Kapitel 2
Die Geschichte des Wassers
Die Allgegenwart
Und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.
Und es war schon da.
Wie selbstverständlich.
Wurde geformt und formte selbst.
Unvergänglich.
Allgegenwärtig.
Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens,
klar wie Kristall.
Und er geht vom Thron Gottes und aus.
Ungelesen und unerhört.
Wer durstig ist, der komme.
Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens.
Übersehen und unerkannt.
Blind wie wir sind das Offensichtliche nicht zu erkennen.
Wasser durch die Jahrhunderte
Wasser spielt seit jeher eine zentrale Rolle in der Entwicklung menschlicher Zivilisationen. Die ersten Hochkulturen entstanden entlang der bedeutenden Flüsse Nil, Euphrat und Tigris. Diese Flüsse boten nicht nur eine zuverlässige Trinkwasserquelle, sondern ermöglichten auch eine günstige Bewässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen und dienten als wichtige und frühe Verkehrs- und Transportwege.
Im alten Ägypten war der Nil die Lebensader. Er ermöglichte nicht nur die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, sondern auch die regelmäßige Bewässerung der Felder durch die jährlichen Überschwemmungen, die fruchtbaren Schlamm bis tief ins Landesinnere hinterließen. Diese natürliche Bewässerung war die Grundlage für die Erträge, die den Bau der Pyramiden und die Entwicklung einer der beeindruckendsten Hochkulturen der Antike ermöglichten.
Auch im Zweistromland, dem heutigen Irak, waren Euphrat und Tigris entscheidend für die Entstehung und Blüte von Zivilisationen wie Sumer, Babylon und Assyrien. Diese Flüsse lieferten nicht nur das notwendige Wasser für den täglichen Gebrauch und die Landwirtschaft, sondern stellten für die jungen Zivilisationen wie auch in anderen Teilen der Welt wichtige Handelswege dar, die den Austausch von Waren, Kultur und Ideen förderten. Es ist eine Schande, wenn man heute in den Irak schaut und sieht, wie dieses Land durch massiven Wassermangel immer mehr auf eine Katastrophe zusteuert, die es zu verhindern gilt.
Im alten China spielte der Gelbe Fluss eine ähnlich zentrale Rolle. Er war die Lebensader der frühen chinesischen Kulturen, bot fruchtbares Land für den Getreideanbau und unterstützte die Entwicklung komplexer Bewässerungssysteme, die für die landwirtschaftliche Produktion jener Zeit entscheidend waren.
Auch in der römischen Antike war die Wasserversorgung von großer Bedeutung. Die Römer entwickelten ausgeklügelte Aquäduktsysteme, um Wasser über weite Strecken in die Städte zu leiten, wo es auf andere Weise nicht verfügbar war. Diese Ingenieursleistung sicherte nicht nur die Versorgung der Stadtbevölkerung, sondern ermöglichte auch den Betrieb öffentlicher Bäder, Brunnen und sanitärer Anlagen, die wesentlich zur öffentlichen Gesundheit und zum Wohlstand beitrugen.
Auch in vielen anderen Kulturen spielte Wasser eine zentrale Rolle, seien es die Bewässerungssysteme der Inkas im Andenhochland oder die ausgeklügelten Kanalsysteme der Khmer in Angkor. In all diesen Fällen war Wasser nicht nur eine lebenswichtige Ressource, sondern auch ein entscheidender Faktor für die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung.
Die frühe Wasserversorgung in den Reichen der Maya und Inka war von zentraler Bedeutung für ihre Zivilisationen und stark von ihren jeweiligen geografischen Bedingungen geprägt. Beide Kulturen entwickelten hochentwickelte Techniken zur Bereitstellung von Wasser für Bewässerung, Haushalt und zeremonielle Zwecke.
Die Maya-Zivilisation, die sich hauptsächlich in den heutigen Gebieten von Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador erstreckte, lebte in einer Region mit sowohl Regenwald als auch Karstlandschaften{19}, geprägt war, was die Wasserversorgung erschwerte. Die Maya bauten unterirdische Zisternen, um Regenwasser zu sammeln und zu speichern. Diese Chultuns waren besonders wichtig in Gebieten ohne natürliche Wasserquellen. In städtischen Zentren wie Tikal und Calakmul bauten die Maya große künstliche Stauseen, um Regenwasser zu speichern. Diese Reservoirs waren oft mit Steinen ausgekleidet und hatten Kanäle, um das Wasser zu leiten und zu filtern. In Bergregionen bauten die Maya Terrassen, die nicht nur der Erosion vorbeugten, sondern auch das Regenwasser effizient speicherten und für die Landwirtschaft nutzbar machten. In einigen Städten gab es zudem ein ausgeklügeltes System von Kanälen und Dämmen, um das Wasser zu regulieren und zu verteilen.
