleichtert atmete sie auf.

»Ach, du bist es! Mensch, das hätte aber ganz schön ins Auge gehen können!« Sie zögerte. Sie wusste nicht warum, aber plötzlich kam ihr die Situation komisch vor. »Was . was willst du denn hier?«

Anstatt einer Antwort holte die Person mit dem linken Arm weit aus und hämmerte mit einem langen spitzen Gegenstand frontal auf die völlig perplexe Radfahrerin ein. Rike Gruber war so perplex, dass sie noch nicht mal eine Ausweichbewegung machen konnte.

»Eeey, hör auf! Was zum Teufel soll das denn?«, kreischte sie in Todesangst, während sie an sich hinabschaute und instinktiv zu Fuß zu fliehen versuchte. Unterhalb ihres linken Brustkorbs vernahm sie einen stechenden Schmerz, wollte noch etwas sagen, war jedoch außerstande. Sie brachte nur Röcheln, begleitet von einer schrägen Grimasse, hervor und merkte, wie sie in sich zusammensank wie ein Betrunkener. Anstatt von ihr abzulassen, stach die Person schwungvoll ein zweites und drittes Mal zu, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt erst begriff Rike Gruber so richtig mit allen Sinnen, was hier gerade vor sich ging. Sie versuchte sich instinktiv aufzubäumen, zu wehren, wegzulaufen, doch ihr fehlte zu allem die Kraft.

»Hilfe, Hi.!«, versuchte sie zu schreien, doch es kam nur ein gedämpftes Gurgeln.

Wie im Rausch stach die Person weiter zu: ein drittes Mal, ein viertes Mal . Da wurde es der Lehrerin milchig-weiß vor Augen, die Umgebung verschwamm zusehends, ihre Hände, die ihr Gegenüber beherzt packen wollten, griffen ins Leere, wurden schlaff. Das Letzte, was sie noch wahrnahm, war, dass sie in die Knie sank und alles an ihr ganz leicht wurde.

O Gott, so also fühlt es sich an, wenn ., war alles, was sie noch denken konnte. Dann wurde alles in ihr seltsam leer und schlaff. Die Person hieb noch fünf weitere Male zu. Anschließend wischte sie das blutverschmierte Messer fein säuberlich an einem mitgebrachten Papiertaschentuch ab, steckte es zusammen mit dem Taschentuch in die Seitentasche ihres Fleeceshirts und setzte zu Fuß ihren Weg fort, als sei nichts geschehen.

*

Kriminaloberkommissarin Nadine Lange stand nach ihrem zweieinhalbstündigen Lauf- und Fitnesstraining am Olchinger See gerade unter ihrem neuen Multifunktions-Regenduschkopf und genoss den warmen Wasserstrahl auf ihrer nackten Haut, als im Flur das Telefon klingelte.

Optimaler Zeitpunkt! Wer das wohl ist?, überlegte sie. Flink sprang sie aus ihrer selfmade-Duschkabine, die sie erst vor wenigen Tagen selbst angebracht hatte und die leider nicht ganz dicht war, warf sich ein Handtuch über und lief hinüber zum Telefon in den Flur. Dort hörte sie ihren Kollegen Simon Sonnleitner auf den Anrufbeantworter sprechen.

Die 32-Jährige hatte sich vor zwei Jahren aus dem sächsischen Zwickau nach München versetzen lassen, nachdem sie sich von ihrem langjährigen Freund getrennt hatte und dringend auch räumlich Abstand brauchte. Doch bei der stark männerdominierten Münchner Kripo, wo ein patriarchalischer Wind wehte, hatte sie als »Ossi-Tusse« von Anfang an einen schwierigen Stand gehabt. Immer wieder hatten die Kollegen sie spüren lassen, dass die »Zuagroaste« am Weißwurstäquator fehl am Platz war. Seit drei Monaten nun war die Polizeidienststelle München-West am Rande der Landeshauptstadt ihre neue Heimat geworden. Hier war sie hervorragend aufgenommen worden, wo sie sich als einzige Kandidatin auf eine vakante Stelle bei der Mordkommission beworben hatte. in den Stadtteilen Pasing, Allach und Menzing mit den historischen Wurzeln tickten die Uhren noch gemütlicher. Alle waren froh, mit ihr eine hungrige junge - und noch dazu hübsche - Kollegin gewonnen zu haben. Denn die meisten strebten doch eher in Richtung Metropole. Hiervon war sie erst einmal gründlich kuriert. Sie nahm den Hörer...

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