Die Haftung von Organmitgliedern und deren Beschränkung sind in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Fokus von Rechtsprechung, Gesetzgebung und Wissenschaft gerückt. Die Debatte erreichte ihren Höhepunkt, als sich der 70. Deutsche Juristentag 2014 mit einer Reform des Organhaftungsrechts befasste und die Einführung statutarischer Haftungsbeschränkungen empfahl. Die Diskussion konzentrierte sich jedoch bisher auf Geschäftsleiter und ließ die Besonderheiten von Aufsichtsratsmitgliedern weitgehend unberücksichtigt. Die vorliegende Arbeit schließt diese Forschungslücke.
Sie untersucht, ob und inwieweit Gesellschafter durch Satzungsbeschluss die Haftung ihrer Aufsichtsratsmitglieder als Reaktion auf deren Haftungsrisiken beschränken können sollten. Diese Frage wird rechtsdogmatisch, rechtsvergleichend (USA und UK) und rechtsökonomisch untersucht, wobei der Schwerpunkt auf der rechtsökonomischen Analyse liegt. Reicht eine begrenzte Haftung zur Steuerung der Aufsichtsratsmitglieder? Was spricht aus Sicht der Gesellschafter für eine Haftungsbeschränkung? Kann die Entscheidung über eine Haftungsbeschränkung den Gesellschaftern und damit "dem Markt" überlassen werden, oder besteht
ein Marktversagen, das eine zwingende Haftung erforderlich macht?
Berücksichtigt werden dabei insbesondere die moderne mitunternehmerische Rolle des Aufsichtsrats, Unterschiede zwischen AG und GmbH sowie gewandelte Gesellschafterformen. Auch verhaltensökonomische Erkenntnisse und aktuelle gesellschaftsrechtliche Themen wie der Klimaschutz finden Eingang in die Analyse. Abschließend wird ein Reformvorschlag unterbreitet, der die zwingende Aufsichtsratshaftung auf das angemessene Maß zurückführen soll.