Die Inkakultur, die sich entlang der Andenkette ausbreitete, nutzte die topographischen und klimatischen Bedingungen ihrer Region effektiv aus. Die Inkas entwickelten ausgedehnte Terrassensysteme, die so genannten Andenes, die das Wasser aus natürlichen Quellen und Regenfällen effizient verteilten. Diese Terrassen speicherten das Wasser und ermöglichten den Anbau an steilen Berghängen. Sie bauten lange Aquädukte, um Wasser von weit entfernten Quellen zu ihren Städten und landwirtschaftlichen Nutzflächen zu leiten. Diese Aquädukte waren oft aus Stein und sehr präzise konstruiert. Sie nutzten auch natürliche Quellen und bauten Brunnen, um ihre Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. In Machu Picchu gibt es beispielsweise ein ausgeklügeltes System von Quellen und Kanälen, das die Stadt mit Wasser versorgte. Die Inkas bauten außerdem umfangreiche Kanäle und Drainagesysteme, um Überschwemmungen zu vermeiden und das Wasser während der Regenzeit effizient zu nutzen.
Beide Kulturen passten ihre Wasserversorgungstechniken an die jeweiligen geografischen und klimatischen Bedingungen an. Die Maya entwickelten Systeme für tropische Regenwälder und Karstlandschaften, während die Inka ihre Techniken an die Bedingungen in den Anden anpassten. Beide zeigten ein hohes Maß an Ingenieurskunst und technologischer Innovation in der Wasserversorgung, wobei sie jeweils unterschiedliche, aber gleichermaßen beeindruckende Lösungen für ihre spezifischen Herausforderungen entwickelten. Viele der damaligen Systeme sind heute noch in Betrieb, vor allem in den Anden und in Mexiko, und werden wieder instand gesetzt, und neue Wasserwege werden nach dem alten Vorbild gebaut.
Die Wasserversorgung war nicht nur für die Landwirtschaft und den täglichen Gebrauch von entscheidender Bedeutung, sondern spielte wie in allen anderen Teilen der Welt und zu allen Zeiten auch eine wichtige Rolle in den religiösen und zeremoniellen Praktiken der Kulturen.
Dank dieser ausgeklügelten Systeme konnten sowohl die Maya als auch die Inkas große städtische Zentren und eine hohe Bevölkerungsdichte trotz oft schwieriger Umweltbedingungen aufrechterhalten.
Wenn also am Anfang der Mensch zum Wasser kam, so kam im Laufe der Geschichte immer mehr das Wasser zum Menschen.
Auch heute, im 21. Jahrhundert, ist Wasser eine unverzichtbare Ressource. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und die effiziente Bewirtschaftung der Wasserressourcen sind entscheidend für die Gesundheit und das Wohlergehen der Weltbevölkerung. Angesichts des Klimawandels und wachsender Bevölkerungszahlen stehen wir vor der gewaltigen globalen Herausforderung, nachhaltige und bezahlbare Lösungen zu finden, um diese kost-bare Ressource für künftige Generationen zu sichern und verfügbar zu machen. Die Geschichte zeigt uns, dass die Fähigkeit, Wasserressourcen zu bewirtschaften und zu nutzen, schon immer eine der entscheidenden Grundlagen für den menschlichen Fortschritt war. Betrachtet man die heutigen Wasserprobleme, könnte man meinen, wir stünden mit dem Rücken zur Wand. Aber was sich hinter den Kulissen an Innovationskraft und tatsächlichem Handeln abspielt, ist ebenso gewaltig. Und wenn ich mir anschaue, mit welcher Geschwindigkeit sich die KI entwickelt, dann gehe ich davon aus, dass wir mit einer Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten rechnen können, die unseren heutigen Horizont mehr als nur erweitern werden.
Das Wasser der Erde
Die Erde ist reich an Wasser, aber nur ein erschreckend kleiner Teil davon steht uns letztendlich als Trinkwasser zur Verfügung. Die Erde verfügt über rund 1.386 Milliarden Kubikkilometer (km³) Wasser. Etwa 97,5 % des gesamten Wassers ist Salzwasser, das sich vor allem in den Ozeanen und Meeren befindet.
Nur etwa 2,5 % des gesamten Wassers ist Süßwasser. Ein recht großer Teil des Süßwassers ist jedoch in Gletschern, Eiskappen und im Dauerfrostboden, dem Permafrost, gebunden. Diese machen zusammen etwa 68,7 % des Süßwassers aus. Nun könnte man meinen, dass durch das Abschmelzen von Gletschern und Eis mehr Süßwasser zur Verfügung stünde, doch leider fließt ein Großteil dieses geschmolzenen Süßwassers einfach ungenutzt in die Weltmeere ab. Etwa 30,1 % des Süßwassers befindet sich als Grundwasser in unterirdischen Aquiferen und nur etwa 1,2 % des gesamten Süßwassers befindet sich als Oberflächenwasser in Seen, Flüssen, Sümpfen und den selten gewordenen Hochmooren sowie in der Atmosphäre.
Aus diesen Zahlen geht hervor, dass nur ein sehr kleiner Bruchteil des Süßwassers tatsächlich als Trinkwasser zur Verfügung steht. Der Anteil des direkt verfügbaren Oberflächenwassers am gesamten Süßwasser beträgt gerade einmal 0,3 %, was etwa 0,0075 % des gesamten Wasservorkommens auf der Erde entspricht. Zusammengefasst bedeutet dies, dass...